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Wirtschaftsumfeld | China | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Die Arbeitsproduktivität in China steigt, bleibt aber weiter unter den Lohn- und Gehaltssteigerungen. Gerade arbeitsintensive Branchen setzen deshalb stärker auf Automatisierung.
22.04.2020
Von Stefanie Schmitt | Beijing
Auch bei deutschen Firmen im Reich der Mitte geht die Automatisierung weiter. Nicht zuletzt deshalb war der Anteil der Personalkosten an den Gesamtkosten bei den von der Deutschen Handelskammer in China befragten Unternehmen in den letzten Jahren langsam im Sinken begriffen. Zuletzt kehrte sich dieser Trend 2019 allerdings wieder um. Offensichtlich waren die Firmen angesichts des sich abschwächenden Wirtschaftswachstums vor Ort und den weltweiten Unsicherheiten mit Investitionen etwas vorsichtiger.
Allerdings hat sich wenig daran geändert, dass der Posten Personalkosten tendenziell an Gewicht verliert, je mehr Mitarbeiter eine Firma aufweist. So lag der Anteil der Personal- an den Gesamtkosten bei Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten bei 38,8 Prozent und bei Firmen mit mehr als 250 Angestellten bei 23,1 Prozent.
Jahr | Anteil |
---|---|
2016 | 31,9 |
2017 | 31,4 |
2018 | 29,2 |
2019 | 29,9 |
Generell steigt die Arbeitsproduktivität pro Kopf der Beschäftigten in China seit Jahren. Das ist die gute Nachricht. Laut dem National Bureau of Statistics (NBS) legte sie 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 6,2 Prozent zu. Die schlechte Nachricht ist indessen, dass dies den niedrigsten Zuwachs der letzten Jahre darstellt. Des Weiteren bewegen sich die Lohn- und Gehaltszuwächse nach wie vor deutlich über den Steigerungen der Arbeitsproduktivität.
2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | |
---|---|---|---|---|---|
Steigerung der Arbeitsproduktivität | 6,6 | 6,4 | 6,7 | 6,6 | 6,2 |
Steigerung der Nominallöhne | 8,9 | 10,0 | 10,1 | 9,8 | k.A. *) |
Als wichtigste Faktoren zur Steigerung der Produktivität sahen die von der Deutschen Handelskammer in China befragten Firmen die Verbesserung interner Prozesse und mehr interne Schulungen. Eine Erhöhung der Automatisierung folgte erst an fünfter Stelle. Dabei stuften Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten diesen Punkt (84,1 Prozent hielten diesen Faktor für wichtig bei Produktivitätssteigerungen) als deutlich bedeutsamer ein als kleinere Firmen mit weniger als 50 Angestellten (53,9 Prozent).
Dessen ungeachtet versuchen Unternehmen, arbeitsintensive Tätigkeiten möglichst zu automatisieren. Zugleich dienen als Bedienung und Barista eingesetzte Roboter, wie im Café Ratio in Shanghai, hauptsächlich der Faszination des Publikums und nicht der Arbeitskostenersparnis. Der Druck ist naturgemäß umso höher, je stärker die Branchen im internationalen Umfeld im Wettbewerb stehen.
Nicht zuletzt deshalb ist die Volksrepublik seit 2013 der weltweit wichtigste Markt für Industrieroboter, so die Informationen der International Federation of Robotics (IFR). Im letzten verfügbaren Jahr 2018 wurden rund 154.000 Industrieroboter (-1,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) in einem Wert von 5,4 Milliarden US-Dollar (-1,7 Prozent) nach China verkauft. Das entsprach einem Weltmarktanteil (in Stück) von 36 Prozent. Japan kam als Zweitplatzierter auf 55.240 Industrieroboter (+21 Prozent). Deutschland lag nach Südkorea und den USA mit 26.723 Einheiten an fünfter Stelle (+26 Prozent).
Stückzahl | Veränderung | |
---|---|---|
Weltweit, darunter | 422.000 | 6 |
China | 154.000 | -1 |
Japan | 55.240 | 21 |
USA | 40.400 | 22 |
Südkorea | 37.800 | -5 |
Deutschland | 26.723 | 26 |
Sonstige | 107.837 | k.A. |
Das leichte Verkaufsminus im Reich der Mitte resultierte nach Ansicht des Verbandes zum einen aus der Schwäche der Automobilindustrie und zum anderen aus der chinesischen Politik, lokale Anbieter zu stärken. Tatsächlich setzten ausländische Hersteller 2018 mit 113.000 Einheiten 7,2 Prozent weniger als im Vorjahr ab, während die chinesische Konkurrenz im gleichen Zeitraum um 16,2 Prozent zulegte. Infolgedessen steigerten chinesische Anbieter ihren Anteil an installierten Industrierobotern 2018 gegenüber dem Vorjahr um 5 Prozentpunkte auf 27 Prozent – ein Trend, der in den nächsten Jahren sicherlich anhalten wird.
Während der Verband für 2019 weltweit ähnliche oder angesichts der globalen Verunsicherung mit Blick auf den US-chinesischen Handelskonflikt sogar leicht zurückgehende Verkaufszahlen für Industrieroboter prognostizierte (akkumulierte Zahlen für 2019 sind noch nicht verfügbar), ließen sich die Auswirkungen der Corona-Pandemie für das Jahr 2020 derzeit noch nicht ausreichend quantifizieren, so die Einschätzung von Generalsekretärin Susanne Bieller. Allerdings sei mit großen regionalen Unterschieden zu rechnen.
Mit Blick auf die Volksrepublik rechnet IFR für 2019 mit einer Zunahme des Verkaufs an Industrierobotern von 4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wobei lokale Anbieter ihren Marktanteil erwartungsgemäß weiter ausbauen dürften. Dies entspricht dem politischen Ziel Beijings, China zum weltweit führenden Produktionsstandort für Spitzentechnologie zu machen. Hierzu zählt ausdrücklich die Robotik.
Im Zuge der „Made in China 2025“-Strategie soll die Roboterdichte im produzierenden Gewerbe auf 150 Stück pro 10.000 Beschäftigte steigen. 2018 lag sie bei 140 Robotern und damit bereits erheblich über dem globalen Durchschnitt von 99 Einheiten. Damit erhöhten chinesische Firmen die Roboterdichte innerhalb eines Jahres von 108 auf 140. Derart hohe Wachstumsraten weist kaum ein anderes Land auf.
Dennoch besteht noch Luft nach oben. Denn trotz des enormen Wachstums steht das Reich der Mitte bei der Roboterdichte weltweit erst an zwanzigster Stelle. Spitzenreiter Singapur und Korea kamen auf 831 beziehungsweise 774 Roboter pro 10.000 Beschäftigte in der Fertigung. Zum Vergleich: Deutschland lag mit 338 Einheiten auf Platz drei.
Abgesehen von den traditionellen Kunden wie der Automobilindustrie oder Logistik erhofft sich die Branche zusätzliche Impulse durch Bestellungen im Kampf gegen den Covid-19-Erreger. In einer Presseerklärung vom 31. März 2020 berichtete IFR beispielsweise von einer Bestellung von 2.000 Robotern eines dänischen Herstellers durch chinesische Krankenhäuser, die durch ultraviolette Strahlung schädliche Mikroorganismen – also auch das Sars-CoV-19-Virus – abtöten können. Generell besteht für Medizintechnikroboter eine Vielfalt von Anwendungsmöglichkeiten.