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Wirtschaftsausblick | Litauen

Investitionen trotzen Wirtschaftsentwicklung

Litauens Verbraucherpreise werden 2023 kräftig zulegen. Das bremst den Privatkonsum aus. Ein Lichtblick für die Wirtschaft ist die erwartete positive Entwicklung der Investitionen.

Von Niklas Becker | Helsinki

Wirtschaftsentwicklung: Deutliche Preissteigerungen bleiben große Herausforderung

Litauens Volkswirtschaft wird 2023 nur minimal wachsen. Die hohe Inflation sowie die daraus resultierende schwache Nachfrage der Privathaushalte schwächen das Wachstum. Weniger Aufträge aus dem Ausland dämpfen die Entwicklung zusätzlich. Der Privatkonsum dürfte sich in der zweiten Jahreshälfte 2023 zwar langsam erholen. Eine merkliche Erholung des litauischen Wirtschaftswachstums wird jedoch erst 2024 erwartet.

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Bereits 2022 hat die hohe Inflation Litauens Wirtschaftswachstum gebremst. Mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 18,9 Prozent verzeichnete das Land nach Estland den zweithöchste Wert in der Europäischen Union (EU). Zwar dürften die Preissteigerungen 2023 niedriger ausfallen als 2022. Jedoch bleiben sie weiterhin auf einem hohen Niveau. Erst 2024 wird sich die Inflation wieder dem von der Europäischen Zentralbank angestrebten Inflationsziel von 2 Prozent annähern. Laut Europäischer Kommission werden die litauischen Verbraucherpreise 2023 um 9,2 und 2024 um 2,2 Prozent steigen.  

Wirtschaftliche Eckdaten Litauen

Indikator

2021

2022

Vergleichsdaten Deutschland 2022

BIP (nominal, Mrd. Euro)

56,2

66,8

3.869,9

BIP pro Kopf (Euro)

19.990

23.580

46.182

Bevölkerung (Mio.)

2,8

2,8

83,4

Quelle: Eurostat 2023; Statistisches Bundesamt 2023

Die Stimmung in Litauens Industrie hat sich seit dem Herbst 2022 merklich verschlechtert. Im Mai 2023 lag der von der Europäischen Kommission veröffentlichte Vertrauensindikator des Sektors bei Minus 22 Punkten. Vor allem der Auftragsrückgang trifft die Firmen: im 2. Quartal 2023 gaben 60 Prozent der Industrieunternehmen an, dass eine niedrigere Nachfrage die eigene Produktion einschränkt. Das macht sich auch in einer geringeren Kapazitätsauslastung bemerkbar. 

Investitionen: Positive Aussichten

Die prognostizierte Entwicklung der litauischen Investitionen zählt zu den wirtschaftlichen Lichtblicken. Sie werden in den kommenden Jahren einen positiven Beitrag zum Wachstum leisten. Für 2023 und vor allem 2024 prognostiziert die Europäische Kommission mit 2,7 beziehungsweise 4,5 Prozent kräftige Zuwachsraten. Eine entscheidende Komponente hierfür sind europäische Fördergelder. Zusätzlich zu den Mitteln aus dem EU-Wiederaufbaufonds erhält Litauen zwischen 2021 und 2027 fast 8 Milliarden Euro Kohäsionsgelder.  

Litauen muss in den kommenden Jahren dringend in den Ausbau der eigenen Energieproduktion investieren. Das Land importiert rund zwei Drittel des Strombedarfs. In einigen Jahren will Litauen jedoch Stromexporteur werden. Wichtiger Baustein für den Ausbau der heimischen Energieproduktion werden erneuerbare Energien (EE) sein. Sie sollen im Jahr 2030 rund 70 Prozent des heimischen Stromverbrauchs decken. Bis 2045 sollen sogar 100 Prozent erreicht werden. Der EE-Anteil am litauischen Stromverbrauch lag 2021 bei knapp 21 Prozent. 

Ausgewählte Großprojekte in Litauen

Projektbezeichnung

Investitionssumme (in Euro)

Projektstand

Projektträger, Anmerkungen

Bahnlinie "Rail Baltica" Estland-Lettland-Litauen

7 Mrd.

Baubeginn erfolgt; weitere Ausschreibungen laufen

Gemeinschaftsunternehmen RB Rail AS

„Teltonika High-Tech Hill“ Labor- und Bürokomplex, sowie ein Elektronikwerk 

Bis zu 4 Mrd.

