Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Sule Pagoda in Yangon, Myanmar | © © GettyImages/Phung Huynh Vu Qui

Special | ASEAN | Konnektivität

Die ASEAN macht kleine Schritte zur wirtschaftlichen Integration

Der Master Plan on ASEAN Connectivity 2025 soll die zehn Länder des Staatenbundes infrastrukturell enger aneinander binden. Von Großprojekten profitiert immer öfter China.

Von Frank Malerius | Jakarta

Der südostasiatische Staatenbund Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) hat sich der wirtschaftlichen Integration verschrieben. Grundlage ist der Masterplan on ASEAN Connectivity 2025 (MPAC 2025), der 2016 in der laotischen Hauptstadt Vientiane verabschiedet wurde. Kernpunkte sind die physische Konnektivität (Infrastruktur, Kommunikationsnetze), die institutionelle Konnektivität (Handel, Investitionen) sowie die soziale Konnektivität (Bildungsaustausch, Tourismus).

Ziel der Initiative ist die wirtschaftliche Entwicklung. Dem MPAC 2025 zufolge könnten Verbesserungen der grenzübergreifenden Logistik die Wirtschaftsleistung der Region um 0,05 Prozent steigern. Der Ausbau nachhaltiger Infrastruktur soll den Städten in der ASEAN-Region bis 2025 bis zu 50 Milliarden US-Dollar (US$) einsparen. Und der Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse könnte die Preise landwirtschaftlicher Produkte um bis zu 4 Prozent senken.

Konnektivitätsinitiativen der ASEAN bis 2025
Konnektivitätsinitiativen der ASEAN bis 2025 | © Germany Trade & Invest

Schwerpunkt ist der Ausbau der Infrastruktur. Hier sieht der MPAC 2025 einen jährlichen Bedarf von 110 Milliarden US$. Zu den priorisierten Projekten gehören unter anderem die Schaffung eines ASEAN Highway Networks oder länderübergreifende Breitbandverbindungen. Andere Vorhaben sind auf die Verbindung zum mit Abstand wichtigsten Handelspartner der ASEAN − China − gerichtet, wie die erst in Teilen bestehende Bahnverbindung zwischen Singapur und Kunming in der chinesischen Provinz Yunnan. Die Strecken führen durch alle sieben Länder des südostasiatischen Festlandes.

Erste konkrete Infrastrukturprojekte des MPAC 2025 sind seit Ende 2019 in einem Booklet auf der ASEAN-Hompage aufgelistet. Eine umfassende und öffentlich zugängliche Datenbank aller Projekte, die als relevant für die Konnektivität der Region angesehen werden, soll zu einem späteren Zeitpunkt geschaffen werden. Sie soll auch Informationen zu Finanzierungsoptionen jenseits privater Investitionen beinhalten.

Schleppender Fortschritt

Der MPAC 2025 bildet den technischen Rahmen für tausende Einzelmaßnahmen zur Konnektivität. Zu den zahlreichen Hürden für die Umsetzung von Projekten gehören unter anderem der Zugang zu Kapital, Uneinigkeiten bei der Priorisierung oder regulatorische Defizite. Hinzu kommt durch die Coronakrise jetzt auch noch in allen Ländern eine angespannte Haushaltslage. Viele geplante Projekte dürften dabei auf der Strecke bleiben.

Der im Krisenjahr 2020 erstellte Midterm-Review des MPAC 2025 hat die Maßnahmen in 15 Initiativfelder unterteilt und sieht insgesamt gute Fortschritte, erklärt dabei aber die meisten als "laufend" oder noch "nicht begonnen". Der tatsächliche Fortschritt der Konnektivitätsstrategie lässt sich daraus nicht ablesen. Planungen scheinen unverbindlich: So wurden 52 laufende oder noch gar nicht begonnene Projekte des Vorgängerplans MPAC 2010 in den MPAC 2025 übernommen. 

