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Bericht Wirtschaftsumfeld EU Außenwirtschafts-, Industriepolitik
GTAI (Brüssel) - Mit der Investitionsoffensive für Drittländer (EIP) will die EU den Privatsektor stärker in ihre Entwicklungsvorhaben einbinden. Bald sollen die Strukturen der Offensive so weit stehen, dass Investitionen von Firmen unterstützt werden können. Die Vorschläge der EU-Kommission für den Mehrjährigen Finanzrahmen ab 2021 sehen eine Fortsetzung und Ausweitung des EIP vor. Im Fokus stehen dabei afrikanische Länder sowie die östliche und südliche Nachbarschaft der EU. (Kontaktadressen)
06.07.2018
(abs)Die EU will den hohen Investitionsbedarf in Partnerländern in Afrika sowie der südlichen und östlichen Nachbarschaft durch Mischfinanzierung decken, indem EU-Zuschüsse mit Darlehen oder Eigenkapital von öffentlichen und privaten Geldgebern kombiniert werden. Dieses sogenannte Blending dient der Risikominimierung und soll Investitionsmöglichkeiten für Privatfirmen in sonst weniger attraktiven Märkten schaffen. Auch wenn dem Privatsektor genügend Investitionskapital zur Verfügung steht, investieren wenig Unternehmen in schwierigen Märkten, da ihnen die Bedingungen vor Ort nicht wirtschaftlich genug erscheinen, kein Zugang zu Finanzierung gegeben ist, das Geschäftsumfeld im Partnerland nicht bekannt und verlässlich ist oder die Risiken zu hoch sind. Genau hier setzt die EU mit ihrem neuen Finanzinstrument an: der Investitionsoffensive für Drittländer (EU External Investment Plan, EIP).
(abs)
Der EIP "wird greifbare Vorteile für die Bürger in unsere Nachbarschaft und darüber hinaus mit sich bringen, neue Arbeitsplätze schaffen und zu einer Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, der Wirtschaft, der Ordnungspolitik, der Konnektivität und damit auch zu einer stärkeren Gesellschaft beitragen", sagt der EU-Kommissar für Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik, Johannes Hahn. Die EU hat den EIP Ende 2017 vorgeschlagen und bereits gemeinsam mit den Regierungen von Partnerländern wie Georgien und Marokko erläutert und offiziell gestartet. Die EU-Mitgliedstaaten haben der EU-Kommission für das weitere Voranbringen des EIP grünes Licht erteilt. Laut Vertretern der Generaldirektion Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung (DG DEVCO) sollen erste Verträge mit Banken im vierten Quartal 2018 unterzeichnet werden. Dann können auch erste Projekte des Privatsektors unterstützt werden, realistischer Weise ab Anfang des Jahres 2019.
Der EIP basiert auf zwei regionalen Investitionsplattformen und deckt bisher Subsaharaafrika und die EU-Nachbarschaft ab. Die Investitionsoffensive hat eine Drei-Säulen-Struktur. Kernstück der Offensive ist der European Fund for Sustainable Development, EFSD. Dieser sieht eine finanzielle Förderung durch Blending (2,6 Milliarden Euro) sowie neue Garantien (1,5 Milliarden Euro) vor. Beide Förderbudgets zusammen sollen Investitionen von bis zu 44 Milliarden Euro mobilisieren. Hierbei vergibt die EU Garantien an Entwicklungsbanken, die Darlehen an Firmen zu Vorzugsbedingungen vergeben und so Risiken privater Geschäftsvorhaben absichern. Die beiden weiteren Säulen des EIP sind Technische Hilfe für Förderbanken und Initiativen zur Verbesserung des Investitionsklimas vor Ort, an der sich Firmen durch Dialog über die Plattform "Sustainable Business for Afrika" (SB4A) beteiligen können.
Die neue Garantie wird in Zusammenarbeit mit Entwicklungsbanken umgesetzt und kann eine Vielzahl von Risiken abdecken, wie Darlehen in Landeswährung und politische Risiken. Gedeckt werden allerdings nur die Risiken, deren Art und Kostenobergrenze vorab definiert wurden und die an einen bestimmten Wirtschaftssektor gebunden sind, zum Beispiel das Abnahmerisiko bei der Elektrizitätsgewinnung durch Solar- oder Windparks. Für die neue Garantie sind fünf Investitionsfenster vorgesehen. Querschnittsthemen wie Geschlechterförderung und Rechtstaatlichkeit sind in allen Fenstern zu finden, vorrangig aber im zweiten.
