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Indonesier sind höflich und zurückhaltend. Das gesprochene Wort gilt bisweilen mehr als ein Vertragswerk. Doch in Verhandlungen muss man die Zwischentöne erkennen.
05.07.2020
Von Frank Malerius | Jakarta
Wer in Indonesien Geschäfte machen will, muss Zeit und Geduld mitbringen. Zeit besitzt in dem Archipel einen anderen Stellenwert als in westlichen Gesellschaften. Zudem führen die chaotischen Verkehrsverhältnisse im Großraum Jakarta dazu, dass man pro Tag oft nur zwei Termine wahrnehmen kann. Unpünktlich gilt angesichts der vielen Staus nicht als unhöflich.
Beim ersten Besuch in Indonesien sollte der ausländische Geschäftsmann nicht mit Ergebnissen rechnen. Zunächst muss der potenzielle Geschäftspartner abgeklopft werden: Ist er finanzkräftig? Verfügt er tatsächlich über die von ihm angegebenen Business- und Importlizenzen? Viele Firmen prahlen gerne mit ihren guten Kontakten zu Behörden, nachprüfen lässt sich das aber kaum. Die ersten Treffen vor Ort finden oftmals in einem Restaurant und nicht im Büro statt.
Ansonsten gelten im Geschäfts- und Gesellschaftsleben viele Regeln, die sich auch in anderen asiatischen Ländern wiederfinden. So haben Höflichkeit und Zurückhaltung einen hohen Stellenwert. Es gilt das Prinzip: freundlich im Ton, in welcher Sache auch immer. Wer sich daran hält, kann nicht viel falsch machen, zumal Ausländern eine gewisse Narrenfreiheit gewährt wird.
"Sein Gesicht zu verlieren" ist das Schlimmste, was einem Indonesier zustoßen kann. Entsprechend werden Probleme niemals direkt - am liebsten überhaupt nicht - angesprochen. Freundliches Lächeln gehört zur Standardreaktion. Es kann vieles bedeuten: Ich habe nichts verstanden, damit bin ich überhaupt nicht einverstanden oder das ist mir egal. Das direkte Ansprechen von Problemen führt in der Regel zu nichts. Oftmals muss man den Geschäftspartner erst einmal dafür sensibilisieren, dass überhaupt ein Problem existiert.
Zu Terminen muss man angesichts des heißen Klimas nicht unbedingt in Anzug und Krawatte kommen. Stattdessen hat es sich auch bei hochoffiziellen Veranstaltungen eingebürgert, im Batikhemd zu erscheinen, das dann aber von guter Qualität sein sollte. Dazu werden Anzughose und feine Lederschuhe getragen. Die Investition in ein ordentliches Batikhemd (nicht unter 60 Euro) lohnt sich. Mit dem Kleidungsstück wird dem indonesischen Geschäftspartner signalisiert, dass sich der ausländische Gast für dessen Kultur interessiert.
Feiertage spielen eine herausragende Rolle. Es gibt viele davon, da auch die Festlichkeiten der Minderheitenreligionen beachtet werden. Wenn sie auf einen Dienstag oder Donnerstag fallen, nehmen sich Indonesier gerne einen Brückentag frei. Daher sind die meisten Büros zu solchen Zeiten nur sporadisch besetzt. Die muslimische Fastenzeit bildet den jährlichen Höhepunkt. Selbst viele nicht besonders religiöse Indonesier halten sich an die Regeln, der zufolge zwischen Sonnenauf- und -untergang nichts gegessen und getrunken werden darf. Nichtmuslime sind davon nicht betroffen. Viele Bars schenken nur im Hinterzimmer Alkohol aus oder schließen ganz.
Das Fastenbrechen bei Dämmerungseintritt kommt einem kleinen Fest gleich, zu dem auch Ausländer gerne eingeladen werden. Man kann dann sogar aufgefordert werden, eine kleine Rede zu halten. Ein paar unverbindliche Dankesworte zu der großen Gastfreundschaft sind dann angebracht. Ansonsten sollte man grundsätzlich nicht über Religion diskutieren. Auf diesem Gebiet kann insbesondere der Nicht-Muslim in zahlreiche Fettnäpfchen treten.
Die Beziehung zwischen den Geschlechtern sind in Indonesien recht liberal. In internationalen, aber auch einheimischen Firmen werden Führungspositionen im mittleren und unteren Management vielfach mit weiblichen Kräften besetzt. In der wachsenden urbanen Mittelschicht sind in der Regel beide Ehepartner berufstätig.
Geschäftskontakte müssen im Vorfeld angebahnt werden. Ein Manko ist die vergleichsweise geringe Präsenz von Unternehmen im Internet, auch wenn in den letzten Jahren Verbesserungen zu beobachten sind. Doch viele Firmen, vor allem Mittelständler im Vertrieb, verfügen immer noch nicht über eine englischsprachige Website, die regelmäßig aktualisiert wird. Verbände sind in der Regel schlecht organisiert. Telefone werden nur sporadisch abgenommen.
Gesprächspartner beherrschen nicht immer Englisch und verfügen oft nicht über fundierte Branchenkenntnisse. Die Webseiten, die oftmals nur auf Indonesisch sind, bieten häufig keine aktuellen Informationen, Statistiken oder Kontaktadressen. Eine empfehlenswerte Anlaufstelle ist die Deutsch-Indonesische Industrie- und Handelskammer (Ekonid) in Jakarta, die nicht nur geeignete Partner finden kann, sondern auch Auskünfte über die Verlässlichkeit von Unternehmen erteilt.
Es reicht nicht, wenn Termine mit dem Geschäftspartner nur einmal schriftlich oder telefonisch ausgemacht wurden. Man sollte am besten jeweils einen Monat, eine Woche sowie einen Tag vorher eine Erinnerung rausschicken oder um eine Bestätigung bitten. Vielfach kommen Termine nur in letzter Minute zustande. Es ist zudem nicht unüblich, dass die seit langem angekündigte Kontaktperson gar nicht selber erscheint, sondern nur einen unbedeutenden Vertreter schickt. Dann heißt es, gute Miene zu machen.
Wenn man nur einen einzigen Geschäftstermin hat, sollte man angesichts der Verkehrssituation im Vorfeld der Reise ein Hotel in der Nähe des Treffpunkts buchen. Erste Treffen vor Ort finden oft in einem informellen Rahmen statt. Dafür können gar nicht genug Visitenkarten mitgenommen werden. Diese dürfen ungezwungen mit einer Hand und ohne Verbeugung überreicht werden.
Aus den Titeln der Geschäftspartner geht nicht immer deren genaue Position und Entscheidungsbefugnis hervor. Am besten klärt man das bereits im Vorfeld, damit die Hierarchien bekannt sind. Wichtig ist, dass die Verhandlungspartner in ihrem jeweiligen Unternehmen ähnlich hohe Positionen besetzen. Es gilt als unhöflich, wenn ein indonesischer CEO mit jemanden aus dem mittleren Management reden muss.
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