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Wirtschaftsumfeld
Wirtschaftsausblick | Côte d'Ivoire
Der IWF hat seine Wachstumsprognose für Côte d'Ivoire für 2020 auf 2,7 Prozent reduziert. Neben der Coronakrise sorgen anstehende Wahlen für Verunsicherung.
27.05.2019
Von Wolfgang Karg | Berlin
Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet für Côte d'Ivoire für 2020 mit 2,7 Prozent einen deutlichen Dämpfer, aber keine Rezession. Das geht aus dem aktuellen Wirtschaftsbericht des IWF für Subsahara-Afrika hervor. Das Bruttoinlandsprodukt des westafrikanischen Landes dürfte trotz Pandemie 2021 auf über 50 Milliarden US-Dollar (US$) steigen. Die ivorische Regierung geht 2020 von bestenfalls 3,6 Prozent Wachstum aus. Voraussetzung sei, dass man die globale Pandemie bis zum Sommer in den Griff bekomme, sagte der ivorische Wirtschafts- und Finanzminister Adama Coulibaly.
Sollte sich die Coronakrise unvermindert bis in den Herbst fortsetzen, könne das Wirtschaftswachstum auf 2,7 Prozent sinken, so der ivorische Politiker. Wenn sich sich die Erholung noch länger hinauszögere, könne auch das westafrikanische Land in eine Rezession abgleiten.
Wie Daten der WHO für Afrika zeigen, ist die Elfenbeinküste ebenso wie der Rest des Kontinents bislang weniger stark von Infektionen betroffen als zu Beginn der Pandemie befürchtet wurde. Eine gewisse Dunkelziffer bei Infektionszahlen ist zu erwarten, jedoch haben die Einschränkungen für die Bevölkerung sicherlich die Ausbreitung der Pandemie eingeschränkt.
Die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie sind deutlich zu spüren: unterbrochene Handelsrouten, Nachfragerückgang bei Agrarprodukten und Rohstoffen, rückläufige Investitionsbereitschaft und weniger Rücküberweisungen von Migranten aus dem Ausland. Nationale und internationale Hilfspakete sind allerdings auf den Weg gebracht worden.
Der IWF geht ebenso wie die ivorische Regierung von einem starken Nachholeffekt im Jahr 2021 aus. Der internationale Währungsfonds erwartet dann für Côte d'Ivoire ein Wirtschaftswachstum um bis zu 8,7 Prozent. Damit könnte die Elfenbeinküste an ihren Wachstumspfad vor der Pandemie anknüpfen, wenn die politische Stabilität erhalten bleibt.
Denn als zweite große Unwägbarkeit stehen die im Oktober 2020 geplanten Präsidentschaftswahlen im Raum. Ob der Wahltermin angesichts der Coronapandemie gehalten werden kann, ist noch offen. Der amtierende Präsident Alassane Ouattara hatte Premierminister Amadou Gon Coulibaly beim bevorstehenden Urnengang ursprünglich zu seinem Wunschnachfolger gekürt. Anfang Mai wurde Coulibaly wegen Herzproblemen zur Untersuchung nach Frankreich ausgeflogen. Eine Verschiebung des Wahltermins wird seither im Land kontrovers diskutiert.
Für weitere Diskussionen sorgt die 20-jährige Gefängnisstrafe, zu der ein ivorisches Gericht im April den ehemaligen Rebellenführer, Premierminister und späteren Parlamentspräsidenten Guillaume Soro in Abwesenheit verurteilte. Soro hat seine Ambitionen, ivorischer Präsident zu werden, dennoch keinesfalls aufgegeben und verfügt über zahlreiche Unterstützer. Ein friedlicher Macht- und Generationswechsel an der Elfenbeinküste, der eine Voraussetzung für das weitere Aufblühen der ivorischen Wirtschaft wäre, ist daher momentan nicht das einzige Szenario für den Herbst 2020.
Mit seinen mehr als 25 Millionen Menschen ist die Côte d'Ivoire einer der größten Märkte Westafrikas. In den letzten acht Jahren war das Land eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in ganz Afrika. Die deutsche Wirtschaft ist bislang mit ihrer Präsenz sehr zurückhaltend. Deutsche Produkte werden teilweise über lokale Handelshäuser vertrieben oder über französische, marokkanische oder libanesische Partner. Commerzbank, Bayer und BASF sind mit lokalen Repräsentanten vor Ort.
