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ChinaWirtschaftsbeziehungen zu Deutschland / Außenwirtschafts-, Industriepolitik
Wirtschaftsumfeld
Bericht Wirtschaftsumfeld China Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland
12.11.2019
Shanghai (GTAI) - Deutschland und Frankreich treten am Vorabend der China International Import Expo (CIIE) gemeinsam auf und setzen damit ein Zeichen. Knapp 200 deutsche Firmen stellen auf der Messe aus.
Zum zweiten Mal hat Chinas Präsident Xi Jinping die CIIE in Shanghai eröffnet. Dabei handelt es sich um eine Messe der besonderen Art. Als Plattform für Importgeschäfte vom Präsidenten ins Leben gerufen, ist sie gleichzeitig - wie keine andere Messe in China - auch eine Bühne für politische Stellungnahmen. Gerade in Krisenzeiten des internationalen Handels soll sie Chinas Bedeutung als Absatzmarkt mit großer Kaufkraft und als internationalen Handelspartner mit offenen Märkten zeigen. Dabei macht gerade das große politische Engagement auf der CIIE deutlich, dass dies keine Selbstverständlichkeit und alles andere als "Business as usual" ist.
Passend erscheint daher, dass Deutschland und Frankreich die CIIE ihrerseits für ein politisches Statement genutzt haben. Erstmals tauschten sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die deutsche Bildungsministerin Anja Karliczek sowie EU-Landwirtschaftskommissar Phil Hogan am Vorabend der Eröffnung mit geladenen französischen und deutschen Unternehmen aus. Deutlich sprach sich Macron dabei dafür aus, eine gemeinsame Agenda zu entwickeln und damit Europa mehr Sichtbarkeit im Umgang mit China zu geben. Dies unterstrich auch Bundesbildungsministerin Karliczek: "Weil wir in China gemeinsam stark sein wollen, deshalb sind wir hier."
Gemeinsam im Umgang mit Chinas häufig intransparentem Wettbewerb europäische Stärke zeigen, das wünschen sich einige Unternehmen vor Ort. So drängen die European Chamber of Commerce in China (EUCCC) wie auch die deutsche Auslandshandelskammer (AHK) auf den baldigen Abschluss eines Investitionsabkommens zwischen der Europäischen Union (EU) und China - zu fairen Konditionen. "Wir brauchen ein belastbares, gutes Abkommen - und wir brauchen es schnell", erklärt EUCCC-Präsident Jörg Wuttke.
Ein erster Schritt dahin könnte noch 2019 der Abschluss eines Abkommens zwischen der EU und China über den Schutz geografischer Herkunftsangaben sein. Hohe Erwartungen gehen mit der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Deutschland im zweiten Halbjahr 2020 einher. Die Hoffnung wächst, beim nächsten EU-China-Gipfel in Leipzig 2020 etwas Substantielles unterzeichnen zu können.
Im Vorfeld der zweiten CIIE hat die EUCCC ihre Vorstellungen formuliert. Man erwarte, erklärte EUCCC-Vize-Präsident Carlo D'Andrea auf einer Pressekonferenz in Shanghai, dass die diesjährige Messe durch konkrete Maßnahmen zur weiteren Marktöffnung sowie zur Steigerung ausländischer Investitionen ergänzt werde und es nicht nur bei leeren Versprechungen bleibe. Auch die AHK hat sich in einer Presseerklärung im Vorfeld der CIIE erneut für ein verbessertes und transparenteres regulatorisches Umfeld für ausländische Firmen eingesetzt.
Rund 200 deutsche Firmen sind auf der diesjährigen CIIE mit eigenen Ständen vertreten. Damit ist die Zahl gegenüber 2018 um 35 gestiegen. Im Rahmen von vier durch die AHK organisierten deutschen Gemeinschaftspavillons stellen allein 40 deutsche Unternehmen vor allem in den Bereichen Industrie 4.0, Medizin- und Gesundheitsprodukte, Life Sciences, Nahrungsmittel und Getränke sowie landwirtschaftliche Produkte aus. Eine Umfrage der EUCCC unter ihren Mitgliedern ergab, dass im Vorjahr 42 Prozent der befragten Firmen an der Messe teilnahmen. Von diesen kehren 79 Prozent dieses Jahr zurück, weitere 23 Prozent der Umfrageteilnehmer nehmen erstmals teil.
Auch die gestiegene Zahl deutscher Teilnehmer zeige das Potenzial der CIIE, vor allem um im öffentlichen Bereich Geschäftskontakte neu zu schaffen oder alte zu pflegen, schreibt die AHK in ihrer Pressemitteilung. Doch die Beteiligung ist nicht ohne Hindernisse. So können nach wie vor nur lange zuvor registrierte Besucher auf die Messe. Ebenfalls erschweren mit dem Besuch von Chinas Präsidenten Xi Jinping sowie zahlreicher hochrangiger Staatsgäste verbundene Sicherheitsvorkehrungen Zugangsmöglichkeiten, Planbarkeit, Transport und Anfahrt zur Messe. Dies gilt vor allem während der ersten Veranstaltungstage.
Die Mitgliederumfrage der EUCCC ergab nach wie vor hohe Zugangsbarrieren zur CIIE wie außergewöhnlich hohe Ausstellergebühren, logistische Herausforderungen und die intransparente Informationspolitik im Vorfeld. Auch habe nur rund die Hälfte der ausstellenden Mitgliedsfirmen 2018 Geschäftsabschlüsse erzielt, wobei viele im Nachgang nicht umgesetzt worden seien. Andere wiederum, so GTAI-Recherchen, hatten eher symbolischen Charakter und wären auch ohne die CIIE zustande gekommen.
In seiner Eröffnungsrede betonte Xi Jinping, dass China seine grundlegende nationale Politik der Öffnung weiter verfolgen will. Durch sie sollen Reformen, Entwicklung sowie Innovation gefördert und der Öffnungsgrad kontinuierlich erhöht werden. Gleichzeitig soll der Import hochwertiger Produkte und Dienstleistungen erweitert werden. Das Auftreten von Deutschland und Frankreich gemeinsam mit dem EU-Landwirtschaftskommissar im Vorfeld der Messe ist ein erstes Zeichen, dass Europa gewillt ist, China beim Wort zu nehmen. Die CIIE ist und bleibt nicht nur eine Plattform für Handel, sondern auch für Politik - und erstmals auch für gemeinsame europäische Ansätze.
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