Wirtschaftsumfeld | Kolumbien | Handelspolitik
Weitere Marktöffnung ist nicht geplant
Kolumbiens aktuelle Regierung führt die Strategie der vergangenen Jahre hin zu mehr Marktöffnung nicht weiter. Bürokratie und nichttarifäre Handelshemmnisse erschweren den Import.
03.03.2021
Von Edwin Schuh
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Bogotá
Vorerst keine neuen Handelsabkommen
Mit dem Amtsantritt von Iván Duque im August 2018 hielt eine neue Prämisse Einzug in die Handelspolitik Kolumbiens. So verkündete der Präsident, dass "keine neuen Abkommen abgeschlossen werden, aber bestehende Abkommen nicht gekündigt, sondern besser genutzt werden sollen". Diese eher protektionistische Haltung war auch von verschiedenen Wirtschaftsverbänden gefordert worden.
Konsequenterweise wurden Verhandlungen mit Australien und Neuseeland über deren mögliche Assoziierung zur Pazifikallianz nicht weitergeführt - insbesondere auf Druck des Viehzüchterverbandes Fedegán (Federación Colombiana de Ganaderos), der steigende Milch- und Rindfleischimporte befürchtete. Auch Gespräche über mögliche Handelsabkommen mit Japan und der Türkei ruhen. Einzig das Handelsabkommen mit Israel, das bereits 2013 unterzeichnet worden war, trat unter der Regierung Duque in Kraft.
Freihandelsabkommen Kolumbiens
Partner | Unterzeichnung | Inkrafttreten |
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Pazifikallianz (Mexiko, Chile, Peru) | 10. Februar 2014 | 01. Mai 2016 |
Costa Rica | 22. Mai 2013 | 01. August 2016 |
Korea (Rep.) | 21. Februar 2013 | 15. Juli 2016 |
Europäische Union (EU) | 26. Juni 2012 | 01. August 2013 (provisorisch) |
Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) | 25. November 2008 | 01. Juli 2011 |
Kanada | 21. November 2008 | 15. August 2011 |
USA | 22. November 2006 | 15. Mai 2012 |
Nördliches Dreieck (El Salvador, Guatemala, Honduras) | 09. August 2007 | 2009 und 2010 |
Panama | 20. September 2013 | Nicht in Kraft |
Israel | 30. September 2013 | 11. August 2020 |
Vereinigtes Königreich | 15. Mai 2019 | Nicht in Kraft |
Quelle: Organisation Amerikanischer Staaten (OAS)
Der Beitritt Kolumbiens zur Transpazifischen Partnerschaft CPTPP (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership), der erst im Juni 2018 unter dem Ex-Präsidenten Juan Manuel Santos offiziell beantragt wurde, ist vorerst unwahrscheinlich. Auch eine mögliche Kooperation zwischen den Ländern der Pazifikallianz (Mexiko, Chile, Peru, Kolumbien) und dem Mercosur (Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay) wird unter der aktuellen kolumbianischen Regierung nicht vorangebracht.
In der Amtszeit von Vorgängerpräsident Juan Manuel Santos (2010 - 2018) hat Kolumbien mit zahlreichen Ländern Handelsabkommen abgeschlossen und sich dadurch zu einem relativ offenen Markt entwickelt. Am bedeutendsten sind die Abkommen mit den USA (Inkrafttreten 2012), der Europäischen Union (EU, Inkrafttreten 2013) sowie im Zuge der Pazifikallianz mit Mexiko, Chile und Peru (Inkrafttreten 2016). Nach Angaben der Weltbank reduzierte sich der durchschnittlich von Kolumbien auf alle importierten Güter erhobene Zollsatz dank der Abkommen von 11,3 Prozent im Jahr 2010 auf nur noch 2,3 Prozent im Jahr 2019. Zum Vergleich: Deutschland stellte im Jahr 2019 im Schnitt einen Zollsatz von 2,5 Prozent auf seine Einfuhren in Rechnung.
Nichttarifäre Handelshemmnisse erschweren den Import
In ihrer letzten Prüfung der kolumbianischen Handelspolitik ("Trade Policy Review") im Jahr 2018 lobte die WTO (World Trade Organization) die relative Offenheit des kolumbianischen Marktes. Gleichzeitig kritisierte die Organisation die Vielzahl nichttarifärer Handelshemmnisse, wie etwa Importlizenzen, komplizierte Zollvorschriften oder die Regeln zur Besteuerung alkoholischer Getränke. Von der WTO erwartet sich Kolumbien dank des Abgangs von Donald Trump in den USA wieder mehr Schlagkraft. "Für ein kleines Land wie Kolumbien ist eine gut funktionierende WTO zur Verteidigung seiner Handelsinteressen von großer Wichtigkeit" äußerte sich Javier Díaz, Präsident des Außenhandelsverbandes Analdex (Asociación Nacional de Comercio Exterior) gegenüber lokalen Medien.