Stärker vertreten sind deutsche Institutionen: Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat ihr Engagement erweitert und die KfW Entwicklungsbank sowie ihre Tochter DEG haben ein Büro in Abidjan und bauen ihre Präsenz aus, auch wegen der Zentrale der Afrikanischen Entwicklungsbank in der Wirtschaftsmetropole. Die Initiative German Water Partnership ist ebenfalls in Abidjan präsent, um Projekte im Bereich Wasserwirtschaft in Subsahara-Afrika voranzutreiben.
Wirtschaftliche Eckdaten in Côte d'Ivoire
Indikator | 2018 | 2019 | Vergleichsdaten Deutschland 2019 |
BIP (nominal, Mrd. US$) | 43,05 | 44,44 | 4.443,6 |
BIP pro Kopf (US$) | 1.681 | 1.691 | 46.517 |
Bevölkerung (Mio.) | 24,9 | 25,7 | 82,8 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 Euro = Franc CFA (XOF) | 656,0 | 656,0 | - |
Quellen: EIU; Internationaler Währungsfonds (IWF); Statistisches Bundesamt
Neben der Präsidentschaftswahl im Oktober 2020 werden im nächsten Jahr die Abgeordneten des Parlaments neu gewählt. In der Nationalversammlung sind 255 Sitze zu vergeben. Beide Urnengänge werden nun maßgeblich davon beeinflusst, wie die Regierung die Pandemie und ihre Folgen meistert. Bereits vor der Krise wurde kräftig in Infrastruktur und Gesundheitswesen investiert. Dieser Trend dürfte auch nach der aktuellen Krise anhalten.
Das Klima für Investitionen gilt als insgesamt gut. Zwar ist Französisch die dominante Landes- und Wirtschaftssprache, aber zehntausende Ivorer verfügen über Deutschkenntnisse. Darauf können deutsche Unternehmen aufbauen. Speziell bei Großprojekten in Abidjan ist der Staat bemüht, auch private Investitionen für den Ausbau der Infrastruktur zu gewinnen. Erfolge gibt es hierbei insbesondere beim Bau von Kraftwerken. Die nationale Investitionsagentur CEPICI ist sehr bemüht, die Ansiedlung deutscher Unternehmen zu unterstützen.
Investiert wird seit Jahren von privater Seite in die Bereiche Energie, Goldbergbau, Öl und Gas, Nahrungsmittelindustrie, Landwirtschaft und die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte. Ziel der Ansiedlungspolitik ist es, die Wertschöpfung innerhalb des Landes zu auszubauen. Neben dem Ausbau der Gesundheitsversorgung sucht die Regierung private Partner für die Entwicklung der Entsorgungswirtschaft. Insbesondere werden Investitionen und Know-how für die Entwicklung von Recyclinganlagen für Kunststoff- und Zelluloseabfälle sowie Glas benötigt.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Euro) | Projektstand | Anmerkungen |
Metro in Abidjan | rund 1,4 Mrd. | Im Bau. Fertigstellung geplant für 2022. | Die Trasse von Anyama nach Port Bouet soll 37 km lang werden. Durchgeführt und finanziert wird der Bau von einem französischen Konsortium (Bouygues Travaux Publics, Colas Rail und Alstom) im Auftrag der Star-Société des Transports Abidjanais sur Rail. |
Ausbau des Hafens von Abidjan einschließlich Containerterminal "TC2" - Projekt umfasst drei neue Container-Liegeplätze, ein Ro-Ro-Liegeplatz, ein Stückgut-Liegeplatz und Schifffahrtskanälen zur Verbesserung des Frachtumschlags im Hafen von Abidjan | rund 850 Mio. | Im Bau. Fertigstellung 2020. | Kapazität des Terminals: 1,5 Mio. Twenty Foot Equivalent Unit (TEU), Durchführung des Baus durch CHEC, einer Tochtergesellschaft von China Communications Construction. Finanzierung unter anderem durch China Exim-Bank. Betrieb durch Konsortium aus frz. Konzernen Bolloré und Bouygues, sowie APM Terminals (Niederlande). |
