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MauritiusAußenwirtschafts-, Industriepolitik / Konjunktur / Investitionsklima / Kaufkraft, Konsumverhalten
Wirtschaftsumfeld
Bericht Wirtschaftsumfeld Mauritius Außenwirtschafts-, Industriepolitik
Port Louis (GTAI) - Wie kein anderes Land in Afrika hat Mauritius eine zukunftsfähige Ökonomie geschaffen, in der die Menschen frei und ohne Armut leben können. Dabei setzt der kleine Inselstaat erfolgreich auf saubere Industrien und entwickelt geradezu visionäre städtebauliche Konzepte wie die "Smart Cities". Deutschen Firmen kann trotz der geringen Marktgröße eine stärke Beachtung von Mauritius nur empfohlen werden - zumal die Insel auch ein attraktives Reiseziel ist.
22.06.2018
Wer viel in Afrika herumgekommen ist und dann nach Mauritius reist, glaubt sich in einer anderen Welt: Ein moderner effizienter Flughafen mit höflichen Beamten, Geldwechseln ohne "Flughafenaufschlag" und eine Auswahl professioneller Autovermieter (darunter die deutsche Sixt). Die Straßen sind mitunter schmal und kurvenreich, aber oft frisch geteert, ohne Schlaglöcher und sauber. Mal abgesehen von qualmenden Bussen des unterfinanzierten öffentlichen Transportunternehmens besteht der Verkehr vornehmlich aus neueren Kfz der Kompaktklasse. Vor allem entlang der Autobahn zwischen dem Flughafen und der Hauptstadt Port Louis fallen neu gebaute Hochhäuser von IT- und Finanzfirmen auf. Selbst kleine Städte haben inzwischen einen oder mehrere moderne Supermärkte.
Das mauritische Wirtschaftswachstum wird 2018 bei 3,8 Prozent liegen, prognostiziert die britische Economist Intelligence Unit (EIU). Der kleine, offene und handelsaktive Inselstaat ist dabei in hohem Maße von der Weltwirtschaft und insbesondere von Europa und China abhängig. Verlangsamt sich dort das Wachstum, so wird es sich auch in Mauritius abschwächen. Ein positiver Stimulus kommt von Investitionen in die Hafeninfrastruktur und in neue Fischverarbeitungsanlagen, die unter dem Schlagwort "Ocean Economy" propagiert werden.
Die mauritische Textilindustrie, ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, profitiert unverändert vom African Growth and Opportunity Act (AGOA) der USA. Befürchtungen, US-Präsident Donald Trump könnte diese zollfreie Vergünstigung kippen, haben sich bislang nicht bewahrheitet. Die Bauindustrie ist dank staatlicher Infrastrukturvorhaben im Aufwind.
Der Tourismussektor ist auf einem stetigen Erfolgskurs. Und die hohe Abhängigkeit von europäischen Gästen kann durch Urlaubergruppen aus neuen Märkten gemindert werden. Unverändert erfolgreich sind die Bereiche Finanzdienstleistungen, Informations- und Telekommunikationstechnologien sowie die Sparte "Business Outsourcing". Ein noch neuer, wenngleich vielversprechender Geschäftszweig ist die Schönheitschirurgie: So lassen sich viele Touristen während ihres Urlaubs kosmetisch behandeln.
Ein Zukunftskonzept sind sieben "Smart Cities" - wenngleich mehr Vision denn konkreter Plan. Dabei sollen Grundstücke identifiziert werden, zum Bau "autonomer" Siedlungen - mit eigener Stromversorgung auf Basis erneuerbarer Energien, eigener Wasser- und Abwasserversorgung und modernster Telekommunikationsausstattung. Jede dieser Siedlungen soll Platz für "saubere" Industrien, Wohnungen, Schulen, Hotels und Geschäfte haben. Das große Ziel ist es, Menschen kurze Wege zu ermöglichen. Statt mit dem Auto oder Bus soll man zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad jede Strecke bewältigen können. Reiche ausländische Investoren sollen mit attraktiven steuerlichen Anreizen und mit Aufenthaltsrechten geködert werden.
