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Wirtschaftsausblick | Norwegen

Norwegens Rohstoffe sorgen für moderates Wachstum

Norwegen präsentiert sich in herausfordernden Zeiten als widerstandsfähig. Geplante Maßnahmen der Regierung stoßen nicht nur auf Zuspruch, zeugen aber von einer klaren Strategie.

Von Judith Illerhaus | Stockholm

Top-Thema: Vielfältige Investitionsmöglichkeiten in der Energiebranche

Im November 2023 wurde die Machbarkeitsstudie für eine gemeinsame Wasserstoffwertschöpfungskette zwischen Deutschland und Norwegen veröffentlicht. Der Aufbau einer solchen Wertschöpfungskette sei technisch umsetzbar, so das Fazit der Deutschen Energieagentur (DENA) und des norwegischen Gaslieferanten GASSCO, die die Studie im Auftrag der deutschen und norwegischen Regierung durchgeführt haben. Weitere Schritte werden in einer Task Force zwischen den Ländern diskutiert. 

Auch im Offshore-Bereich ist das deutsche Interesse groß: Für die Auktion um drei Offshore-Wind-Areale im Bereich Sørlige Nordsjø II findet sich mit den Energieversorgungsunternehmen EnBW und RWE auch deutsche Beteiligung unter den Bietenden. Die Auktion soll voraussichtlich im Februar 2024 stattfinden. Außerdem sollen 2024 verstärkt Vorbereitungen getroffen werden, um 2025 weitere Offshore-Gebiete ausweisen zu können. Für diese Aktivitäten sind 12,6 Millionen Euro vorgesehen.

Noch verfügt Norwegen über einen beachtlichen Energieüberschuss. Doch aufgrund des hohen Elektrifizierungsgrades kommt das Königreich nicht um einen massiven Ausbau der Kapazitäten herum. Hierfür sind umgerechnet knapp 12 Millionen Euro für den rascheren Ausbau von erneuerbaren Energien und des Stromnetzes vorgesehen. Das bisher größte Klimaprojekt der norwegischen Regierung, Langskip, soll ebenfalls im kommenden Jahr finanziell unterstützt werden. Mehr als 220 Millionen Euro sind für die Entwicklung einer vollständigen Wertschöpfungskette für die CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) geplant.

Wirtschaftsentwicklung: Norwegen bleibt standhaft

Der Energiesektor spielt eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung Norwegens. Bei der Berechnung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) führt die Öl- und Gaswirtschaft regelmäßig zu Verzerrungen. Im Jahr 2023 steigt das BIP aufgrund der Förderaktivitäten um 0,2 Prozentpunkte auf insgesamt 1,2 Prozent. Für 2024 rechnet das nationale Statistikamt SSB mit einem Plus von 2 Prozent.

Den Hauptgrund für die deutliche Verlangsamung des BIP-Wachstums im Jahr 2023 sieht die EU-Kommission vor allem im Rückgang des privaten Konsums durch die hohe Inflation und deren Auswirkungen auf das real verfügbare Einkommen. Der aktuelle Haushaltsplan für 2024 setzt hier an und sieht umfangreiche Investitionen vor, um sowohl private Haushalte als auch Unternehmen zum Beispiel steuerlich zu entlasten.

Als Ergebnis soll das Produktionswachstum 2024 und 2025 geringfügig anziehen. Vor allem ein höher ausfallender privater Verbrauch, eine Verlangsamung der Wohnungsbauflaute sowie vermehrte Investitionen - vornehmlich im Erdölsektor - werden dazu beitragen.

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Investitionen im Energie- und Gesundheitssektor

Norwegen hat einen der weltweit größten Staatsfonds, wodurch auch in herausfordernden Zeiten umfangreiche Investitionen vorgenommen werden können. Der Haushaltsplan sieht 2024 vor, die Entnahmen aus dem Staatsfonds auf umgerechnet rund 35 Milliarden Euro zu steigern.

Neben der Unterstützung des Energiesektors plant die Regierung weitere Maßnahmen. Beispielsweise sollen Krankenhäuser knapp 190 Millionen Euro für die Umsetzung verkürzter Wartezeiten und für verbesserte psychische Gesundheitsversorgung erhalten. Daneben sind Investitionskredite in Höhe von über 820 Millionen Euro für Krankenhausbauvorhaben vorgesehen. Hierunter finden sich zwei neue Projekte in Ålesund und am Universitätskrankenhaus in Oslo. Auch der Verteidigungsetat wird auf 7,8 Milliarden Euro erhöht.

Nicht alle Vorhaben stoßen jedoch auf Zuspruch. Die Regierung sieht eine Grundzinssteuer von 35 Prozent für größere Onshore-Windkraftanlagen vor, wie es sie bereits für Wasserkraft, Erdöl und seit 2023 auch für die Fischzucht gibt. Während Experten vor einer Abschreckung wichtiger Investoren warnen, bleibt sich Norwegen treu: Ministerpräsident Jonas Støre betont, dass Werte, die mit gemeinsamen Ressourcen geschaffen werden, auch der Allgemeinheit zugute kommen müssten. Mindestens die Hälfte der Einnahmen sollen die Kommunen erhalten, der Rest geht an den Staat.

Der Außenhandel wird sich verlangsamen

Zwar muss sich das Königreich laut dem norwegischen Arbeitgeberverband NHO auf einen zukünftig schwächeren Außenhandel einstellen. Allerdings war das rohstoffreiche Land zuletzt aufgrund der hohen Rohstoffpreise sehr verwöhnt. Auch die EU-Kommission weist in ihrer jüngsten Prognose darauf hin, dass die Importe langsamer wachsen als die Exporte –  ein Hinweis auf die schwache Binnennachfrage. Diese Dynamik wird sich aller Voraussicht nach in den kommenden zwei Jahren fortsetzen. Trotz bescheidenem Wachstum bei den Handelspartnern wird die schwache Währung die Nachfrage nach norwegischen Exporten fördern.

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Deutsche Perspektive: Hannover-Messe rückt Norwegen weiter in den Fokus

Die deutsch-norwegische Zusammenarbeit dürfte sich insbesondere im Energiebereich weiter verstärken. Erst im November 2023 lehnte Ministerpräsident Støre den Vorschlag der Vorgängerregierung ab, keine weiteren Genehmigungen für neue Ölbohrungen zu erteilen. Damit wird deutlich, dass auch Norwegen weiterhin auf fossile Energieträger setzt. Das deutsch-britische Joint Venture Wintershall DEA lobte zuletzt die günstigen Rahmenbedingungen in Norwegen und engagiert sich bereits bei CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS): Seit 2022 arbeiten sie zusammen mit dem norwegischen Energieunternehmen Equinor am Aufbau einer kompletten Wertschöpfungskette für CCS.

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Mit der Ankündigung Norwegens als Partnerland auf der Hannover Messe im April 2024 bleibt das Land auf dem deutschen Radar. Auch das Motto, "Pioneering the Green Industrial Transition" passt gut zu den bestehenden und geplanten Kooperationen.

2024 wird sich die deutsch-norwegische Energie- und Industriezusammenarbeit, allen voran im Bereich der Offshore-Energien, intensiv in den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen niederschlagen. Dass Norwegen Partnerland auf der Hannover Messe sein wird, ist ein deutliches Zeichen.

Michael Kern Geschäftsführer, Deutsch-Norwegische Handelskammer (AHK), Oslo

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