Wirtschaftsausblick | Kambodscha
Baldige Rückkehr auf Wachstumspfad
Kambodscha bekämpft eine Covid-19-Welle mit Lockdown und Tempo beim Impfen. Das aufstrebende Land dürfte bald wieder sein hohes Wachstum erreichen.
15.06.2021
Von Thomas Hundt | Bangkok
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Kambodscha schrumpfte 2020 nach vorläufigen Angaben real um 3,1 Prozent. Damit wurde der bislang stetige und erfolgreiche Wachstumspfad unterbrochen. Das National Institute of Statistics hatte für die Wirtschaftsleistung seit 2011 im Durchschnitt Steigerungsraten von 7 Prozent jährlich gemeldet.
Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) und die kambodschanische Zentralbank erwarten 2021 ein BIP-Wachstum von circa 4 Prozent, haben aber noch nicht die aktuelle Coronawelle einkalkuliert. Der Lockdown und Einschränkungen der Wirtschaftsaktivitäten bremsen die Industriekonjunktur und den Dienstleistungssektor. Der ausbleibende Tourismus wirkt sich zudem sehr negativ auf das Gastgewerbe und andere Servicebereiche aus.
Bild vergrößernIn den Einrichtungen des Gesundheitswesens wird relativ zügig gegen das Coronavirus geimpft. Die Regierung erhält Impfstoffe direkt aus China sowie im Rahmen des weltweiten Programms Covid-19 Vaccines Global Access (COVAX).
Eine Normalisierung des öffentlichen Lebens wird das Land auf seinen gewohnten Wachstumspfad zurückführen. Der Internationale Währungsfonds prognostiziert, dass Kambodscha mittelfristig reale BIP-Steigerungsraten von mehr als 6 Prozent erreichen wird.
Volkseinkommen je Einwohner soll bis 2030 mehr als verdoppelt werden
Der Aufholbedarf des ehrgeizigen Entwicklungslandes bleibt immens, denn die Marktgröße ist noch bescheiden. Das BIP betrug 2020 nur 26 Milliarden US-Dollar (US$). Kambodscha zählt mit einer Wirtschaftsleistung von ungefähr 1.600 US$ je Einwohner zu den am wenigsten entwickelten Ländern Südostasiens. Innerhalb der Region erzielt nur Myanmar ein noch geringeres Pro-Kopf-Einkommen.
Der bestehende Immobilienboom setzt sich fort. Entwicklungsgesellschaften verkaufen zahlreiche Wohnungen auch an chinesische Kunden. Die Immobilienberater von CBRE meinen, dass im Jahr 2021 in Phnom Penh 10.825 neue Apartments errichtet werden.
Ausgewählte Großprojekte in Kambodscha
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Millionen US$) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Satellitenstadt Koh Norea bei Phnom Penh | 2.500 | Ankündigung | Overseas Cambodian Investment Corporation |
Phnom Penh International Airport | 1.500 | Im Bau, Eröffnung erste Phase 2023 | Overseas Cambodia Investment Corporation |
Kohlekraftwerk 700 MW | 1.344 | Auftrag EPC*) an Sinosteel Equipment (China), Fertigstellung 2024 | Cambodia Bodong Shaguo Energy Company |
Zementwerk (2 Millionen Jahrestonnen) | 263 | Machbarkeitsstudie | Conch KT Cement |
Stärkung des Stromversorgungsnetzes | 193 | Laufzeit 2020 bis 2025 | Electricity of Cambodia, Finanzierung ADB |
Straßenbauprojekte | 100 | Laufzeit 2020 bis 2027 | Ministry of Public Works and Transport, Finanzierung World Bank |
Investitionen und Außenhandel dürften auf breiter Front wachsen
Die exportorientierte Strategie, die internationale Investoren durch einen starken Zufluss an ausländischem Kapital flankieren, treibt die Entwicklung an. Der Rat für Wirtschaftsentwicklung Council for the Development of Cambodia (CDC) verzeichnete im Jahr 2020 Investitionszusagen in Höhe von 8,2 Milliarden US$. Im 1. Quartal 2021 gab es einen weiteren Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Die Exportquote kletterte in den letzten Jahren auf über 50 Prozent. Warenexporte (ohne Ausfuhren von Gold) gingen 2020 um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Die ADB erwartet 2021 einen weiteren Rückgang von 2 bis 3 Prozent. Insbesondere die Lieferungen von Bekleidung nach Europa sinken. Die Ausfuhrgeschäfte mit China laufen dagegen besser.
Das Geschäftsklima hat sich zwar etwas eingetrübt, Unternehmer bleiben aber im Vergleich zu anderen Ländern optimistisch. Über die Hälfte der Mitglieder der europäischen Handelskammer EuroCham gaben in einer Umfrage im April 2021 an, dass sie in den nächsten zwölf Monaten Investitionen planen.
Der CDC und das Wirtschaftsministerium wollen im laufenden Jahr 2021 ein liberaleres Investitionsgesetz verabschieden, um die Wirtschaft zu diversifizieren. Die verarbeitende Industrie konzentriert sich einseitig auf die arbeitsintensive Fertigung von Bekleidung, Sportartikeln oder Fahrrädern. Die Wertschöpfung im Inland ist gering, weil die meisten Materialien und Vorprodukte aus dem Ausland zugeliefert werden.
Aus China stammten 2019 über 37 Prozent der Importe. Der deutsche Lieferanteil lag unter 1 Prozent. Im Jahr 2020 beliefen sich die deutschen Exporte ach Kambodscha auf 148 Millionen Euro und wuchsen im 1. Quartal 2021 um satte 60 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Deutschland liefert hauptsächlich Kraftfahrzeuge und Maschinen nach Kambodscha.