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Bericht Wirtschaftsumfeld EU Außenwirtschafts-, Industriepolitik
Brüssel (GTAI) - Die OECD lobt die Vielfalt entwicklungspolitischer Instrumente. Wie auch das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik sieht sie zu wenig Fokus auf die ärmsten Länder.
06.05.2019
Sowohl die Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) als auch das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) analysieren die Entwicklungszusammenarbeit der EU. Im Jahr 2018 war die EU gemeinsam mit ihren Mitgliedstaaten der weltweit größte Geber von öffentlicher Entwicklungshilfe (Official Development Assistance ODA). Sie zahlte mit 74,4 Milliarden Euro mehr als 57 Prozent der ODA-Mittel aller Geber, die Mitglied im Entwicklungsausschuss (Development Assistance Committee, DAC) der OECD sind. Während das DIE den Fokus auf die regionale Verteilung der Entwicklungsgelder legt, betrachtet die OECD auch entwicklungspolitische Instrumente und Politikinhalte und spricht Empfehlungen aus.
Die OECD bewertet alle fünf bis sechs Jahre die Entwicklungszusammenarbeit der Mitglieder des DAC, so auch der EU. Dies geschah zuletzt 2018. Zur weltweiten Führungsposition der EU als Geber hätten laut Bericht Bündnisse mit Akteuren aus Partnerländern, Zivilgesellschaft und dem Privatsektor beigetragen. Als positiv stuft die OECD den Instrumentenmix ein, der unter anderem Haushaltshilfe und Trustfunds umfasst. Dieser fördere Inklusion im Partnerland und erhöhe die Effektivität der Entwicklungshilfe. Die OECD lobt die einvernehmliche Programmierung der EU mit ihren Partnerländern (Ownership) und die gemeinsame Verpflichtung der EU und ihrer Mitgliedstaaten auf ein kohärentes Vorgehen (Europäischen Konsens für Entwicklungspolitik).
Diese gute Verzahnung der EU-Akteure sowohl mit den Mitgliedstaaten als auch untereinander gelte es auch im europäischen Mehrjährigen Finanzrahmen von 2021 bis 2027 weiter voranzutreiben. Auch das inhaltliche Zusammenspiel verschiedener Politikbereiche und Institutionen (Politikkohärenz) solle weiter ausgeweitet werden. Bei der Agrarpolitik bestehe laut Studie zum Beispiel noch Handlungsbedarf. Trotz guter Erfolge der EU fordert die OECD weitere Strategien für Geschlechtergleichheit und Klimaschutz. Die EU solle sich zudem weiter auf wenige Kooperationssektoren je Partnerland beschränken.
Sehr positiv sei die enge Zusammenarbeit der EU mit der Wirtschaft und internationalen Finanzinstitutionen, um private Investitionen zu mobilisieren. Ein gutes Beispiel sei die Investitionsoffensive für Drittstaaten (External Investment Plan, EIP). Auch die Zusammenarbeit mit multinationalen Organisationen trägt laut OECD Früchte. In den Jahren 2015 und 2016 wurden 24 Prozent des Budgets für Entwicklungszusammenarbeit der EU über multinationale Organisationen abgewickelt.
Weitere Tipps der OECD an die EU: Mobilisierung und Bewusstseinsstärkung der Bevölkerung für globale Probleme durch soziale Medien und Veranstaltungen, mehr öffentliche und bindende Evaluationen, Modernisierung ihrer Verwaltung, Anpassung ihrer Mitarbeiterstruktur und mehr Autorität für EU-Delegationen und Partner.
Ebenfalls solle die EU laut OECD ihre Mitgliedstaaten zur Zuweisung von 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens (BNE) für ODA-Mittel anhalten. Diese Zielmarke ist größtenteils noch nicht erreicht. Die öffentliche Entwicklungshilfe der EU und ihrer Mitgliedstaaten ist seit 2015, dem Jahr der Selbstverpflichtung, um 11,7 Prozent gestiegen. Laut eines weiteren Berichts des OECD-DAC zu den vorläufigen Zahlen für 2018, beläuft sich die offizielle Entwicklungshilfe der EU und der EU-Länder bisher nur auf 0,47 Prozent des BNE.
