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Bericht Wirtschaftsumfeld Russland Außenhandel, Struktur
Moskau (GTAI) - Russland will unabhängiger von Öl- und Gasexporten werden. Doch noch sorgen Rohstoffe für große Handelsüberschüsse. China hat Deutschland als wichtigsten Handelspartner abgelöst.
02.08.2019
Russlands Außenhandel hat in den letzten Jahren ein kräftiges Auf und Ab erlebt. Im Zuge der Sanktion der Europäischen Union (EU) und der USA ist der Warenaustausch des Landes zwischen 2014 und 2016 um fast die Hälfte eingebrochen. Negativ ausgewirkt haben sich zudem die gesunkenen Preise für die wichtigsten Exportgüter Öl und Gas.
Seit 2017 erholt sich der Warenverkehr mit dem Ausland wieder. Der Handelsüberschuss hat inzwischen fast das Vorkrisenniveau erreicht und lag 2018 bei über 211 Milliarden US-Dollar (US$). Dazu trägt auch der schwache Rubel bei: Er verteuert die Importe und macht Russlands Exporte billiger.
2013 | 2018 | Veränderung 2018/2013 in % | |
Importe | 315,0 | 240,2 | -23,8 |
Exporte | 527,3 | 451,5 | -14,4 |
Handelsbilanzsaldo | 212,3 | 211,3 | - |
Quelle: UN Comtrade
China hat seine Bedeutung als Russlands wichtigster Handelspartner in den letzten fünf Jahren deutlich ausgebaut, während Deutschlands Führungsposition in weite Ferne gerückt ist. Ursächlich hierfür waren die EU- und US-Sanktionen sowie das russische Embargo für westliche Lebensmittel. Außerdem profitieren chinesische Hersteller davon, dass sie ihre Produkte günstiger anbieten und damit in Zeiten knapper Finanzen bei russischen Kunden punkten können. Umgekehrt hat Russland seine Rohstofflieferungen in die Volksrepublik dank neuer Pipelines ausgeweitet.
Eine überaus positive Entwicklung hat auch Belarus vollzogen. Das Land ist über die Eurasische Wirtschaftsunion mit Russland verbunden und war 2018 der drittwichtigste Lieferant mit einem Wertvolumen von fast 13 Milliarden US$. Belarus profitiert vom russischen Importverbot für europäische Lebensmittel. Die Ukraine hingegen zählt angesichts des Konflikts mit Russland nicht mehr zu den fünf größten Lieferländern.
Der Aufstieg Chinas darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die EU insgesamt Moskaus bedeutendster Handelspartner bleibt. So kamen 2018 über 37 Prozent der russischen Einfuhren aus den 28 Mitgliedsländern der EU. Deutschland, Italien, Frankreich, Polen und das Vereinigte Königreich haben zusammen mehr Waren geliefert als China.
Als Absatzmarkt ist die EU unbestritten die wichtigste Zielregion für russische Produkte. Das Land lieferte 2018 Waren für über 205 Milliarden US$ auf den EU-Binnenmarkt, was einem Anteil von 45 Prozent aller Exporte entsprach.
Als rohstoffreiches Land mit großem Energiebedarf und weiten Wegen braucht Russland viel Technologie zur Förderung von Öl und Gas, zur Verarbeitung, zum Transport, zur Stromerzeugung und zum Ausbau der Infrastruktur. Maschinen und Ausrüstungen sind daher die wichtigste Warengruppe beim Import. Allerdings ist ihr Anteil an den Gesamteinfuhren in den letzten fünf Jahren um knapp zwei Prozentpunkte gesunken.
Dazu beigetragen hat die Politik der Importsubstitution, die auch den einheimischen Maschinenbau unterstützt. Moskau versucht, mehr Ausrüstungen wie Werkzeugmaschinen, Fördertechnik und Baufahrzeuge lokal herstellen zu lassen und erhöht die Hürden für Importe. Außerdem führt die schwache Dynamik bei den Anlageinvestitionen dazu, dass Russland tendenziell weniger Maschinen nachfragt.
Um gleich drei Prozentpunkte gefallen ist der Anteil von Straßenfahrzeugen am Importvolumen. Vor der Krise waren sie nach Maschinen das zweitwichtigste Einfuhrgut. Die schwächelnde Kaufkraft und neue Herstellungskapazitäten in Russland haben das geändert. Inzwischen entfällt nur noch knapp ein Zehntel der Importe auf Autos, Busse und Lkw.
Auch bei Nahrungsmitteln gehen die Importe angesichts der Lokalisierungsbestrebungen zurück. Seit 2013 ist ihr Anteil um fast zwei Prozentpunkte auf 9,1 Prozent der Gesamteinfuhren gesunken. Im Windschatten des Embargos für westliche Lebensmittel konnten die russischen Hersteller Marktanteile gewinnen.
