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Wirtschaftsumfeld | Iran | Coronakrise | Konjunktur

Coronakrise hält an, aber die Wirtschaft wächst

In Iran flaut die Coronakrise ab, aber die Neuinfektionen liegen noch auf hohem Niveau. Die Impfquote ist weiterhin niedrig. Der Öl- und Gassektor sichert das Wirtschaftswachstum.

Von Robert Espey | Dubai

Iran meldet ein deutliches Nachlassen der fünften und bisher heftigsten Coronawelle. Zwischen Mitte Juni und Mitte August 2021 war die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner (84 Millionen Einwohner) von etwa 80 auf über 330 angestiegen. Aktuell (Stand: 03. Oktober) liegt der Wert bei 108.

Den offiziellen Daten zufolge haben sich seit Beginn der Epidemie insgesamt 5,6 Millionen Personen infiziert, mehr als 121.000 sind an oder mit Corona gestorben. Die Zahl der im 7-Tagesdurchschnitt täglich Verstorbenen erreichte Ende August mit 644 einen Höchststand und ist zwischenzeitlich auf 250 gesunken. Auch Regierungsvertreter gehen davon aus, dass die offizielle Statistik das Ausmaß der Coronaepidemie nur sehr unvollständig erfasst.

Impfkampagne soll beschleunigt werden

Anlässlich des Beginns des neuen Schuljahres, das für die meisten Schüler vorerst weiterhin Distanzunterricht bedeutet, erklärte Präsident Ebrahim Raisi am 25. September, bald seien 70 Prozent der Bevölkerung geimpft. Diese Ankündigung steht allerdings in starken Gegensatz zur aktuellen Lage. Gemäß den Angaben des Gesundheitsministeriums wurden bislang (Stand: 03. Oktober) rund 57,7 Millionen Dosen verabreicht, nur etwa 20 Prozent der Bevölkerung (16,7 Millionen) sind vollständig geimpft.

Der Großteil der verabreichten Coronavakzine entfällt auf den chinesischen Impfstoff Sinopharm, dessen Wirkungsgrad aber zweifelhaft ist. Es folgt AstraZeneca, das unter anderem aus Indien und Korea (Rep.) im Rahmen des internationalen COVAX-Programms sowie aus Russland (Hersteller: R-Pharm) importiert wird. Als andere ausländische Impfstoffe sind in relativ geringen Mengen Sputnik V (Russland) und Bharat Biotech (Covaxin; Indien) im Einsatz.

Seit Juni 2021 wird auch ein lokal hergestellter Impfstoff (COVIran Barakat) verwendet. Hinter dieser Entwicklung steht eine Organisation unter Kontrolle des Revolutionsführers, das Executive Headquarters of Imam's Directive (Setad). Der Barakat-Impfstoff wird von der zur Setad gehörenden Barkat Pharmaceutical Group beziehungsweise einem Tochterunternehmen, der Shifa Pharmed Industrial Group, produziert.

Unklar ist, in welchen Mengen Barakat bislang verimpft worden ist. Nach Setad-Angaben hatte das Gesundheitsministerium bis Mitte September 5,2 Millionen Dosen erhalten. Im September wurde eine zweite Barakat-Produktionslinie in Betrieb genommen, eine dritte ist im Bau, so Setad. An weiteren lokalen Vakzinen wird gearbeitet.

Zwischenzeitlich hat Iran Importverbote für westliche Impfstoffe aufgehoben. Am 10. August erklärte Irans Zulassungsbehörde (Food and Drug Administration), alle von der World Health Organization (WHO) zugelassenen Impfstoffe könnten nun in Iran eingesetzt werde, soweit die Vakzine nicht aus Produktionsstätten in den USA oder dem Vereinigten Königreich stammen. Zuvor hatte Revolutionsführer Khamenei amerikanische und britische Impfstoffe als Bedrohung eingestuft und die Einfuhr untersagt.

Einreise bald auch wieder für Touristen

Trotz des schweren Epidemieverlaufs hat sich Iran bei Coronarestriktionen für das öffentliche Leben und die Wirtschaft zurückhaltend gezeigt. Die Stabilisierung der ohnehin durch die US-Sanktionen stark geschwächten Wirtschaft hat Vorrang. Eine Einreise von Ausländern zu touristischen Zwecken war allerdings seit Pandemiebeginn untersagt, Geschäftsreisen sind aber immer möglich gewesen.

Der neue Tourismusminister, Ezzatollah Zarghami, hat angekündigt, ab Oktober/November ausländischen Tourismus wieder zuzulassen. Ein genauer Starttermin und die Modalitäten sind aber noch nicht bekannt. Die "Iranian Tour Operators Association" erwartet allerdings nach einer Öffnung der Grenzen für Touristen zunächst keinen großen Besucherstrom.

Gegenwärtig ist bei (nicht-touristischer) Einreise ein negativer PCR-Test vorzulegen, der nicht älter als 96 Stunden sein darf. Für Geimpfte und Genesene gibt es bislang weder bei der Einreise noch im Land Privilegien. Nach einer Unterbrechung von 15 Monaten bietet Lufthansa seit April wieder die Verbindung Teheran-Frankfurt an, seit September sogar täglich. Austrian Airline fliegt von Wien nach Teheran.

Öl- und Gassektor sichert Wirtschaftswachstum

Vor allem eine Ausweitung der Öl- und Gasproduktion haben Iran im Coronajahr 2020/2021 (iranisches Jahr 1399: 21. März bis 20. März) zu Wirtschaftswachstum verholfen. Das Statistikamt weist ein realen (preisbereinigten) Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,0 Prozent aus, die Zentralbank sogar ein Plus von 3,4 Prozent.

Die US-Sanktionen hatten Irans Ölausfuhren und als Folge auch die Ölproduktion stark einbrechen lassen. Nach Abwahl von US-Präsident Donald Trump im November 2020 konnte Iran seine Ölexporte -trotz noch nicht gelockerter US-Sanktionen- wieder ausweiten, insbesondere nach China.

Eine Rückkehr zum Exportniveau vor der im November 2018 erfolgten Reaktivierung der US-Sanktionen erfordert allerdings eine Lockerung derselben. Dazu wäre jedoch eine Einigung bei den derzeit pausierenden Wiener Gesprächen über das iranische Atomprogramm notwendig.

Für das 1. Quartal 2021/2022 (21. März bis 20. Juni) meldet die Zentralbank einen BIP-Anstieg gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal um 6,2 Prozent. Die positive Entwicklung ist allerdings nicht nur auf eine Besserung im Öl- und Gassektor zurückzuführen. Im Vergleichsquartal des Vorjahres war in Iran der Corona bedingte Einbruch der Wirtschaftsleistung am stärksten. Ohne den Öl- und Gassektor betrug das BIP-Plus im 1. Quartal 2021/2022 rund 4,7 Prozent.

Verzögerungen bei Sanktionslockerung verschlechtern Wachstumsperspektiven

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Wachstumsprognosen für 2021/2022, die von einer zügigen Lockerung der US-Sanktionen ausgingen, müssen jetzt nach unten korrigiert werden. Mit einer kräftigen Steigerung des Ölexports kann nun erst im letzten Quartal 2021/22 (21. Dezember bis 20. März) gerechnet werden. Die Economist Intelligence Unit (EIU) hatte noch im Juli für 2021/2022 einen BIP-Anstieg um 4,3 Prozent prognostiziert, jetzt sind es 2,0 Prozent.

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