Pablo Neira, Handelsbeauftragter der EU in Kolumbien, fällt ein ähnliches Urteil: "Die größte Herausforderung sind nicht die Zollbarrieren, sondern andere Schranken etwa beim Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen oder bei der Zulassung von Agrarprodukten und Pharmazeutika" erklärte Neira im Februar 2021 gegenüber der Wirtschaftszeitung Portafolio. Problematisch sieht die EU-Vertretung das hohe Maß an Bürokratie (“red tape“) beim Import von Lebensmitteln, die strengen phytosanitarischen Vorschriften unterliegen. Jedoch gelten die Hindernisse für Importe aus allen Ländern gleich.
Regierung strebt schnellere Zollabfertigung an
Laut Henrik ter Huerne, Geschäftsführer des deutschen Speditionsdienstleisters Schryver in Kolumbien, gehen die Zölle für Einfuhren aus Deutschland dank des EU-Kolumbien Handelsabkommens Jahr für Jahr zurück oder fallen komplett weg. „Das Problem in Kolumbien sind jedoch nicht die Zölle, sondern die enorme Bürokratie beim Import“ sagt der Manager und schließt sich damit der Meinung der WTO und der EU an.
Für zahlreiche Güter werden Einfuhrlizenzen oder -genehmigungen benötigt, etwa von der Umweltbehörde ANLA (Autoridad Nacional de Licencias Ambientales) oder der Aufsichtsbehörde für Lebensmittel und Medikamente INVIMA (Instituto Nacional de Vigilancia de Medicamentos y Alimentos). Solche Lizenzen seien nicht immer leicht zu bekommen, zudem hänge es von der Willkür des zuständigen Zollbeamten ab, was im konkreten Fall verlangt werde, so ter Huerne. "Durch die Covid-19-Pandemie wurde sehr viel von Papier auf digital umgestellt, allerdings klappt die Technik nicht überall einwandfrei" stellt der deutsche Geschäftsführer fest.
Ziele der kolumbianischen Handelspolitik bis 2022
| Wert 2018 | Ziel 2022 |
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Maximale Dauer der Zollabfertigung von Importen | 22 Stunden | 18 Stunden |
Anteil der im Voraus eingereichten Importdeklarationen | 12% | 20% |
Maximale Dauer der Zollabfertigung von Exporten (Seefracht) | 49 Stunden | 36 Stunden |
Maximale Dauer der Zollabfertigung von Exporten (Luftfracht) | 12 Stunden | 9 Stunden |
Funktionen der Online-Außenhandelsplattform VUCE | 7 | 12 |
Wert der Exporte (ohne Rohstoffsektor) | 23,2 Mrd. US$ | 27,0 Mrd. US$ |
Wert der ausländischen Direktinvestitionen (ohne Rohstoffsektor) | 9,2 Mrd. US$ | 11,5 Mrd. US$ |
Quelle: Plan Nacional de Desarrollo 2018-2022
Zudem haben sich laut ter Huerne trotz der Digitalisierung die Antwortzeiten verlängert, etwa bei INVIMA aber auch bei der Zollbehörde DIAN (Dirección de Impuestos y Aduanas Nacionales) und der Handelsplattform VUCE (Ventanilla Única de Comercio Exterior). Immerhin versucht die Regierung, den Bürokratieaufwand beim Außenhandel zu reduzieren und die Prozesse zur Zollabfertigung zu beschleunigen. In Ihrem Vier-Jahres-Plan Plan Nacional de Desarollo 2018-2022 hat die kolumbianischen Regierung obenstehende Ziele festgelegt.
Kolumbien will seine Exporte diversifizieren
Der Außenhandel Kolumbiens litt 2020 stark unter der Pandemie: Die Einfuhren reduzierten sich um 17,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, die Exporte sanken um 21,4 Prozent und fielen auf das Niveau von 2016. Javier Díaz vom Außenhandelsverband Analdex schätzt, dass der kolumbianische Außenhandel mindestens fünf Jahre benötigt, um diese Rückschläge wieder aufzuholen. "Die Herausforderung ist es, unsere Exporte zu diversifizieren. Derzeit sind nur 16 Unternehmen für mehr als die Hälfte der Ausfuhren Kolumbiens verantwortlich" erklärte Díaz gegenüber Portafolio. Vor allem landwirtschaftliche Unternehmen gingen derzeit stärker in den Export, so Díaz.