Wirtschaftsumfeld | Nigeria | Verhandlungstipps
Nigeria eignet sich nicht für schnelle Geschäfte
Wer sich langfristig auf diesen schwierigen Markt einlässt, hat gute Chancen auf stabile Geschäfte und lohnenswerte Margen.
21.04.2021
Von Delegation der Deutschen Wirtschaft in Nigeria
Vor allem spezialisierte Qualitätsanbieter können sich nachhaltig in Nigeria positionieren. Sicherheitsbedenken, Korruptionsrisiken und beschränkte Rechtssicherheit müssen in der Geschäftsplanung berücksichtigt werden.
Zahlreiche deutsche und europäische Unternehmen sind bereits seit vielen Jahren vor Ort tätig, von deren Erfahrungen Neueinsteiger profitieren können. Viele nigerianische (Groß-)Unternehmen haben umfassende Erfahrung mit ausländischen Geschäftspartnern und sind mit internationalen Gepflogenheiten und Qualitätsanforderungen vertraut.
Der persönliche Kontakt spielt im Geschäftsverkehr eine wichtige Rolle. Daher empfiehlt es sich, für den Markteinstieg einen lokalen Vertreter mit guten Verbindungen zur Geschäftswelt und den Behörden zu suchen. Die Delegation der Deutschen Wirtschaft in Nigeria (AHK Nigeria) ist seit fast 40 Jahren vor Ort etabliert. Das Deutsche Generalkonsulat in Lagos und die Deutsche Botschaft in Abuja unterstützen mit Informationsangeboten. Der „German Desk“ bei der nigerianischen Access Bank, der von der DEG und der AHK Nigeria gestützt wird, berät deutsche Firmen und ihre Geschäftspartner zu Finanzierungslösungen.
Unternehmensgründung
Für die Registrierung eines neuen Unternehmens ist die Nigerian Corporate Affairs Commission (CAC) zuständig und die Registrierung kann online durchgeführt werden. Es ist zu empfehlen, einen nigerianischen Anwalt zu engagieren, den die AHK Nigeria vermitteln kann.
Das nigerianische Unternehmensrecht richtet sich stark nach dem britischen und konzentriert sich im Gesetz „Companies and Allied Matters Act“, das im Jahr 2020 überarbeitet wurde. Die Gründung einer "Limited" ist ohne einheimische Beteiligung und durch eine Einzelperson möglich. Es ist zu empfehlen langfristig nigerianische Partner zu engagieren, um weitere Geschäftsmöglichkeiten nutzen zu können.
Es ist erforderlich mindestens zwei Direktoren zu benennen. Weiterhin benötigt die Firma Wirtschaftsprüfer für den Jahresabschluss und eine:n Buchhalter:in für die Konten. Die Pflicht, so genannte "company secretaries" (in der Regel die Anwälte, über die man die Registrierung durchgeführt hat) zu benennen, wurde 2020 abgeschafft.
Einmal im Jahr muss eine Jahreshauptversammlung ("Annual General Meeting", AGM) abgehalten werden. Seit 2020 dürfen Privatfirmen diese Versammlungen online durchführen. Eine Jahreshauptversammlung kann nicht im Umlaufverfahren abgehalten werden, das heißt Beschlüsse dürfen nicht nur schriftlich zwischen den Beteiligten hin und her geschickt werden.
Steuern
Mit Ausnahmen von Kleinstunternehmen müssen alle Unternehmen, die nicht im Ölsektor agieren, Unternehmenssteuern („company income tax“, CIT) auf ihre Umsätze zahlen. Unternehmen mit Hauptsitz in Nigeria sind dazu verpflichtet sämtliche weltweite Umsätze auszuweisen und zu versteuern, während Unternehmen mit ausländischem Hauptsitz lediglich auf die in Nigeria entstandenen Umsätze Steuern zahlen.
Die Steuerrate liegt hier bei 30 Prozent für Unternehmen, deren Jahresumsatz 100 Millionen Naira (entspricht circa 220.000 Euro) übersteigt, und wird auf die Umsätze des Vorjahres gezahlt. Für kleine und mittelständische Unternehmen im verarbeitenden Industrie sowie gänzlich exportorientierte Unternehmen mit Umsätzen unter 1 Million Naira (rund 5.000 Euro) liegt die Umsatzsteuerrate bei 20 Prozent. Um Unternehmenssteuern abzuführen müssen sich Unternehmen bei der lokalen Steuerbehörde registrieren.
Einfuhrverfahren
Der wichtigste und größte Hafen in Lagos ist grundsätzlich überlastet. Ankommende Schiffe warten oft wochenlang darauf, entladen zu werden. Der Anschlusstransport über Land ist zögerlich und nachfragebedingt sehr teuer. Die Überprüfung der Waren in den nigerianischen Häfen kann zusätzlich mehrere Wochen dauern.
Importeuren wird empfohlen, einen kompetenten Dienstleister (Spediteur oder Steuerberater) mit einzubeziehen und unbedingt korrekte Angaben in Steuer- oder Zollpapieren zu machen. Importregularien können sich kurzfristig ändern. Die Webseite des nigerianischen Zollamtes bietet eine gute Übersicht über die notwendigen Formalitäten.
Anfang 2021 ist die panafrikanische Freihandelszone in Kraft getreten, die Zollbarrieren im afrikanischen Binnenwarenverkehr abbauen soll. Bislang sind für den Warenverkehr von und nach Nigeria keine Fortschritte sichtbar. Im westafrikanischen ECOWAS-Raum wurde die Zollbehandlung einiger Warengruppen harmonisiert.
Das nigerianische Zollamt hat die Einfuhr verschiedener Waren untersagt: Neben diversen Lebensmittelgruppen und Basis-Pharmazeutika ist es untersagt, Seifen und Reinigungsmittel, verpackten Zement sowie Fahrzeuge, welche älter als 15 Jahre sind, einzuführen.
Devisenmarkt
Der Handel mit ausländischen Devisen ist streng geregelt und wird von der nigerianischen Zentralbank überwacht. Devisenhandel ist sowohl grenzüberschreitend als auch im Inland beschränkt. Devisenallokationen für Importgeschäfte werden seit 2020 nur noch zugunsten der Originalhersteller, nicht mehr für Distributoren oder Zwischenhändler, ausgestellt.
Handelt es sich um den Import von Dienstleistungen, muss ein sogenanntes „Form A“ ausgefüllt und über die Geschäftsbank bei der Zentralbank eingereicht werden. Bei Warenimporten ist das sogenannte „Form M“ auszufüllen. Bei Freigabe können nigerianische Kunden dann die zu zahlende Summe direkt von ihren Banken – zum Beispiel von einem Naira-Konto – zum offiziellen Umtauschkurs Naira/Euro (oder US-Dollar) an den ausländischen Lieferanten überweisen.