Finanzierungsinstitutionen für den Infrastrukturausbau
  • Asia Bond Fund (ABF)
  • Asian Bond Market Initiative (ABMI)
  • ASEAN Infrastructure Fund (AIF)
  • Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB)
  • New Development Bank (NDB)
  • Partnership for Quality Infrastructure (PQI)

Deutsche Rolle als Technologiezulieferer und Planer

Wer führt infrastrukturelle Großprojekte in den ASEAN-Ländern durch? Technisch einfachere Vorhaben werden von einheimischen Baufirmen erledigt, anspruchsvollere vielfach von japanischen Konsortien, wie etwa der U-Bahn-Bau in Jakarta. Aber chinesische Unternehmen drängen immer aggressiver in den Markt, und das längst nicht nur im Bahn- oder Straßenbau, sondern auch massiv im Energie- und Telekommunikationssektor. 

Sie haben sich beispielsweise mit dem Bau der ersten Schnellbahnlinie zwischen Jakarta und Bandung in Indonesien sowie dem East Coast Rail Link (ECRL) in Malaysia milliardenschwere Megaprojekte gesichert. Ihr besonderer Vorteil: Sie bieten − genauso wie japanische Konsortien − staatlich abgesicherte Finanzierungskonditionen, die auf dem freien Markt nicht annähernd so zu bekommen sind. Japanisch und chinesisch geführte Projekte lassen oftmals nur wenig Raum für andere ausländische Zulieferer. 

Mangels eines deutschen Generalunternehmers kommen deutsche Unternehmen bei Bauprojekten in den ASEAN-Ländern vor allem als Zulieferer von Spezialtechnologie zum Zuge. Bei gängigen Baumaschinen sind China und Japan die wichtigsten Lieferanten. Im Bereich Planung und Consulting bestehen jedoch immer wieder Geschäftschancen für deutsche und europäische Unternehmen.

Wirtschaftliche und kulturelle Gräben

Die wirtschaftliche Integration der ASEAN-Staaten ist im Vergleich zu der anderer Wirtschaftsräume gering. Hauptgrund ist der unterschiedliche Entwicklungsstand der Mitgliedsländer. So hat Singapur die 50-fache Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung von Myanmar. Unter diesen Voraussetzungen sind supranationale ASEAN-Institutionen, ein gemeinsamer Währungsraum oder auch nur ein einheitlicher Außenzoll auf absehbare Zeit undenkbar. Von offenen Arbeitsmärkten kann keine Rede sein, von vernetzten Strommärkten nur ansatzweise.

Bild vergrößern

Als Folge befinden sich die Orientierungspunkte der ASEAN-Länder wirtschaftlich, kulturell und sprachlich weitgehend außerhalb des Staatenbundes. Der Intra-ASEAN-Außenhandel liegt nicht einmal bei einem Drittel des Extra-ASEAN-Außenhandels und bei unter einem Viertel des gesamten Außenhandels. Zum Vergleich: Deutschland betreibt mehr als die Hälfte seines Außenhandels mit der Europäischen Union (EU). Für alle ASEAN-Staaten ist China wichtigster Handelspartner. Vietnam, Thailand und Indonesien importieren von dort mehr als aus allen anderen ASEAN-Ländern zusammen. Die Folge: Das Außenhandelsbilanzdefizit der ASEAN mit China hat 2019 die Marke von 100 Milliarden US$ überschritten.

Hinzu kommen große kulturelle Unterschiede. Mit Ausnahme von Indonesien, Malaysia und Brunei gibt es kaum sprachliche Verwandtschaft. Geschäftssprache ist Englisch. Vielvölkerstaaten wie Indonesien und Myanmar müssen den Fliehkräften im eigenen Land entgegenwirken. Unter solchen Voraussetzungen ist die ASEAN wenig identitätsbildend. Vom MPAC 2025 dürfte kaum ein Einwohner der ASEAN-Region je gehört haben, Journalisten inklusive. 

Bild vergrößern

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.