Ausbau der Infrastruktur im Abidjaner Stadtteil Yopougon | 770 Mio. | Geplant | Projekte im Bereich Transport (4. Brücke von Abidjan), Energie, Wasser und Abfallentsorgung. Finanziert unter anderem von der African Development Bank (AfDB). |
Entwicklung von Logistikzentrum und Industriegebiet in Ferkessédougou, 600 km nördlich von Abidjan | ca 460 Mio. | Baubeginn Ende 2020. | PPP mit 50% Beteiligung aus Privatwirtschaft. Projekt umfasst Logistikzentrum (Lager-, Kühlhäuser, usw.), Treibstofflager, regionales Schlachthaus und Viehmarkt sowie Industriegebiet zur Verarbeitung von Landwirtschafts- und Bergbauprodukten. |
Bebauung der Bucht von Cocody (Abidjan; (Aménagement de la baie de Cocody) | 400 Mio. | Im Bau. Erster Teilabschnitt soll Ende 2020 fertig sein. | Baudurchführung durch die marokkanische Marchica Med. Finanziert wurde das Projekt durch Geber (IEB, BADEA, und OPEP). |
Atinkou (Ciprel V) von Eranove | 404 Mio. | Im Bau. | Bau eines neuen Gaskraftwerks mit 390 MW Leistung bei Jacqueville durch ivorisches Unternehmen Ciprel, einem Independent Power Producer (IPP). Finanzierung durch die Muttergesellschaft Eranove, u.a. mit Mitteln der KfW. Technologie: Combined Cycle Gas Turbine. |
Hafenausbau in San-Pédro | 377 Mio. | Im Bau. Anvisierter Bauabschluss ist 2022. | Drei Hauptprojekte: Ausbau des Containerterminals (201 Mio. Euro), Bau eines Massengut-Terminals (30,5 Mio. Euro) und Ausbau von 150 ha Land als Lagerfläche (145 Mio. Euro). Investoren sind Mediterranean Shipping Company (MSC) und Bilal. |
Azito Phase IV (Ausbau Azito-Gaskraftwerk von Globeleq) | 344 Mio. | Geplant. | Erweiterung des IPP um weitere 253 MW auf insgesamt 710 MW. Finanzierung durch Weltbank-Agentur MIGA, u.a. Technologie: Combined Cycle Gas Turbine. |
Grobo-Popoli Wasserkraftwerk am Fluss Sassandra | 264 Mio. | In Bau. Fertigstellung 2021/22 | Geplante Kapazität: 112 MW. Bau durch chinesische Sinohydro. Finanzierung durch China Exim-Bank (85%) und Côte d'Ivoire (15%). |
Biomassekraftwerk in Divo | 235 Mio. | Geplant. Machbarkeitsstudien werden erstellt. | Der Initiator des Projekts, die Société des énergies nouvelles (Soden) will Abfälle aus der Kakaoproduktion verwenden. Finanzierung durch U.S. Trade and Development Agency (USTDA). Angestrebte Kapazität: 70 bis 80 MW. |
Biomassekraftwerk Biovéa in Ayebo | rund 200 Mio. | Konzessionsvertrag unterzeichnet. Bislang geplanter Baubeginn 2020. Fertigstellung 2023. | Geplant ist eine Leistung von 46 MW. Als Brennstoff für die Stromgewinnung sollen Abfälle aus dem Palmölanbau genutzt werden. Am Projekt beteiligt sind die frz. Konzerne EdF und Meridiam, sowie die ivorische Sivca-Gruppe. |
Wasserkraftwerk Singrobo | rund 195 Mio. | Full Notice to Proceed erteilt. Geplante Fertigstellung 2023. | Geplant ist eine Leistung von 44 MW. Das PPP mit der Themis Capital (Nigeria/USA) und der britischen Denham Capital hat eine Laufzeit von 35 Jahren. Am Projekt beteiligt sind die frz. Konzerne EdF und Meridiam, sowie die ivorische Sivca-Gruppe. |
Quellen: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten unter http://www.gtai.de/cote-d-ivoire, "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".
