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Japan baut seine LNG-Lieferketten aus. Davon profitieren sowohl die Anlagenbauer und die Partnerländer als auch die nationale Energiesicherheit.
13.08.2020
Von Jürgen Maurer | Tokyo
Weltweit ist Japan der größte Importeur von Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas, LNG) vor China und Südkorea. Am gesamten Importwert des Landes machte die LNG-Einfuhr im Jahr 2019 mit 35,7 Milliarden US-Dollar (US$) allein 5,3 Prozent aus, so die Zollstatistik. Um den Nachschub sicherzustellen, investiert Japan in diversen Lieferländern. Dies eröffnet Chancen auf Drittmarktgeschäfte für deutsche Zulieferunternehmen.
Während in Japan der Bedarf an LNG nur noch langsam wächst, legt der Energiehunger in anderen Ländern zu. Da Kohle als Energieträger auch in den Schwellenländern wegen hoher Treibhausgasemissionen an Befürwortern verliert, schwenken Japans Anlagenbauer stärker auf LNG-Kraftwerke um. Sie haben den Fokus vor allem stärker auf Südostasien und Afrika gerichtet.
Der Export und die Investition in die Energieinfrastruktur Südostasiens ist Teil der Wachstums- und Sicherheitsstrategie der japanischen Regierung. Nicht nur sichert sie damit Aufträge für japanische Anlagenbauer und eine verlässlichere Stromversorgung für die japanischen Unternehmen vor Ort. Es geht auch um die eigene Versorgungssicherheit als Teil der Indo-Pacific Strategy, die ein Gegengewicht zur Belt and Road Initiative Chinas schaffen soll. Die Energieautarkiequote Japans beträgt lediglich 9,6 Prozent.
Im Juli 2020 haben drei japanische Handelshäuser - Marubeni, Sumitomo und Mitsui - einen Vertrag mit der Regierung in Myanmar unterzeichnet, ein LNG-Kraftwerk mit einer Kapazität von 1.250 Megawatt zu bauen. Für die Durchführung des Projektes, dessen Kosten auf 2 Milliarden US$ geschätzt werden, verbinden sich die Handelshäuser mit der Eden Group in Myanmar in einem Joint Venture.
Das Projekt befindet sich in einer sehr frühen Phase und die Einzelheiten müssen erst noch ausgehandelt werden. Jedenfalls ist der Standort in der Nähe der Hauptstadt Yangon und in der Nähe eines Hafens gewählt. Hier soll auch ein Transportterminal für die Anlandung des per Schiff gelieferten LNG entstehen. China verfügt bereits über zwei LNG-Anlagen in Myanmar in kleinerem Maßstab.
Auch in anderen Ländern der Region nutzt Japan seine Finanzkraft, um das LNG-Netzwerk zu erweitern. Laut Nikkei vom Juli 2020 erhält ein LNG-Kraftwerk in Bangladesch eine Kreditlinie von 644 Millionen US$ von öffentlichen und privaten japanischen Finanzinstituten. Bei dem 718-Megawatt-Projekt, das 2022 ans Netz gehen soll, ist Japans größtes Energieversorgungsunternehmen JERA als Mitbetreiber involviert.
Zudem rückt auch Afrika in den Fokus. Ein japanisches Konsortium aus öffentlichen und privaten Kapitalgebern hat Mitte 2020 die Investition in ein umfangreiches LNG-Projekt in Mosambik bekanntgegeben. Abgesehen von der Japan Bank of International Cooperation und vier Privatbanken werden das Handelshaus Mitsui und die Japan Oil, Gas and Metals National Corp. (Jogmec) rund 14,4 Milliarden US$ in dieses Vorhaben investieren. Ab dem Jahr 2024 soll es pro Jahr circa 12 Millionen Tonnen LNG fördern.
Für den Bau einer angedockten LNG-Anlage hat im Oktober 2019 bereits der japanische Anlagenbauer JGC Holdings eine Zusage erhalten. Das Unternehmen ist dabei Teil eines Konsortiums mit der amerikanischen Firma Fluor und der europäischen TechnipFMC, die bei Design und Bau des 3,7 Milliarden US$ teuren Projektes mitwirken. Betreiber der Anlage wird Exxon Mobil sein.
Jedoch steht die Asien-Pazifik-Region stärker im Mittelpunkt der staatlichen Strategie Japans, die Lieferquellen zu diversifizieren und die Abhängigkeit von wenigen Öllieferanten aus dem Mittleren Osten zu verringern. Dabei ist die Versorgung mit LNG bereits gegenwärtig diversifizierter als beim Import von Rohöl. Japans Rohölimporte kamen 2018 laut Zahlen des Wirtschaftsministeriums zu 80 Prozent aus vier Ländern des mittleren Ostens.
Die wichtigsten Herkunftsländer von LNG für Japan waren 2018 Australien (Anteil: 35 Prozent), Malaysia (14), Katar (12), Russland (8), Indonesien (6), Vereinigte Arabische Emirate (6) und Brunei (5). Darunter ist Russland sehr aktiv, seine LNG-Lieferungen auszuweiten. Das Land will die Erdgasförderung bis 2035 verfünffachen und den Großteil (etwa 70 Prozent) nach Asien verschiffen. Japan und China sind wichtige Zielländer.
In russische LNG-Projekte hat sich Japan bereits eingekauft. Bei dem Projekt Yamal im arktischen Norden Russlands, das der Gasproduzent Novatek entwickelt, sind das Handelshaus Mitsui und die staatliche Jogmec eingestiegen. Das LNG wird über die arktische Seeroute nach Asien transportiert. Die erste Lieferung nach Japan ist laut dem Branchenportal LNG Industry im Juli 2020 erfolgt.
Ein geografisch näher gelegenes Projekt wird auf der Halbinsel Sachalin ausgebaut. Bei dem integrierten Öl- und Gasvorhaben, in dem Gazprom und Shell die Hauptakteure sind, halten laut Shell-Unternehmensmeldung Mitsui und Mitsubishi Anteile von 13 beziehungsweise 10 Prozent. Der Onshore- und Offshore-Ausbau als regionaler Hub wird weiter vorangetrieben.
Japans Energiebedarf wird zu einem erheblichen Teil durch Erdgas gedeckt, das in verflüssigter Form als LNG ins Land kommt. Etwa 40 Prozent der Stromversorgung im Fiskaljahr 2017 (1. April bis 31. März) deckten Kraftwerke auf Basis des fossilen Energieträgers ab.
In den Jahren nach Fukushima haben die Anlagenbauer zwar noch LNG-Kraftwerke für den einheimischen Bedarf errichtet. Allerdings werden in den nächsten Jahren in Japan kaum zusätzliche Kapazitäten hinzukommen. Bei einem insgesamt sinkenden Energiebedarf soll laut Energieplan der Regierung der Anteil von Gas im Fiskaljahr 2030 wieder das gleiche Niveau erreichen wie im Fiskaljahr 2011, also vor Fukushima. Damals lag dieser Anteil an der Primärenergieversorgung bei 19 Prozent und an der Stromerzeugung bei 28 Prozent.
Indikator | 2017 | 2018 | 2019 2) |
---|---|---|---|
Stromerzeugung (in MWh) | 421.100 | 402.900 | 353.478 |
Installierte Kapazität (in MW) | 80.796 | 82.921 | 82.356 |
Anzahl Kraftwerke | 62 | 71 | 71 |