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Wirtschaftsumfeld | China | Coronavirus

Steuert China auf einen neuen Lockdown zu?

Die hochansteckende Delta-Variante des Coronavirus hat die Volksrepublik erreicht. Die Zahl der Infektionen steigt wieder. Die Regierung reagiert mit umfassenden Restriktionen.

Von Stefanie Schmitt | Beijing

China, dem Ursprungsland der Coronapandemie, war es bereits 2020 gelungen, die Ausbreitung des Virus unter Kontrolle zu bekommen. Hierzu setzte die Regierung auf eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Covid-19 im Inland sowie rigorose Abschottungsmaßnahmen gegenüber dem Ausland. Nach dem Motto "First in – First out" konnte sich die Wirtschaft nach dem ersten Coronaschock schnell wieder erholen – mit dem Ergebnis, dass China als einzige große Volkswirtschaft das Gesamtjahr 2020 mit einem positiven Wirtschaftsergebnis abschloss.

Niedrige Zahl an Infizierten bei gewaltiger Nervosität

Doch jetzt hat die hoch ansteckende Delta-Variante auch das Reich der Mitte erreicht. Ausgehend vom Nanjing-Flughafen verbreitete sich das Virus landesweit. Bislang wurden Infektionsfälle beispielsweise in Chengdu (Provinz Sichuan), Zhangjiajie (Hunan), Shenyang (Liaoning) und sogar in der Landeshauptstadt Beijing gemeldet. Ganze Stadtviertel werden seither wieder abgeriegelt.

In der Elf-Millionen-Stadt Wuhan, in der 2019 die ersten offiziellen Coronafälle weltweit registriert worden waren, lassen die Behörden nunmehr alle Einwohner testen. Dabei wird die lokale Zahl der aktuell Infizierten von chinesischer Seite für die gesamte Volksrepublik mit lediglich 71 Personen ausgewiesen (Stand: 4. August 2021). Hinzu kommen 25 "importierte" Fälle aus dem Ausland.

Die Unsicherheit ist groß, ob die bisher erfolgreichen Maßnahmen im Kampf gegen die Delta-Variante genügen.

Inzwischen wurden zwar gemäß Angaben der nationalen Gesundheitskommission knapp 1,69 Milliarden Dosen eines der vier zugelassenen und eigen entwickelten Impfstoffe verabreicht (Stand: 3. August 2021). Doch das Misstrauen gegenüber deren Wirksamkeit mit Blick auf die neuen Virusmutanten wächst – angesichts der Erfahrungen mit chinesischen Impfstoffen etwa in der Mongolei, in Südostasien oder in Chile. Selbst bei vollständig Geimpften werden daher hohe Infektionsraten und sogar Todesfälle beobachtet. Dessen ungeachtet tritt die Zulassung ausländischer Präparate wie etwa von Biontech/Pfizer, die bereits im April 2021 zur Diskussion stand, weiter auf der Stelle.

Politik setzt auf Abschottung statt auf neue Impfstrategie

Stattdessen setzt die Regierung erneut auf Abschottung: Dies betrifft Flugverbindungen ins Ausland genauso wie Inlandsreisen. Entsprechend sah sich Lufthansa gezwungen, ihre Flüge von Frankfurt nach Nanjing einstweilen auszusetzen. Auch die Verbindung via Shenyang nach Beijing ist betroffen. Die geforderten Quarantänevorschriften für Boden- und Bordpersonal waren für die Airline nicht mehr durchführbar.

Im Inland werden Reisen derweil zunehmend erschwert. Firmen sind dazu übergegangen, Dienstreisen nur noch bei hoher Dringlichkeit zuzulassen. Bürohausverwaltungen empfehlen ihren Mietern dringend, ihre Angestellten dazu anzuhalten, am Ort zu bleiben. Schulen und Krankenhäuser verlangen dies bereits von ihrem Personal. Selbst wer verreisen möchte, sieht sich immer weniger Möglichkeiten gegenüber. So wurden kürzlich verschiedene Flüge von Beijing an den internationalen Flughafen in Pudong/Shanghai gestrichen.

Wie das Magazin That's Beijing am 3. August 2021 berichtete, wurde ab dem 3. August der Verkauf von Tickets für Züge und Langstreckenbusse in die Landeshauptstadt Beijing aus 23 Städten eingestellt, darunter für Verbindungen aus Zhengzhou, Nanjing, Yangzhou, Shenyang und Dalian. Reisende nach Beijing aus Gebieten mit mittlerem oder hohem Risiko müssen einen maximal 48 Stunden alten negativen Coronatest vorweisen und sich den lokalen Eindämmungsmaßnahmen unterwerfen. Dazu gehören Testpflicht, Quarantäne sowie weitere lokal unterschiedliche Vorschriften.

Als Gebiete mit mittlerem Risiko gelten solche, die innerhalb der letzten 14 Tage bis zu 50 Einzelfälle verzeichneten. Als hohes Risiko werden Regionen mit mehr als 50 Fällen in den letzten zwei Wochen oder mit Cluster-Ausbrüchen eingestuft.

Neue Maßnahmen dämpfen Wirtschaftsdynamik zusätzlich

Die neuen Regelungen werden sich negativ auf die Wirtschaft des Landes und vermutlich auch auf die Weltwirtschaft auswirken. Schon die Teilschließung des Yantian-Hafens in Shenzhen bei der Sonderverwaltungsregion Hongkong im Mai/Juni 2021, des viertgrößten Containerhafens der Welt, war bis Deutschland spürbar. China selbst verzeichnete im Juli 2021 eine Wirtschaftsabschwächung – unter anderem hervorgerufen durch Lieferengpässe bei Computerchips und stark erhöhte Rohstoffpreise. Die neuen Reisebeschränkungen dürften den nachlassenden Optimismus zusätzlich dämpfen, wie die jüngsten Umfragen der Wirtschaftszeitung Caixin nahelegen.

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