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Wirtschaftsumfeld | Namibia | Verhandlungstipps
Namibia ist bekannt als offenes und gastfreundliches Land. Verhandelt wird hart in der Sache, aber fair im Umgang.
22.01.2021
Von Lea Etsebeth (AHK Südliches Afrika) | Johannesburg
In Namibia lässt sich aufgrund der historischen Beziehungen ein deutscher Einfluss weiterhin erkennen. Von 1884 bis 1915 stand Namibia, damals als Deutsch-Südwestafrika, unter deutscher Kolonialherrschaft. Geschäftstätige sollten in dem Zusammenhang das notwendige Fingerspitzengefühl für die Thematik mitbringen und keinesfalls davon ausgehen, dass dadurch die Geschäftspraxis mit der in Deutschland gleichzusetzen ist.
Offizielle Amtssprache ist Englisch, aber im Land werden zusätzlich viele weitere Sprachen wie Oshiwambo, Afrikaans und auch Deutsch gesprochen. Geschäfte mit internationalen Partnern werden meist auf Englisch abgewickelt, der Einsatz eines Übersetzers ist nur selten notwendig. Seit der Unabhängigkeit von Südafrika ist Namibia ein relativ offener Staat, der durch Einwanderer aus anderen Teilen Afrikas, aus Europa und verstärkt auch Asien geprägt ist. Die Integration fremder Kulturen funktioniert generell gut. Namibier sind offene und gastfreundliche Menschen, die bekannt dafür sind, Fremden gegenüber besonders aufgeschlossen zu sein.
Namibier leben und arbeiten vorrangig in relativ kleinen Gemeinschaften, in denen langfristige persönliche Beziehungen eine große Rolle spielen. Es lohnt sich daher auch in der Geschäftswelt, stets angemessen zu grüßen, sich Namen zu merken und auch in schwierigen Situationen die Ruhe zu bewahren. Namibia ist zwar ein säkularer Staat, Religion spielt aber dennoch eine große Rolle. Die Mehrheit der Namibier bekennt sich zum Christentum, Parlamentssitzungen beginnen häufig mit einem Gebet. Wie in vielen afrikanischen Kulturen ist Zeit auch in Namibia ein flexibler Begriff. Beziehungspflege ist wichtiger als die strikte Einhaltung eines Terminplans.
Während sich Frauen oft nur verbal begrüßen, grüßen sich namibische Männer gerne mit dem typischen afrikanischen Handschlag. Es ist auch nicht unüblich, die Hand des Gegenübers während der nachfolgenden Konversation festzuhalten. Auch der Diskretionsabstand ist wesentlich geringer als beispielsweise in Europa. Bei Geschäftsterminen sollten alle Anwesenden persönlich begrüßt werden. Vor dem geschäftlichen Teil wird häufig zunächst Smalltalk über Themen wie Familie, Arbeit oder Sport gehalten. Namibier kommunizieren meist eher indirekt und sind durch einen zu direkten und harten Ton schnell verletzt, auch wenn dies nicht unbedingt gezeigt wird. Harte, aber faire Verhandlungen um Business Deals sind hingegen verbreitet und werden erwartet.
Im Umgang mit namibischen Geschäftspartnern und Behörden ist Geduld gefragt. Bürokratische Prozesse sind langwierig, Vertragsabschlüsse brauchen ihre Zeit und bei Geschäftsterminen ist nie Eile geboten. Strukturen und Entscheidungsprozesse sind hierarchisch. Kontakte und Verbindungen sind oft mehr wert als die Alleinstellungsmerkmale technischer Lösungen oder Lieferzeiten. Networking und Kontaktpflege, vor allem in den politischen Sphären des Landes, sind daher ein wichtiger Teil der Geschäftsstrategie. Gute Kontakte dienen auch der Problemvorsorge. Prominente Fürsprecher können bei der Problemlösung helfen und ein Anruf aus dem Ministerbüro scheinbar festgefahrene Situationen lösen.
Für Namibia spielen Investitionen aus dem Ausland eine wichtige Rolle auf dem Weg zu Wachstum und Wohlstand. Der „Foreign Investment Act“ aus dem Jahr 1993 stellt deshalb ausländische und einheimische Investoren rechtlich gleich. Mit Ausnahme der Nutzung natürlicher Ressourcen haben ausländische Investoren demnach zu allen Investitionsbereichen gleichberechtigten Zugang, ohne dass eine Beteiligung lokaler Partner oder der Regierung erforderlich ist. Die Regierung erwägt seit einiger Zeit allerdings die Einführung eines „New Equitable Economic Empowerment Framework“ (NEEEF) zur Stärkung benachteiligter Bevölkerungsgruppen. Das Gesetz liegt im Entwurf vor, eine offizielle Verabschiedung ist bisher jedoch nicht erfolgt.
Im "Ease of Doing Business Report 2020" der Weltbank liegt Namibia zwar auf einem mäßigen Platz 104 von 190, zählt damit aber zu den Top 10 in Subsahara-Afrika. Relativ unkompliziert verläuft die Vergabe von Krediten (Platz 80) und die Erteilung von Baugenehmigungen (Platz 84). Eine Unternehmensgründung wird allerdings als eher schwieriges Vorhaben eingestuft (Platz 165), ebenso wie die amtliche Eintragung von Grundbesitz oder Immobilien (Platz 173). Durchschnittlich beträgt die Zeit zur Registrierung eines Unternehmens 54 Werktage (verglichen mit durchschnittlich 21,5 Tagen in Subsahara-Afrika). Für das Mindeststartkapital für ein privates Unternehmen gibt es keine gesetzlichen Anforderungen. Der Schwellenwert zur Mehrwertsteuerregistrierung liegt seit Anfang 2016 bei einem Jahresumsatz von 500.000 Namibia-Dollar (N$).
Ausländische Investoren können in Namibia durch die Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen agieren oder durch die Gründung einer Zweigniederlassung vor Ort. Vor Geschäftsaufnahme müssen in jedem Fall ein Gesundheitszeugnis und weitere branchenspezifische Zertifikate vorgelegt werden. Eine Anmeldung ist außerdem bei der Sozialversicherung, der zuständigen Industrie- und Handelskammer und der Steuerbehörde notwendig.
Neben der AHK für das südliche Afrika steht die Wirtschaftsabteilung der Botschaft Namibias deutschen Investoren bei Fragen als Ansprechpartner und Berater zur Verfügung. In jedem Fall ist es ratsam, zu Beginn der Geschäftsaktivitäten das Namibia Investment Centre (NIC) zu konsultieren. Es kann Gespräche mit relevanten Ansprechpartnern aus Ministerien und Regierungsbehörden organisieren sowie zu Investitionsanreizen beraten. Das NIC bietet Investoren Zugang zu Informationen und Services für den Markteinstieg in Namibia aus einer Hand. Für Unternehmensgründungen ist die Business and Intellectual Property Authority (BIPA) zuständig.