Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsausblick | Belgien

Solide Konjunkturentwicklung setzt sich fort

Investoren bleiben in Belgien jedoch auf Grund der Kostenentwicklung zunächst zurückhaltend. Der private Konsum steigt.

Von Michael Sauermost | Bonn

Top-Thema: Kernkraftwerke erhalten längere Lebensdauer

Auch bei Belgiens Regierung stehen Bemühungen um eine krisensichere Energieversorgung sehr weit oben auf der Agenda. Vor diesem Hintergrund kam es zu einer Laufzeitverlängerung für die beiden Kraftwerke Doel 4 und Tihange 3. Ursprünglich stand die Abschaltung aller belgischen Kraftwerke für 2025 im Kalender. 

Nach langen Verhandlungen zwischen der Regierung und dem Betreiber Electrabel, der belgischen Tochtergesellschaft vom Stromversorger Engie (ehemals GDF Suez), unterzeichneten alle Parteien im Sommer 2023 rechtskräftige Vereinbarungen.

Die beiden Reaktoren bleiben demnach bis 2035 aktiv und können zusammen eine Leistung von 2 Gigawatt erbringen. Dafür sind Investitionen von 1,6 Milliarden bis 2 Milliarden Euro erforderlich. Zur finanziellen Risikominimierung wurde ein Differenzvertrag (Contract for Difference) vereinbart, bei dem stufenweise Fixpreise gelten sollen: Die anfänglichen Kosten werden im Jahr 2025 festgelegt und dann im Jahr 2028 auf der Grundlage der tatsächlichen Marktpreise aktualisiert, um den Zeitraum bis 2035 abzudecken.

Laut der International Energy Agency (IEA) erzeugten 2021 die fünf in Betrieb befindlichen Kernreaktoren etwa die Hälfte des belgischen Stroms. Durch die für 2025 vorgesehene Abschaltung sämtlicher Reaktoren rückten zahlreiche Fotovoltaik- und Windkraftanlagen auf den Plan. Inwieweit sich nun die Dynamik bei der Entwicklung der erneuerbaren Energien ein wenig abschwächt, bleibt abzuwarten.

Wirtschaftsentwicklung: Überschaubares, aber dafür konstantes Wachstum

Belgiens Konjunkturbarometer gibt keinen Anlass zur Euphorie – verursacht allerdings auch keine Sorgenfalten. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwartet für 2024 ein reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,1 Prozent – gefolgt von 1,5 Prozent im Jahr 2025. Dass sich die Wirtschaftsleistung gegenüber 2023 leicht abschwächt, begründet die OECD hauptsächlich mit einer sinkenden Konsumbereitschaft. Die durch den Fachkräftemangel schwierige Arbeitsmarktlage habe einen restriktiven Einfluss auf die Kaufkraft. 

Die Europäische Kommission prognostiziert für das Jahr 2024 ein zu 2023 unverändertes Realwachstum von 1,4 Prozent. Aufgrund von fallenden Energiepreisen reduzierte sich die Inflationsrate 2023. Durch den Wegfall von Energiefördermaßnahmen wird für 2024 wieder ein Anstieg auf 4,2 Prozent erwartet. Für 2025 erwartet die Kommission dann einen Wert knapp unter der 2-Prozentmarke.

Die Belgische Nationalbank erwartet in ihrer Herbstprognose für die kommenden Jahre ein durchschnittliches BIP-Wachstum von 1,3 Prozent. Ein höheres Ergebnis sei unter anderem aufgrund des weiter bestehenden Fachkräftemangels nicht erzielbar. Die Arbeitslosenquote verbleibe in dem Zeitraum mit durchschnittlich 5,5 Prozent verhältnismäßig niedrig.

Bild vergrößern

Konsum bleibt robust

Die Nachfrage der Privathaushalte entwickelt sich weiter positiv. Die Kaufkraft wird dadurch unterstützt, dass die Nominallöhne im Rahmen einer automatischen Indexierung an die Inflation angepasst werden.

Das Haushaltsdefizit erreichte 2023 vorläufigen Angaben zufolge einen Anteil von 4,3 Prozent am BIP. Bis 2026 prognostiziert die Nationalbank einen Anstieg auf über 5 Prozent.

Investoren kämpfen mit der Kostenbremse

Zwar erholten sich nach Angaben der Europäischen Kommission die privaten Investitionen zumindest in der 1. Jahreshälfte 2023 deutlich. Danach habe die Investitionsbereitschaft der Unternehmen vor dem Hintergrund wachsender Finanzierungskosten spürbar abgenommen. Parallel mache sich ein zunehmender Kostendruck durch steigende Lohnzahlungen bemerkbar. Diese Belastung werde sich auf die kommenden Quartale auswirken.

Bei öffentlichen Investitionen sehen die Vorzeichen ein wenig positiver aus. Es wird erwartet, dass sich die Regierung dem Nachholbedarf bei Projekten der Basisinfrastruktur widmet. Dies könnte vor allem den Bausektor entlasten, der besonders unter den Finanzierungsbelastungen leidet. Schließlich lassen auch die Kosten für Baumaterialien nicht nach. 

Die OECD blickt kritisch in die Zukunft: Durch die, höher als im EU-Durchschnitt steigenden Löhne laufe Belgien, das stark externen Einflüssen ausgesetzt ist, in Gefahr, an internationaler Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen. Bei Investitionen im Energiesektor (Green Tech sowie allgemeine Diversifizierung) müsse die Zusammenarbeit zwischen Regionalverwaltungen und Zentralregierung verbessert werden.

Bild vergrößern

Deutsche Perspektive: Chancen durch enge Energiepartnerschaft

Belgien (insbesondere der Port of Antwerp-Bruges) rückt zunehmend als europäischer Importhub und Transitdrehscheibe für grünen Wasserstoff in den Fokus. Davon wird Deutschland profitieren. Nach dem Ausbau der bestehenden Kapazitäten soll der Hafen im Jahr 2026 als Umschlagplatz für entsprechende Derivate durchstarten. Der Transport nach Deutschland soll dann über Pipelines, Schiene oder die Binnenschifffahrt erfolgen.

Auch der bilaterale Handel mit Deutschland spiegelt wider, dass sich Belgiens Exporte im Jahr 2023 eher mäßig entwickelten. Die Lieferungen nach Deutschland verzeichneten im 1. Halbjahr 2023 einen Rückgang von 11,2 Prozent im Vergleich zu den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 und erreichten einen Gesamtwert von 26,8 Milliarden Euro. Deutsche Exporte nach Belgien stiegen im Vergleichszeitraum um 4,1 Prozent auf 31,4 Milliarden Euro.

Bild vergrößern

Weitere Informationen zu Belgien erhalten Sie auf der GTAI-Länderseite.

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.