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Kiew (GTAI) - Der IWF und die ukrainische Regierung haben sich auf ein neues Hilfsprogramm geeinigt. Die drohende Währungskrise dürfte damit abgewendet sein.
24.10.2018
Eine gute Nachricht für die ukrainische Wirtschaft: Nach langen Verzögerungen haben sich der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Regierung in Kiew auf ein neues Hilfsprogramm geeinigt. Wie der IWF am 19. Oktober 2018 bekannt gab, soll das im März 2019 auslaufende Programm der Erweiterten Fondsfazilität (Extended Fund Facility; EFF) durch ein Beistandsprogramm (Stand-By Arrangement; SBA) ersetzt werden.
Das EFF-Programm läuft seit März 2015 und umfasst ein Volumen von 17,5 Milliarden US-Dollar (US$). Hiervon hat die Ukraine bislang aber erst 8,5 Milliarden US$ erhalten, weil vereinbarte Reformen nicht umgesetzt wurden. Die letzte Tranche ist im April 2017 geflossen.
Das neue Programm hat eine Laufzeit von 14 Monaten und umfasst ein Volumen von 3,9 Milliarden US-Dollar (US$). Bevor das Paket in Kraft tritt, muss es noch vom IWF-Direktorium bewilligt werden. Der Pressemitteilung des IWF zufolge kann dies geschehen, sobald die ukrainische Regierung den Haushalt für 2019 verabschiedet. Dieser müsse den Empfehlungen des IWF entsprechen und einen Anstieg der Gaspreise und Heiztarife für die privaten Haushalte enthalten, der den Marktentwicklungen gerecht werde und sozial abgefedert sei.
Laut IWF wurde das SBA in enger Zusammenarbeit mit der EU und der Weltbank erstellt, die die Ukraine ebenfalls finanziell unterstützen. Mit der Einigung mit dem IWF wird der Weg frei für die Vergabe von bereits vereinbarten Krediten seitens der EU und der Weltbank in Höhe von rund 2 Milliarden US$.
Die Einigung mit dem IWF kommt in einer Zeit, in der hohe Rückzahlungen von Auslandsschulden fällig werden, die die Ukraine angesichts knapper Währungsreserven und schwieriger werdender Bedingungen an den Weltfinanzmärkten kaum stemmen könnte. Erschwert wird die Lage durch die politische Unsicherheit in Zusammenhang mit dem Wahljahr 2019. Laut IWF schafft das neue Programm einen "Anker für die Wirtschaftspolitik der Behörden im Jahr 2019". Angestrebte Ziele des SBA seien eine weitere Haushaltskonsolidierung, die Verringerung der Inflation und Reformen zur Stärkung der Steuerbehörden sowie des Finanz- und Energiesektors.
Die IWF-Meldung wurde veröffentlicht, nachdem die ukrainische Regierung am 18. Oktober 2018 den Haushalt für 2019 in erster Lesung angenommen und am 19. Oktober 2018 einen Anstieg der Gaspreise verkündet hatte. Demnach wird der Gaspreis für private Verbraucher zum 1. November 2018 um 23,5 Prozent auf 8.550 Hrywnja (UAH) je 1.000 Kubikmeter angehoben. Umgerechnet entspricht dies einem Betrag von 305 US$ (Wechselkurs der Nationalbank vom 19. Oktober 2018: 1 US$ = 28,04 UAH).
Damit entspricht der Gaspreis für private Verbraucher noch immer nicht dem Marktniveau. Industriekunden zahlen für 1.000 Kubikmeter aktuell rund 400 US$. Der IWF fordert bereits seit langem eine Angleichung der Gaspreise, da die Preisunterschiede für korrupte Machenschaften genutzt werden. Die Einführung von Marktpreisen für Erdgas war bereits Bestandteil früherer IWF-Programme, wurde aber nicht umgesetzt.
Auch diesmal hatte die ukrainische Regierung lange vor dem mit dem IWF vereinbarten, aber unpopulären Schritt zurückgeschreckt - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der 2019 anstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen. In drastischen Worten begründete sie nun ihr Einlenken. Die Anhebung sei ein zwingend notwendiger Schritt. Ohne die Unterstützung des IWF hätten dem Land die Zahlungsunfähigkeit und eine Rückkehr zu chaotischen Verhältnissen wie in den 90-er Jahren gedroht. In den kommenden fünf Jahren muss die Ukraine Schulden in Höhe von über 30 Milliarden US$ zurückzahlen.
Bei der Anhebung der Gaspreise um 23,5 Prozent ist der Regierung nach eigener Aussage ein Kompromiss gelungen. Eine sofortige Anhebung der Preise auf Marktniveau hätte einen Anstieg um 60 Prozent bedeutet, den die Verbraucher nach Einschätzung der Regierung nicht hätten tragen können. Ein großer Teil der ukrainischen Bevölkerung erhält Subventionen für Gas und Fernwärme. In den vergangenen Monaten hat die Regierung Schritte unternommen, die Subventionen zielgerichteter einzusetzen und Missbrauch zu verringern.
Ab 2019 erfolgt zudem eine Umstellung des Subventionssystems. Statt der vergünstigten Bereitstellung einer bestimmten Menge an Erdgas oder Fernwärme werden den berechtigten Haushalten die Subventionen monetär ausgezahlt - unabhängig davon, ob sie die gesamte Menge verbrauchen. Dies soll ein energiesparendes Verhalten fördern. Zusätzlich hat die Regierung am 19. Oktober 2018 beschlossen, weitere rund 3,6 Millionen US$ für das Programm "Warme Kredite" (ukrainisch: Tepli kredyty) bereitzustellen, mit dem Investitionen in Energieeffizienz der Haushalte gefördert werden.
Weitere Informationen zu Wirtschaftslage, Branchen, Geschäftspraxis, Recht, Zoll und Ausschreibungen in der Ukraine sind unter http://www.gtai.de/ukraine abrufbar.