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Bericht Wirtschaftsumfeld EU Außenwirtschafts-, Industriepolitik
Brüssel (GTA) - Die EU hat gemeinsam mit ihren Mitgliedstaaten das größte Entwicklungshilfe-Budget im internationalen Vergleich. Zur Umsetzung ihrer Vorhaben setzte sie dabei lange auf Projekte und Ausschreibungen. Nun überarbeitet die EU ihre Drittstaatenprogramme und nutzt vermehrt andere Instrumente. Investitionen, Kredithebelung und Haushaltshilfen sind nicht neu, kommen aber mehr zum Einsatz als zuvor. Auch Beteiligungsmöglichkeiten für Firmen wandeln sich. (Kontaktadressen)
27.04.2018
Die EU und ihre Mitgliedstaaten waren im Jahr 2017 mit einem Anteil von 57 Prozent der globalen Entwicklungszusammenarbeit (Official Development Assistance, ODA) der größte Geber weltweit und werden dies wohl auch in Zukunft bleiben. Im Jahr 2017 betrugen die Zusagen 75,7 Milliarden Euro, im Vorjahr 77,6 Milliarden Euro. Ein Großteil der Summe entfällt auf die Entwicklungszusammenarbeit der einzelnen Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission selbst sagte 2016 ODA in Höhe von 17,6 Milliarden Euro zu, für 2017 liegen noch keine Zahlen vor. Neu sind die Umsetzungsmodalitäten der Entwicklungsvorhaben der EU, die sich seit mehreren Jahren weg von Projekten mit klassischen Ausschreibungen hin zu anderen Instrumenten wandeln. Viel Veränderung könnte auch der neue EU-Finanzrahmen bringen.
Der aktuelle Finanzrahmen der EU 2014 bis2020 läuft bald aus, der folgende für 2021 bis 2027 wird derzeit ausgearbeitet. Einerseits stellt sich die Frage, wie die Finanzen aufgeteilt werden und welcher Betrag auf das Außenhandeln (External Action) der EU entfällt. Bereits im Februar 2018 forderte die EU-Kommission, die EU solle effizienter und das Budget erneuert, modernisiert und langfristig geplant werden. Bisher sind keine Zahlen bekannt, aber Francesca Mogherini, Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, will das aktuelle Finanzniveau von knapp 100 Milliarden Euro für Außenhandeln halten und möglichst sogar erhöhen. Ein detaillierter Vorschlag der EU-Kommission zum mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 wird am 2. Mai 2018 erwartet. Dieser wird auch die andere, noch offene Frage aufgreifen, wie genau die EU ihre Drittstaatenprogramme inhaltlich und institutionell ausgestalten wird. Das Budget für das Außenhandeln soll am 14. Juni 2018 verabschiedet werden. In der Zwischenzeit finden öffentliche Konsultationen statt.
Geht es nach der EU-Kommission, sollen nicht nur die Finanzausstattung, sondern auch die Programmierungsinstrumente wie die Drittstaatenprogramme nach 2020 flexibler und einheitlicher werden. Laut Einschätzung eines Experten für die Beziehungen zu den Nachbarländern der EU, wird die EU-Kommission ein umfassendes Dokument für alle Drittstaatenprogramme vorschlagen. Die bekannten Instrumente für Entwicklungszusammenarbeit (EZI), 11. Europäischer Entwicklungsfonds (EEF) und Europäisches Nachbarschaftsinstrument (ENI), könnten diesem Experten zufolge zusammengelegt werden. Neven Mimica, Entwicklungskommissar der EU hat für dieses Instrument, das alles außer Beitrittshilfen und humanitärer Hilfe umfasst, den Titel "Instrument für nachhaltige Entwicklung" vorgeschlagen. Noch Ende 2017 war nach Auswertung der Halbzeitbewertungen geplant, die Programme weitgehend unverändert beizubehalten.