Indikator | 2016 | 2017 | Vergleichsdaten Deutschland 2017 |
BIP (nominal, Mrd. US$) | 12,2 | 13,3 | 3.686,7 |
BIP pro Kopf (US$) *) | 21.110 | 22.302 | 44.595 |
Bevölkerung (Mio.) | 1,26 | 1,26 | 82,7 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = ... MR (Mauritius-Rupie)) | 33,84 | 34,50 |
*) kaufkraftbereinigt; zweithöchstes in Afrika (nach den Seychellen)
Quellen: EIU; Statistisches Bundesamt
Wenn Internationaler Währungsfonds (IWF) und Weltbank regelmäßig die ökonomischen Spitzenreiter in Afrika benennen, kommt Mauritius nie vor. Der banale Grund: Die Fixierung auf nominale Zuwächse ohne Qualifizierung. Beispiel Kenia: So prognostiziert die Weltbank für 2018 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 5,5 Prozent. Was sich gut anhört, hält einer kritischen Analyse kaum Stand. Denn die Zuwächse gehen nahezu vollständig auf das Konto eines fortgesetzt hohen Bevölkerungswachstums von etwa 2,6 Prozent sowie überteuerter und auf Pump gekaufter chinesischer Infrastrukturvorhaben zurück. Und wenn etwas exportiert wird, dann sind es unverarbeitete Agrarerzeugnisse und Rohstoffe. Dabei verdankt Kenia die größten Deviseneinnahmen längst der wachsenden Zahl von Auslandskenianern, die mehr Geld nach Hause schicken als Tee und Tourismus zusammen einnehmen. Rund 22 Prozent der Kenianer leben in extremer Armut, trotz positiver Wachstumsprognosen, so die World Poverty Clock.
Ganz anders Mauritius: Bevölkerungswachstum 0,1 Prozent, Einwohner in extremer Armut 0,2 Prozent (zum Vergleich: italienischer Bevölkerungsanteil in extremer Armut: 1,1 Prozent). War die mauritische Exportpalette einst einseitig auf Zucker ausgerichtet, so ist sie heute deutlich differenzierter. Hochwertige Bekleidung und Textilien sind das große industrielle Standbein und ein nahezu perfekter Hochpreistourismus spült zuverlässig Devisen in die Kassen, während die Finanzsparten qualifizierte Beschäftigungsplätze bieten. Auf das Geld von Auslands-Mauritiern und Entwicklungshilfeorganisationen ist Mauritius somit nicht angewiesen.
Dennoch: Auch im Paradies gibt es Herausforderungen. Die Verschuldung ist mit etwa 62 Prozent des BIP zu hoch - aber immerhin gibt es seit einiger Zeit eine gesetzliche Schuldenbremse. Wie in vielen Ländern der Welt ist die Regierung beim Ausgeben schnell zur Stelle, beim Sparen aber nicht - insbesondere nicht in Wahlkampfzeiten. Zudem ist Mauritius in hohem Maße von internationalen Entwicklungen abhängig, insbesondere von Europa, das die Hälfte der mauritischen Exporte abnimmt und ebenso viele Touristen stellt.
SITC-Position | 2016 | 2017 | Veränderung in % |
Importe gesamt | 4.655 | 5.269 | 13,2 |
0 Nahrungsmittel | 971 | 1.099 | 13,2 |
3 Treibstoffe | 635 | 888 | 39,8 |
5 Chemikalien | 412 | 438 | 6,3 |
7 Maschinen und Transportausrüstung | 1.164 | 1.225 | 5,2 |
Exporte gesamt | 2.194 | 2.103 | -4,1 |
03 Fisch und andere Meeresfrüchte | 396 | 415 | 4,8 |
06 Zucker | 238 | 255 | 7,1 |
65 Textilien, Garne | 102 | 111 | 8,8 |
84 Bekleidung und Accessoires | 665 | 608 | -8,6 |
Quelle: UN Comtrade
Deutschland spielte 2017 mit einem Lieferanteil von 2,7 Prozent (2016: 3,1 Prozent) zwar nur eine bescheidene Rolle, hat damit aber einen höheren Marktanteil als in anderen Ländern südlich der Sahara, von Südafrika einmal abgesehen. Bevorzugte Lieferländer sind auch in Mauritius China und Indien (beide jeweils 16,4 Prozent). Nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes lieferte Deutschland 2017 für 121,7 Millionen Euro Waren nach Mauritius (gegenüber 2015 +37 Prozent). Die deutschen Importe summierten sich auf 64,8 Millionen Euro. Deutschen Firmen kann nur empfohlen werden, den kleinen, aber feinen mauritischen Markt mehr zu beachten, zumal das Geschäftemachen dort sehr viel unkomplizierter und professioneller geht als irgendwo sonst auf dem afrikanischen Festland.
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