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Branchen | Tschechische Republik | E-Commerce

Corona als Trendbeschleuniger im Onlinehandel

Mit dem E-Commerce boomen in Tschechien die verbundenen Dienstleistungen und Start-ups. Es geht dabei um Zahlungsformen, Finanzierung, Produktdatenanalyse oder Zustellung.

Von Miriam Neubert | Prag

Die Nachfrage nach Onlineläden ist durch Corona ruckartig gestiegen, da die Restriktionen viele Unternehmer zwangen, ihr Geschäftsmodell zu verändern. Plötzlich mussten auch Restaurants, Konditoreien oder Reinigungen aktiv über das Internet mit ihren Kunden arbeiten. Allein Lösungsanbieter Shoptet hat mit seinen Tools 2020 fast 5.000 neuen E-Shops zum Start verholfen.

Geht es nach dem Preisvergleichsportal Heureka, gibt es circa 46.000 Onlineläden in Tschechien. Heureka verwandelt gegenwärtig sein Geschäft in neun mittel- und osteuropäischen Ländern in den größten Online-Marktplatz dieser Region. Um sich technologisch aufzurüsten, kaufte der Onlinedienstleister im März 2021 die in Brno ansässige Start-up-Firma Dataweps. Diese konzentriert sich auf Instrumente für Produktdatenanalyse und Prozessautomatisierung für E-Shops.

Alternative Finanzierung dank Algorithmus

Es ist schon an sich eine Herausforderung, wenn ein Geschäft, das 20 Jahre lang analog gut lief, seine Prozesse digital ausrichten muss. Erst recht, wenn in einer Krise wie bei Corona Veränderungszwang, Zeitdruck und Einnahmeausfälle zusammenkommen und die Banken vorsichtig sind oder zu lange brauchen.

Mit einem intelligenten Bewertungssystem verspricht Lemonero frischen Saft in Form alternativer Finanzierung ins Geschäft zu bringen. Das junge tschechische Start-up hat bereits die E-Shop-Strategien von über 100 Kunden mit Darlehen von insgesamt 30 Millionen Tschechischen Kronen (umgerechnet 1,1 Millionen Euro) finanziert. Bei Risikoabwägung und Entwicklungsprognose stützt sich die Firma auf Echtzeitdaten in Verbindung mit einem Algorithmus und künstlicher Intelligenz. Ihre Software prüft den antragstellenden E-Shop, seine Lagerhaltung, Marketingstrategie, Geschäftsaussichten. „Auf diese Weise können wir auch erst wenige Monate alten E-Shops Finanzierung anbieten“, erklärte Jan Laštůvka auf dem von der Wirtschaftszeitung E15 unterstützten virtuellen "International E-Commerce Summit 2021" in Prag. Auf ihn und seinen Mitgründer Luboš Malík geht auch Monkeydata zurück, ein Datenverarbeiter für Onlineläden.  

Automatische Paketboxen im Trend 

Um die Infektionsgefahr zu senken, sind kontaktlose Zahlungsformen üblich geworden. Immer mehr Kunden bestellen über das Smartphone, werden immer häufiger Onlinezahlungen getätigt. Die bislang beliebte Barzahlung bei Nachnahme geht zurück. Vermehrt nutzen Kunden Angebote, die ihre Zahlung strecken, wie es etwa die Applikation Twisto ermöglicht. Im Coronajahr 2020 sind in Tschechien und Polen die Zahl der E-Shops, die Twisto Pay anbieten, um ein Drittel auf 2.400 angestiegen. Das Start-up schloss jüngst eine Serie-B-Investitionsrunde von über 21 Millionen Euro.

Flexibilität bei der Zustellung ist Teil des Online-Geschäftserfolgs. Statt sich die Sendungen in einem mehrere Stunden breiten Zeitfenster ins Haus bringen zu lassen, optieren die tschechischen Kunden zunehmend dafür, ihre Waren selbst an Ausgabepunkten oder per App aus automatischen Boxen abzuholen. Diese Boxenwände sprießen an frequentierten Punkten wie Tankstellen, Supermärkten oder Postfilialen aus dem Boden. An der Spitze stehen die größten Onlinehändler Alza.cz und Mall.cz. In die automatische Ausgabe investiert verstärkt auch Versanddienstleister Zásilkovna, der mit rund 30.000 E-Shops zusammenarbeitet und seine Boxen mit Solarenergie betreibt. Erste Ausgabeboxen für ihr Onlinegeschäft eröffnete im April 2021 zudem die tschechische Lebensmittelhandelskette Coop.   

Umweltfreundlicherer Transport gesucht

Im Online-Fahrwasser wächst ganz real der Takt der Paketzustellung. Diese Transporte belasten Klima und Innenstädte zusätzlich. Konzept des Logistik-Start-ups DoDo ist es, in Echtzeit Dutzende von Parametern auszuwerten und daraus effizientere Auslieferungsprozesse abzuleiten. Mit einer erdgasbetriebenen Fahrzeugflotte wird die Auslieferung zugleich umweltfreundlicher. Speziell Onlinehändlern bietet die Firma für die letzte teure Zuliefermeile Lösungen an. Im Jahr 2020 hat die Beratungsgesellschaft Deloitte DoDo als das am schnellsten wachsenden Technologieunternehmen in Tschechien gewählt. Die datengetriebene Firma verzeichnete einen Umsatzzuwachs von über 8.000 Prozent.

Künstliche Intelligenz hilft bei der Vorhersage

Daten sind der Rohstoff der Prognostik. Vorher zu wissen, was ein Kunde kaufen wird, reduziert die Menge zu entsorgender Lebensmittel, verhindert Ladenhüter, optimiert den Vertrieb, senkt Lager- und Entsorgungskosten. Große Onlinehändler und stationäre Einzelhändler arbeiten bereits mit der Absatzvorhersage durch künstliche Intelligenz oder sie investieren in das Feld.

Zu den Anbietern gehört der 2012 gegründete Tech-Start-up Samba.ai, der sich auf die Personalisierung und Automatisierung im E-Commerce spezialisiert. Er fand 2021 neue Kunden in Gestalt der Drogeriekette Teta und des Sportausstatters SportObchod, der ins Ausland expandieren will. Auch Heureka und Košík gehören zu den Klienten.

Samba will sich zudem stärker um mittlere und kleine Läden bemühen, bei denen sich oft nur eine Person um das Marketing kümmert, häufig der Besitzer selbst. Ziel ist es, für solche E-Shops eine Plattform zu erstellen, bei der sich Analytik und die Marketingkampagne mit ein paar Klicks einrichten lassen. Mittels künstlicher Intelligenz soll das Instrument die Kampagne selbst auswerten, optimieren und weitere vorschlagen, die es anhand des Verhaltens der Kunden entwirft.

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