Da, so die OECD-Studie, in den Jahren 2015 bis 2016 nur 27 Prozent des bilateralen ODA der EU an die am wenigsten entwickelten Länder (Least Developed Countries, LDC) flossen, könnte die EU hier noch mehr Mittel einsetzen. Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben die LDC bereits im Blick und wollen bis zum Jahr 2030 rund 0,2 Prozent des BNE (der anvisierten 0,7 Prozent für allgemeine ODA) für diese Länder zur Verfügung stellen. Laut einer aktuellen Pressemitteilung der EU-Kommission stieg die kollektive Entwicklungshilfe der EU für LDC im Jahr 2017 auf 0,12 Prozent des Bruttonationaleinkommens an.
Das DIE diskutiert in seiner Studie von Juli 2018, welche Partnerländer die EU auswählt und ob ihre geleistete Entwicklungshilfe mit ihren Geberabsichten übereinstimmt. Hierbei wurde die EU - neben sieben weiteren Ländern - als einzige supranationale Organisation ausgewählt. Denn: Betrachtet man die Höhe der ODA in den Jahren 2013 bis 2014, die die Analyse untersucht, war die EU bereits drittgrößter Geber weltweit (9 Prozent). Im Betrachtungszeitraum erhielten Länder in Europa nach Analysen des DIE mit 32 Prozent die meisten ODA-Mittel, gefolgt von Subsahara-Afrika mit 28 Prozent sowie dem Nahen Osten und Nordafrika mit 15 Prozent.
Laut DIE kann die Entwicklungshilfe der EU in drei Kategorien eingeteilt werden: Zur ersten gehört die europäische Nachbarschaft im Süden und Osten als eine der beiden Schwerpunktregionen der EU, die diese in Bezug auf Politik, Wirtschaft und Sicherheit stärken will. LDC als bedürftigste Partnerländer mit primären Fokus auf Subsahara-Afrika bilden die zweite Kategorie. Zur dritten gehören die sieben Beitrittskandidaten der EU.
Hauptempfängerländer von ODA-Mitteln der EU (Auszahlung, 2013-2014)
Ranking | Land | ODA/Kopf, US $ |
1 | Türkei | 37,80 |
2 | Serbien | 82,75 |
3 | Marokko | 16,77 |
4 | Tunesien | 46,31 |
5 | Ukraine | 9,47 |
6 | Westjordanland und Gazastreifen | 99,50 |
7 | Bosnien-Herzegowina | 98,02 |
8 | Afghanistan | 9,44 |
9 | Mali | 18,11 |
10 | Kongo (Demokratische Republik) | 3,96 |
Quelle: DIE
Der Fokus der EU-Außenhilfen lag laut DIE in den Jahren 2013 und 2014 nicht auf klassischen Entwicklungsländern und den am wenigsten entwickelten Ländern. Betrachtet man die Höhe der öffentlichen Entwicklungshilfe der EU, sind laut Studie der Großteil der meistgeförderten Partnerländer entweder EU-Beitrittskandidaten oder Nachbarländer. Diese gehören mit geringen Ausnahmen zu Ländern mit mittleren Einkommen.
Hinter dieser Verteilung der ODA-Mittel sieht das DIE einen strategischen Ansatz der EU in ihrer Entwicklungszusammenarbeit. Dies ist laut Bericht damit begründbar, dass die EU in ihrer Rolle als überstaatliche Organisation stark von ihrer Außen- und Sicherheitspolitik in ihrer eigenen Region abhängt. Obwohl die Entwicklungszusammenarbeit von diesem strategischen Interesse beeinflusst ist, betrachtet das DIE sie als effektive Hilfe.
Bezeichnung | Internetadresse |
OECD-Studie | https://www.oecd.org/dac/peer-reviews/peer-reviews-of-dac-members.htm |
DIE-Studie | https://www.die-gdi.de/uploads/media/DP_22.2018.pdf |
EU-Pressemitteilung | http://europa.eu/rapid/press-release_IP-19-2075_de.htm |