Planung

Teltonika

Rückbau Atomkraftwerk Ignalina

950 Mio.

Planungen, laufende Arbeiten

Rekultivierung ab 2038 angestrebt; Ignalina

Einkaufszentrum "Akropolis-Vingis” in Vilnius

250 Mio.

Planung

Akropolis Group

Nationalstadion Vilnius

120 Mio.

Planung

Stadt Vilnius 

Nationale Konzerthalle Vilnius

100 Mio.

Planung

Stadt Vilnius 

Lagerhalle in Kaunas

100 Mio.

Planung

SBA Urban

„SBA Urban“ Shopping Camps in Vilnius und Kaunas

Kaunas: 90 Mio.; Vilnius: 30 Mio.

Planung

SBA Urban

Logistikzentrum

70 Mio.

Planung

Maxima

Neubau des Hauptsitzes der Zentralbank

40-50 Mio.

Planung

Lietuvos banko

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen

Öffentliche Ausschreibungen veröffentlicht Litauen auf der staatlichen Internetplattform CVPP in litauischer Sprache. 

Informationen zu EU-Binnenmarktausschreibungen bietet GTAI auf ihrer Internetseite an.

Konsum: Besserung in Sicht

Seitens der litauischen Haushalte ist für das Gesamtjahr 2023 - wie auch 2022 - mit keinem wesentlichen Beitrag zum Wirtschaftswachstum zu rechnen. Abgesehen vom Coronajahr 2020 lieferte Litauens Privatkonsum in der Vergangenheit immer kräftige Wachstumsimpulse. Im 1. Quartal 2023 lagen die Ausgaben der Haushalte jedoch 2,7 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Für das Gesamtjahr 2023 prognostiziert die Europäische Kommission einen Anstieg des Privatkonsums um 0,1 Prozent. Die hohe Inflation drückt die Kaufkraft der Bevölkerung. Nach Einschätzung der Swedbank dürfte der Privatkonsum zwischen Januar und März 2023 allerdings die Talsohle erreicht haben. Für den weiteren Jahresverlauf erwarten die Experten daher eine schrittweise Erholung der Ausgaben. 

Auch die Europäische Kommission prognostiziert aufgrund des nachlassenden Preisdrucks für die zweite Jahreshälfte 2023 eine leichte Erholung des Privatkonsums. Der litauische Arbeitsmarkt erweist sich als sehr resistent gegenüber der abkühlenden Wirtschaftslage. Statt einer steigenden Arbeitslosigkeit verzeichnet das Land eine wachsende Nachfrage nach Arbeitskräften. Der Fachkräftemangel war 2022 so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr. Das Lohnwachstum dürfte sich zukünftig jedoch verlangsamen. 2023 - aber vor allem 2024 - sollen die litauischen Reallöhne allerdings weiterhin steigen.

Außenhandel: Hohe Energiepreise schwächen Leistungsbilanz

Litauens Exportindustrie ist energieintensiv. Die hohen Energiepreise machen den Firmen daher zu schaffen. So sanken die Warenexporte im 1. Quartal 2023 im Jahresvergleich real um 8,6 Prozent. Wie Unternehmensbefragungen zeigen, bewerten die Industrieunternehmen den Stand der Aufträge aus dem Ausland im 2. Quartal 2023 zudem als sehr negativ und blicken pessimistisch in das 3. Jahresviertel. 

Aufgrund der hohen Preise für die Energieimporte ist Litauens Leistungsbilanz in die Negative gerutscht. Der erwartete Rückgang der Energiepreise dürfte aber wieder zu einer Verbesserung des Leistungsbilanzdefizits führen. Litauen ist eine kleine und sehr offene Volkswirtschaft. Im Jahr 2021 lag die Außenhandelsquote des Landes bei 130 Prozent. Eine besondere Bedeutung kommt dem Ostseeraum zu. Dessen Anrainerstaaten haben 2022 zusammen 48 Prozent aller Wareneinfuhren geliefert und im Gegenzug 50 Prozent aller Warenausfuhren abgenommen. 

Warenaußenhandel von Litauen (in Millionen Euro; nominale Veränderung in Prozent)

2021

2022

Veränderung 2022/2021

Importe

34.544

48.428

40,2

Exporte

31.648

41.086

29,8

Quelle: Eurostat 2023

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