Nr. | Bezeichnung | |
1 | Nachhaltige Energie und Konnektivität | Die EU möchte mehr Anreize für Investitionen in den Bereichen erneuerbare Energie, Energieeffizienz und Verkehr schaffen. |
2 | Darlehensprogramm für Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen (KKMU) | KKMU sind Hauptarbeitgeber in Afrika und in der Nachbarschaft der EU und bieten eine wichtige und nachhaltige Alternative zur informellen Wirtschaft. KKMU sollen bessere Finanzierungsmöglichkeiten erhalten. |
3 | Nachhaltige Landwirtschaft, Unternehmer im ländlichen Raum und Agroindustrie | Die EU plant einen besseren Zugang zu Finanzmitteln für kleine landwirtschaftliche Betriebe, Genossenschaften und KMU, sodass Probleme im Bereich Ernährungssicherheit angegangen werden können. |
4 | Nachhaltige Städte | Nachhaltige Stadtentwicklung soll gefördert werden. Das umfasst die städtische Mobilität, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Abfallwirtschaft und Dienstleistungen im Bereich erneuerbare Energien. |
5 | Digitalisierung im Interesse der Entwicklung | Die EU möchte innovative digitale Lösungen fördern, besonders solche, die die lokale Bevölkerung unterstützen. |
Quelle: EU-Kommission
Für die Fenster werden jeweils Entwicklungsbanken in einem Konsortium mit einer Bank als "Lead" verantwortlich sein. Hierzu forderte die EU ausgewählte Finanzinstitutionen wie die Europäische Investitionsbank (EIB), die deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) und die KFW Entwicklungsbank auf, zu jedem Fenster Vorschläge für Investitionsprogramme (Proposed Investment Programme, PIP) zu präsentieren. Auch die Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB) war dazu berechtigt, Vorschläge einzureichen. Auch weitere Finanzinstitutionen wie die Weltbank könnten in Zukunft eingebunden werden.
Die Vorschläge mussten bis Ende März 2018 eingereicht werden. Laut Mitarbeitern der DEVCO ging eine Vielzahl qualifizierter PIP ein. Sie orientieren sich an den fünf Investitionsfenstern und sehen sektorspezifische Entwicklungsziele vor. Hierbei liegt der Fokus der PIPs oftmals auf Afrika oder die Süd- beziehungsweise Ost-Nachbarschaft, geben aber keine spezifischen Länder vor. Noch im Jahr 2018 will die EU bekannt geben, welche Bank die Zuständigkeit für welches Fenster übernimmt. Will ein Unternehmen vom EIP profitieren, sollte es sich mit seiner Projektideen an das EIP-Sekretariat von DEVCO wenden (EC-EIP-EFSD-SECRETARIAT@ec.europa.eu) oder, sobald diese feststeht, direkt an die zuständige Entwicklungsbank und erfragen, welche Förderinstrumente und vor allem Investitionsmöglichkeiten bestehen. Die Auswahl der privaten Vorhaben wird sich nach zahlreichen Aspekten richten, unter anderem danach, ob und wie dies zum Erreichen der Entwicklungsziele des jeweiligen PIP beiträgt.
Die EU sieht Unternehmen immer mehr als Investitionspartner und weniger als Auftragnehmer. Sie will aber sicherstellen, dass alle von ihr mobilisierten Investitionen die lokale Gemeinschaft im Partnerland involvieren und ihre Bedürfnisse berücksichtigen. "Es kann nicht sein, dass öffentliche Entwicklungsgelder in die Taschen von privaten Firmen und Investoren wandern, ohne öffentlichen sozialen Mehrwert zu erzeugen", sagte Henriette Geiger von DEVCO, auf den Europäischen Entwicklungstagen (EDD) 2018 mit dem Motto "Geschlechtergleichheit" im Juni in Brüssel. Der EU-Entwicklungskommissar Neven Mimica forderte dort außerdem einen Paradigmenwechsel im EIP, sodass von diesem auch besonders Frauen profitieren.
Auch im Vorschlag zum neuen Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027, den die EU-Kommission im Juni 2018 vorstellte, erhält der Privatsektor einen festen Platz als Akteur im Rahmen der EU-Entwicklungszusammenarbeit. Die EU schlägt einen "Investitionsrahmen für Außenmaßnahmen" vor. Die neue Garantie baut auf dem bisherigen EFSD auf, vereint aber mehrere Förderarten wie Makrofinanzhilfen und Investitionen in nachhaltige Entwicklung unter einem Dach. Der Vorschlag sieht ein höheres Budget - bis zu 60 Milliarden Euro - vor und weist somit eine höhere Garantieabdeckung und Hebelwirkung auf. Der neue Investitionsrahmen deckt alle Partnerländer weltweit ab.
Bezeichnung | Internetadresse |
EIP | http://www.ec.europa.eu/commission/eu-external-investment-plan_en |
MFR-Dokumente | http://www.ec.europa.eu/commission/publications/neighbourhood-and-world_de |
GTAI Geber-übersicht | http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Projekte-Ausschreibungen/geber.html |