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Wirtschaftsausblick | Äthiopien

Äthiopiens Wirtschaft leidet weiter unter Devisenknappheit

Äthiopiens Wirtschaft verfügt über riesiges Potenzial, wird aktuell aber von zahlreichen Problemen ausgebremst. Die Devisenknappheit wiegt am schwersten.

Von Carsten Ehlers | Nairobi

Top Thema: Neben Devisen fehlt nun auch lokale Währung

Die sich weiter verschärfende Devisenknappheit bleibt für Unternehmen ein gravierendes Problem. Der Wechselkurs der äthiopischen Währung Birr zum US-Dollar wird von der Zentralbank bislang künstlich hochgehalten. Abwertungen sind jedoch wahrscheinlich. Für Firmen wird es immer schwieriger, an Devisen und zunehmend auch an die äthiopische Währung Birr zu kommen. Exportierende Unternehmen wie Kaffeeproduzenten müssen einen Großteil ihrer eingenommenen Devisen umgehend an die Zentralbank abführen.

Ende 2023 unterließ es die hoch verschuldete äthiopische Regierung, eine fällige Zinszahlung in Höhe von 33 Millionen US-Dollar zu bedienen. Finanzexperten meinen, dass der Staat trotz der Devisenknappheit diesen Betrag hätte auftreiben können. Ratingagenturen reagierten auf den "Default" mit Abwertungen. Äthiopien steht nun in einer Riege mit Ghana und Sambia, die ihre Zahlungen zuletzt nicht mehr bedienen konnten. Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und anderen Gebern über eine Neuordnung der Staatskredite laufen.

Wirtschaftsentwicklung: Unternehmen sind skeptisch

Die Weltbank erwartet für 2024 ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 6,2 Prozent. Eine Einigung mit den Gebern über die Neuordnung der Kredite dürfte eine wichtige Voraussetzung für derartig hohes Wachstum sein. Die Erwartungen der Unternehmen sind dagegen insgesamt zurückhaltend und spiegeln nicht die Prognosen führender Institute wider. 

Denn das Geschäftsumfeld bleibt schwierig. Zur Devisenknappheit kommt die Hyperinflation, die nun schon seit 2022 andauert. Für das Jahr 2024 prognostiziert die Economist Intelligence Unit (EIU) eine Preissteigerung von etwa 27 Prozent. Belastend wirkt sich auch die politische Instabilität in verschiedenen Landesregionen aus, die auch die Sicherheitslage beeinträchtigt. Ausländische Unternehmen beschränken ihren Aufenthalt oft nur noch auf die sichere Hauptstadt Addis Abeba, sofern sie im Land geblieben sind.

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Der Konsum wird durch die hohe Inflation schwer belastet. Importierte Konsumgüter spielen kaum eine Rolle, da die Devisen dafür ohnehin nicht bereitgestellt werden. Lokale Produzenten von wichtigen Konsumgütern, wie Nahrungs- oder Haushaltsmittel machen hingegen weiter Geschäft und expandieren auch, sofern sie die Devisen für die Investitionsgüter auftreiben können.

Für Belebung sorgen sollen Investitionen von Staat und privaten Unternehmen. Eines der größten Projekte ist der Ausbau des zweiten Mobilfunknetzes durch die kenianische Safaricom. Gleichwohl ist das die Ausnahme. Eine von Premierminister Abiy Ahmed angestrebte Öffnung der Wirtschaft, zum Beispiel im Banken- und Transportsektor, ist nicht weit vorangekommen. Äthiopien bleibt damit eine weitgehend geschlossene Volkswirtschaft. Detailliertere Informationen zum Investitionsklima bietet die GTAI-Publikation Investitionsklima Äthiopien.

Außenhandel: Importe gehen seit 2022 drastisch zurück

Die Warenlieferungen nach Äthiopien gehen aufgrund der Devisenknappheit zurück. Ernüchterung herrscht auch in der vor allem exportierenden Textilbranche seitdem im Jahr 2022 die USA das Präferenzabkommen African Growth and Opportunity Act (AGOA) aufgekündigt haben. Damit entfällt weitgehend der Zugang zum US-Markt. Eine Wiedereinführung im Jahr 2024 erwarten Branchenvertreter nicht. 

Erschwert wird der Handel aktuell durch deutlich höhere Frachtkosten durch die Attacken der von Jemen aus operierenden Huthi-Miliz auf Frachtschiffe, die durch das Rote Meer fahren. Anfang 2024 nutzen daher nur noch wenige Frachtlinien den Suez-Kanal, die meisten nehmen den langen und teuren Umweg um Südafrika herum zum derzeit einzigen von Äthiopien genutzten Hafen, der in Dschibuti liegt.

Mittelfristig interessant ist die Entstehung eines neuen Handelskorridors durch Somaliland hindurch zum dortigen Hafen in Berbera. Dies wäre eine Alternative zu Dschibuti. Der Hafen in Berbera wurde vor kurzem von Dubai Ports World gebaut. Somaliland gehört offiziell zu Somalia, hat sich aber 1991 für unabhängig erklärt. Anfang des Jahres 2024 unterzeichneten Äthiopien und Somaliland (das bislang nur von Taiwan anerkannt wird) eine Absichtserklärung für die Anerkennung Somalilands. Äthiopien erhält dafür im Gegenzug 20 Kilometer Küstenland in Somaliland. 

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Deutsche Perspektive: Konferenz "Made in Germany - Africa" vom 14. bis 16. März in Addis Abeba

Für deutsche Unternehmen zählte Äthiopien noch vor wenigen Jahren zu den vielversprechendsten Märkten der Region. Angesichts der wachsenden Probleme im Land ist der Ansturm jedoch ausgeblieben. Nur eine Handvoll deutscher Unternehmen ist vor Ort präsent. Viele beliefern Äthiopien von Kenia, Dubai oder Deutschland aus.

Die deutschen Ausfuhren nach Äthiopien sinken seit 2019. Bis einschließlich Oktober lagen die deutschen Exporte im Jahr 2023 bei etwa 126,4 Millionen Euro (Statistisches Bundesamt) und werden damit aufs Gesamtjahr hochgerechnet auf einem enttäuschenden Niveau bleiben. Auch für das Jahr 2024 sind die Aussichten für ein wachsendes Geschäft schlecht.

Angesichts des großen Potenzials haben dennoch viele Unternehmen den Markt im Blick. Eine gute Möglichkeit, sich ein aktuelles Bild zu verschaffen bietet die vom 14. bis 16. März 2024 in Addis Abeba stattfindende Konferenz "Made in Germany Africa". Skander Negasi, Geschäftsführer des deutschen Konferenzausrichters Trade & Fairs Consulting sagt: "Die Made in Germany ist zwar eine Veranstaltung für Akteure in ganz Afrika. Weil sie in Addis Abeba ausgetragen wird, rechnen wir aber mit vielen äthiopischen Besuchern, die an einer Kooperation mit deutschen Unternehmen interessiert sind."

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