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Das neuartige Coronavirus hat die Region Nordafrika weiter fest im Griff. Die wirtschaftlichen Folgen sind gravierend.
14.05.2020
Von Friedrich Henle | Berlin
Die Wirtschaftsleistung wird 2020 in den Ländern Nordafrikas deutlich sinken, und das noch stärker als im weltweiten Durchschnitt. Ausnahme bleibt Ägypten, das ein BIP-Wachstum von 2 Prozent erwarten kann. Das prognostiziert der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem Mitte April 2020 erschienenen „World Economic Outlook“. Gegenüber der letzten Ausgabe vom Oktober 2019 wurden die Zahlen deutlich nach unten korrigiert. Alle Länder sollen aber 2021 auf den Wachstumspfad zurückkehren.
2020 (Prognose Oktober 2019) | 2020 (Prognose April 2020) | 2021 (Prognose April 2020) | |
---|---|---|---|
Welt | 3,4 | -3,0 | 5,8 |
Ägypten | 5,9 | 2,0 | 2,8 |
Algerien | 2,4 | -5,2 | 6,2 |
Marokko | 3,7 | -3,7 | 4,8 |
Tunesien | 2,4 | -4,3 | 4,1 |
Seit Mitte März versuchen die Regierungen mit drastischen Maßnahmen, die Ausbreitung von Covid-19 einzudämmen. Die wirtschaftliche Aktivität ist dadurch erheblich eingeschränkt. Hinzu kommt das schwierige internationale Umfeld mit wegbrechenden Exportmärkten sowie Probleme bei den internationalen Lieferketten. Nach rund zwei Monaten Lockdown erfolgen nun erste vorsichtige Öffnungen. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen dürften jedoch länger zu spüren sein.
Gleichwohl bestehen große Unterschiede zwischen den Ländern Nordafrikas, sowohl bei den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, als auch bei den wirtschaftlichen Folgen. Marokko, Tunesien und Ägypten trifft unter anderem der abrupte Ausfall des Tourismus hart. Alle drei Länder nehmen jedoch Unterstützung von internationalen Geberinstitutionen wie dem IWF in Anspruch, unter anderem um Hilfspakete für Haushalte und Unternehmen zu schnüren. Ägypten sticht mit dem umfangreichsten Paket hervor, das rund 3 Prozent des nationalen BIP ausmacht. Algerien als Öl- und Gasexporteur leidet insbesondere unter dem starken Rückgang des Ölpreises. Die Regierung versucht, mit einer drastischen Kürzung des laufenden Haushalts um 50 Prozent gegenzusteuern. Externe Hilfen lehnt es bislang ab.
Die Unsicherheiten machen sich auch dahingehend bemerkbar, dass die Vorhersagen zur Entwicklung des BIP der Regierungen, Wirtschaftsinstitute und internationalen Organisationen mitunter stark voneinander abweichen. Gita Gopinath, Economic Counselor und Director des IWF-Research Departments erklärte in der Pressekonferenz zum jüngsten „World Economic Outlook“: „Es besteht immer noch beträchtliche Unsicherheit darüber, wie die wirtschaftliche Landschaft aussehen wird, wenn wir aus diesem Lockdown herauskommen.“ Die jetzt veröffentlichten Zahlen basierten auf der Annahme, dass die Pandemie und die Beschränkungen im zweiten Quartal ihren Höhepunkt erreichten und in der zweiten Jahreshälfte 2020 zurückgingen. Es bestünden jedoch weltweit Risiken, die einen noch stärkeren Einbruch der Wirtschaftsleistung hervorrufen könnten.