Experten und Mitgliedstaaten fordern, dass das Nachbarschaftsprogramm weiterhin den Schwerpunkt auf die südlichen Mittelmeeranrainer legt und von den Programmen zur Entwicklungszusammenarbeit (EZI, EEF) getrennt bleibt. Dies wird sowohl mit der besonderen Partnerschaft der Nachbarländer mit der EU als auch mit der unterschiedlichen Zielsetzungen der EU je nach Weltregion begründet. Ein einheitliches Programm würde auch die geographische Mittelverschiebung ermöglichen, aber laut offiziellen Stimmen dürfen die zugeteilten EU-Entwicklungsbudgets nicht zu Gunsten anderer Weltregionen zweckentfremdet werden. Laut einem Spezialisten der EU-Nachbarschaftspolitik erscheint auch eine Zusammenfassung des Instruments für Heranführungshilfe (IPA II) mit ENI sinnvoll, mit zwei flexiblen Fenstern. Ob es zu einem oder mehreren Programmen kommen wird, hänge aber vor allem davon ab, ob ab 2021 das Budget des EEF (voraussichtlich 37 Millionen Euro) in den allgemeinen EU-Haushalt integriert wird oder nicht. Bleibt der EEF außen vor - bisher ist er ein eigenständiger, von den Mitgliedstaaten finanzierter Fonds vor allem für die Länder Subsahara-Afrikas - mache eine Zusammenfassung der übrigen Programme wenig Sinn.
Die EU will den hohen Investitionsbedarf in Partnerländern durch Mischfinanzierung (Blending) decken, indem EU-Zuschüsse mit Darlehen oder Eigenkapital von öffentlichen und privaten Geldgebern kombiniert werden und diese so private Investitionen in zahlreichen Sektoren freisetzen können. Dies minimiert für Unternehmen Risiken und schafft Investitionsmöglichkeiten. Das neueste Finanzinstrument der EU ist die Investitionsoffensive für Drittstaaten (EU External Investment Plan, EIP) für Subsahara-Afrika und die Nachbarschaft von Ende 2017. Neben technischer Hilfe für Förderbanken und einer Verbesserung des Investitionsklimas setzt die EU mit dem EIP auf moderne Finanzierungsformen wie den Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD). Dieser sieht finanzielle Förderung durch Blending (2,6 Milliarden Euro) sowie eine neue Garantien (1,5 Milliarden Euro) vor. Beide Förderbudgets zusammen sollen Investitionen von bis zu 44 Milliarden Euro mobilisieren. Das Budget hierfür kommt unter anderem aus den Investitionsfazilitäten unter dem EEF und ENI.
Die EU setzt vermehrt auf Haushaltshilfen (Budget Support). Hierbei vergibt sie nach strengen Vorgaben und Kontrollen Finanzmittel an die Regierung eines Partnerlandes. Hauptkriterien für die Gewährung von Haushaltshilfen sind, neben einer relevanten und zuverlässigen Politik der Armutsbekämpfung, eine auf Stabilität ausgerichtete makroökonomische Politik, ein fortschrittliches öffentliches Finanzmanagement und Haushalttransparenz im Zielland. Die EU vergibt sowohl sektorspezifische als auch generelle Haushaltshilfen. Länder, die Budget Support erhalten, erzielen Auswertungen der EU zufolge bessere Ergebnisse bei Wachstum und Bekämpfung von Armut sowie Korruption. Eine Referatsleiterin der EU-Kommission sieht mehrere Vorteile dieser Hilfsmodalität vor den klassischen Ausschreibungen. Haushaltshilfen förderten politischen Dialog und die Eigenständigkeit des Partnerlandes. Auch seien sie nachhaltiger als punktuelle Projektumsetzung durch Beratungsunternehmen. Wie jedes Jahr hat die EU-Kommission auch Ende 2017 die Trends und Ergebnisse ihrer Haushaltshilfen in 2016 in einem Jahresbericht veröffentlicht. Die EU wies in 2016 rund 3,3 Milliarden Euro neue Haushaltshilfen zu. Der Trend besteht seit Jahren, wächst aber stetig an (2015: 2,3 Milliarden Euro; 2014: 1,3 Milliarden Euro).
Bezeichnung | Internetadresse |
Mehrjähriger EU-Finanzrahmen | https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/communication-new-modern-multiannual-financial-framework_de.pdf |
Konsultationen | https://ec.europa.eu/info/consultations_en |
Blending und EIP | https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/external-investment-plan-guide-nov17_en.pdf |
Haushaltshilfe | https://ec.europa.eu/europeaid/budget-support-trends-and-results-2017_en |