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Wirtschaftsumfeld | Südkorea | Verhandlungspraxis

Kultureller Hintergrund

Südkorea ist stark konfuzianisch geprägt. Daher spielen Respekt, Hierarchien und Höflichkeit eine große Rolle. Die Menschen sind meist Optimisten und schnelles Agieren gewohnt.

Von Dr. Detlef Rehn, Frank Robaschik, Alexander Hirschle | Seoul

Die Entwicklung Südkoreas von einem der ärmsten Länder der Welt in den 1960er-Jahren zu einer der zehn größten Volkswirtschaften im Jahr 2020 ist beeindruckend. Entsprechend stolz ist die Bevölkerung auf das Erreichte. Hohe Einkommen, westliche Konsumgewohnheiten und ein modernes Stadtbild sollten Besucher des Landes jedoch nicht zu der Schlussfolgerung verleiten, dass auch die Gesellschaft dem Westen stark ähnle.

Ausgeprägtes Gruppen- und Hierarchiedenken

Südkorea ist stark konfuzianisch geprägt. Deshalb kommt der Zugehörigkeit zu Gruppen, beispielsweise der Familie, Menschen mit dem gleichen Herkunftsort, Kommilitonen aus dem Studium oder Militärkameraden eine große Bedeutung zu. Die Beziehung zu diesen Personengruppen ist in der Regel enger als die zur eigenen Firma. Darüber hinaus besteht ein ausgeprägtes Hierarchiedenken. Der Status einer Person bestimmt sich im Wesentlichen durch die Familienzugehörigkeit, das Alter, die Ausbildung und die Stellung im Unternehmen.

Daher wird beispielsweise ein zu junger Delegationsleiter nicht überall akzeptiert. Verstanden werden muss auch die Idee des "Gibun" (Stimmung). Fühlt sich der südkoreanische Partner wohl, wirkt sich dies günstig auf die Geschäftsbeziehungen aus. Verbunden hiermit sind "Gesicht" und Respekt. Äußerungen und Handlungen, die das Gegenüber in Verlegenheit bringen und damit zu einem "Gesichtsverlust" führen könnten, sind in jedem Fall zu vermeiden.

Allerdings ist die stoische Haltung angesichts von Gefühlsschwankungen nicht so stark ausgeprägt wie beispielsweise in Japan oder in südostasiatischen Ländern. Südkoreaner sind deutlich emotionaler und extrovertierter. Einem südkoreanischen Gesprächspartner merkt man – im asiatischen Kontext – relativ schnell an, ob er einer Person oder einer Angelegenheit eher positiv oder negativ gegenübersteht.

Gute persönliche Beziehungen wiegen in den Augen von Südkoreanern oft mehr als detaillierte schriftliche Vereinbarungen. Partner müssen sich gegenseitig vertrauen können. Denn umgekehrt gilt: Ist das Vertrauensverhältnis einmal zerstört, zählt dies viel mehr als der Ärger über ein verlorengegangenes Geschäft.

Schnelles Agieren weit verbreitet

Südkoreaner sind meist Optimisten. Typisch ist ein schnelles, ungeduldiges Agieren und eine "Can Do"-Mentalität. Im Regelfall wird ein Projekt nicht bis in jede Faser und Eventualität durchdacht und analysiert. Stattdessen wird relativ zügig losgelegt und dann im Prozessverlauf nachjustiert. Dies kann zum sogenannten "Geschwindigkeit versus Struktur"-Dilemma führen, insbesondere bei Verhandlungen mit akribisch und analytisch agierenden deutschen Partnern.

Deutschland ist in Südkorea sehr gut angesehen. Vor allem die ältere Bevölkerung weiß, dass in den 1960er-Jahren viele Südkoreaner nach Deutschland gingen, um dort im Bergbau oder als Krankenschwestern zu arbeiten. Mitte der 60er-Jahre vergab Deutschland außerdem einen Kredit über 150 Millionen Deutsche Mark, den das Land für den Aufbau seiner Wirtschaft einsetzte. Die Schnellstraße zwischen Seoul und Busan entstand Anfang der 70er-Jahre nach dem Vorbild deutscher Autobahnen. Südkoreaner aller Altersgruppen schätzen vor allem die hohe Qualität deutscher Produkte und die Verlässlichkeit deutscher Partner.

Respekt und Höflichkeit sehr wichtig

Generell zahlt es sich aus, sich mit der südkoreanischen Kultur und Sprache zumindest ein wenig beschäftigt zu haben. Schon einige Worte auf Koreanisch können Wunder wirken. Solche Bemühungen werden stets gelobt, denn sie zeigen, dass dem Land und seinen Bewohnern mit Respekt begegnet wird.

Selbst wer sich nur ein wenig mit der Landessprache auseinandersetzt, wird schnell auf die vielfältigen Höflichkeitsformen aufmerksam. Diesem Geist entsprechend sollten auch Kontakte und Gespräche mit Südkoreanern von Höflichkeit geprägt sein.

Die Körpersprache sollte an das Alter und den Status der Gegenseite angepasst sein. Bei formellen Kontakten verbeugen sich Südkoreaner bei der Begrüßung üblicherweise. Erwidern Sie die Verbeugung, aber verrenken Sie sich nicht dabei. Natürliches Verhalten ist wichtiger. Anreden beim Vornamen sind unüblich, auch wenn gerade jüngere Geschäftspartner sich gelegentlich nur mit dem Vornamen vorstellen. Viele haben sogar einen zusätzlichen englischen Vornamen zur Erleichterung der Kommunikation mit Ausländern gewählt. Die formal korrekte Anrede ist Titel und Name.

Die Kleiderordnung sollte eher konservativ sein. Dies gilt auch für die im Sommer häufig schwülen und heißen Tage. In den heißen Monaten wird in Gesprächen das Jackett allerdings oft abgelegt. Die Kleidung von Frauen sollte hochgeschlossen sein, ein tiefer Ausschnitt ist ein No-Go. Die Anzüge sollten im Regelfall in gedeckten Farben gehalten werden und schwarz oder grau sein. Ein bewusstes und stolz vor sich hergetragenes Absetzen von der breiten Masse wird traditionell eher negativ bewertet.

Die südkoreanische Gesellschaft befindet sich im Wandel. Dennoch werden Aspekte, die in Deutschland heute größtenteils gängig sind, wie Tätowierungen, "wilde Ehen" oder Homosexualität bisher nur eingeschränkt akzeptiert.

Kleine Aufmerksamkeiten sind gern gesehen

Mitbringsel und Geschenke sind wichtig; das Thema ist aber nicht unproblematisch. Schon zum ersten Gespräch kann ein kleines Präsent überreicht werden. Geschenke sollten zum Ausdruck bringen, dass sich der Schenkende Gedanken über seinen Geschäftspartner gemacht hat. Dabei bietet sich etwas Nettes aus der Heimat mit persönlichem Bezug an. Von Vorteil ist, dass Südkoreaner im Allgemeinen eine hohe Kenntnis und Wertschätzung für viele Aspekte aus Deutschland mitbringen – sei es für klassische Musik, Geschichte, Literatur, Kultur, Sport, Kapital- oder Konsumgüter "Made in Germany" wie etwa Küchengeräte oder Kosmetikprodukte. Allerdings ist die Zeit der wuchtigen Geschenke in Südkorea nach Einschätzung von Landeskennern vorbei.

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