Dagegen haben Importpositionen wie Elektronik oder chemische Erzeugnisse in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Ihr Anteil an den Gesamteinfuhren ist in den vergangenen fünf Jahren um fast 3 bzw. 1,5 Prozentpunkte gestiegen. Die Digitalisierung des Landes gehört zu den "Nationalen Projekten", und die hohe Affinität der Bevölkerung für neue Technologien kurbelt die Nachfrage nach elektronischen Geräten an.
Warengruppe | SITC-Code *) | 2013 | 2018 |
Gesamt | 315,0 | 240,2 | |
Maschinen | 71-74 | 53,1 | 36,4 |
Chemische Erzeugnisse | 5 | 40,2 | 34,5 |
Vorerzeugnisse | 6 | 40,2 | 30,3 |
Fertigerzeugnisse | 8 | 38,4 | 28,9 |
Elektronik | 75, 76, 776 | 22,2 | 23,8 |
Straßenfahrzeuge | 78 | 39,6 | 23,2 |
Nahrungsmittel/lebende Tiere | 0 | 34,4 | 21,9 |
Elektrotechnik | 77 minus 776 | 17,1 | 13,9 |
Rohstoffe | 2 | 8,8 | 9,4 |
Schienen-, Wasser-, Luftfahrzeuge | 79 | 9,5 | 8,3 |
Getränke/Tabak | 1 | 4,7 | 3,7 |
Sonstiges | 9 | 1,7 | 2,7 |
Mineralische Brennstoffe | 3 | 3,6 | 2,1 |
Tierische/pflanzliche Öle | 4 | 1,5 | 1,3 |
*) das Internationale Warenverzeichnis für den Außenhandel (Standard International Trade Classification) können Sie auf der Seite des Statistischen Bundesamtes herunterladen: http://www.destatis.de/DE/Methoden/Klassifikationen/Aussenhandel/InternationalesWarenverzeichnis.html
Quelle: UN Comtrade
Russlands Regierung hat das Ziel ausgegeben, den Anteil der Rohstoffe an den Gesamtexporten zu verringern. Ab 2024 will das Land stattdessen andere Produktgruppen für 250 Milliarden US$ ins Ausland verkaufen. Das wäre eine Verdoppelung gegenüber dem aktuellen Stand.
Zwar dominieren Brennstoffe wie Öl und Gas nach wie vor die Ausfuhrstatistik, doch ihr Anteil hat sich zwischen 2013 und 2018 deutlich verringert. Das hängt einerseits mit den gesunkenen Rohstoffpreisen zusammen. Andererseits haben Exportgüter wie Vorerzeugnisse, chemische Erzeugnisse und Nahrungsmittel an Bedeutung gewonnen.
Mit Hilfe des Russischen Exportzentrums sollen die einheimischen Unternehmen ihre Exportbemühungen verstärken. Ausländische Investoren nutzen ihre Kapazitäten schon jetzt, um von Russland aus westeuropäische Märkte zu beliefern. Die günstigen Standortkosten und der schwache Rubel unterstützen diese Entwicklung. Absatzchancen im Ausland haben vor allem Fahrzeuge, Kfz-Teile, chemische Erzeugnisse, Baumaterialien und Maschinen.
Warengruppe | SITC-Code | 2013 | 2018 |
Gesamt | 527,3 | 451,5 | |
Mineralische Brennstoffe | 3 | 372,0 | 237,9 |
Sonstiges | 9 | 18,8 | 64,4 |
Vorerzeugnisse | 6 | 53,8 | 59,6 |
Chemische Erzeugnisse | 5 | 23,6 | 22,1 |
Nahrungsmittel/lebende Tiere | 0 | 12,5 | 20,4 |
Rohstoffe | 2 | 16,2 | 18,1 |
Maschinen | 71-74 | 8,7 | 8,7 |
Fertigerzeugnisse | 8 | 5,9 | 4,9 |
Schienen-, Wasser-, Luftfahrzeuge | 79 | 4,0 | 3,6 |
Straßenfahrzeuge | 78 | 3,5 | 3,1 |
Elektrotechnik | 77 minus 776 | 2,7 | 3,1 |
Tierische/pflanzliche Öle | 4 | 2,0 | 2,5 |
Elektronik | 75, 76, 776 | 2,4 | 2,1 |
Getränke/Tabak | 1 | 1,3 | 1,0 |
Quelle: UN Comtrade
Weitere Informationen zu Wirtschaftslage, Branchen, Geschäftspraxis, Recht, Zoll und Ausschreibungen in Russland sind unter http://www.gtai.de/russland erhältlich.