Die Pandemiekrise hinterlässt ihre Spuren auch im Konsum der Elfenbeinküste. Die Versorgungssicherheit war zwar in den Wochen der Ausgangsbeschränkungen gewährleistet. Aber es bleibt abzuwarten, wie sich die Krise auf Beschäftigung und Kaufkraft auswirkt. Der zeitweise Nachfrageeinbruch bei den landwirtschaftlichen Hauptexportgütern Kakao, Kaffee und Kautschuk hat die Wirtschaft geschwächt.
Ivorer decken ihren Lebensmittelbedarf im Durchschnitt nach wie vor zur Hälfte beim Einkauf unter freiem Himmel. Nur jeder Dritte nutzt moderne Supermärkte, dier derzeit nur in den größeren Städten existieren. Online-Anbieter wie die nigerianische Handelsplattform Jumia sind mittlerweile in der Elfenbeinküste präsent und werden das Konsumverhalten der wachsenden Mittelschicht verändern. Die Plattformen für Online-Handel des chinesischen Konzerns Alibaba und des US-Pendants Amazon haben den westafrikanischen Markt ebenfalls bereits entdeckt.
Der DHL-Konzern mit seinem Projekt Mall-for-Africa könnte vom einsetzenden Boom des Online-Handels profitieren - und deutschen Herstellern von Konsumgütern den Markteintritt erleichtern. Denn im klassischen Endkundengeschäft für die wachsende Mittelschicht haben sonst bislang vor allem französische und libanesischstämmige Unternehmen die Nase vorn.
Von Côte d'Ivoire lassen sich weite Teile des frankofonen Westafrikas erschließen. Die Transportrouten von der Küste Richtung Norden werden ausgebaut (siehe Projektmeldung zum Logistikzentrum Ferkessédougou), um den Handel mit Burkina Faso und Mali zu erweitern. Auch die Autobahnverbindung von Lagos nach Abidjan nimmt Formen an. Aufgrund des in allen Ländern Westafrikas sehr hohen Bevölkerungswachstums steigt die Nachfrage nach preisgünstigen Konsumgütern schnell und nachhaltig, ebenso die der aufstrebenden Mittelschicht. Die einschlägigen Hersteller in Abidjan dürften auch in den nächsten Jahren ihre Produktion ausbauen, sollte die politische Stabilität erhalten bleiben.
Die deutschen Exporte nach Côte d'Ivoire blieben in den vergangenen Jahren stabil bei etwa 200 Millionen Euro. Die deutschen Importe waren 2018 deutlich auf rund 980 Millionen Euro angestiegen und 2019 wieder etwas gefallen auf rund 840 Millionen Euro. Die insgesamt steigende Tendenz sollte sich fortsetzen, sobald die Pandemie bedingte Unterbrechung der internationalen Handelsketten behoben ist.
Bleibt das politische Umfeld in Côte d'Ivoire stabil, dürfte der Importbedarf des westafrikanischen Landes weiter steigen. Durch den Export von Rohstoffen wie Gold, Kakao und Kaffee verzeichnet das Land einen Handelsbilanzüberschuss, der die Wirtschaft vorantreibt.
Ob Unternehmen aus Deutschland davon profitieren können, hängt auch davon ab, inwieweit sie sich um Marktpräsenz bemühen. Bislang sind deutsche Marken in Côte d'Ivoire nur schwach vertreten. Neben Commerzbank, BASF und Bayer unterhält nur eine Handvoll Firmen in Abidjan eigene Handelsniederlassungen. Die meisten Unternehmen greifen auf lokale Handelsvertreter zurück, welche die Marken unterschiedlich stark bewerben.
Das Marktpotenzial Côte d'Ivoires würde eine stärkere Präsenz der deutschen Wirtschaft durchaus rechtfertigen, zumal von Abidjan aus weitere Länder des frankofonen Westafrikas bedient werden können. Durch das Hauptquartier der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) in Abidjan dürfte sich die Stadt mehr und mehr zu einem der führenden Konferenz- und Messezentren Westafrikas entwickeln. Auch der durch die Pandemie zurückgeworfene Tourismus dürfte in Côte d'Ivoire weiter zulegen.
2018 | 2019 | Veränderung 2018/2019 | |
Importe | 10.97 | 10.49 | -4,3 |
Exporte | 11.79 | 12.72 | 7,8 |
Handelsbilanzsaldo | 0.82 | 2.23 |
Quelle: EIU, Statistisches Bundesamt
Weitere Informationen (zum Beispiel SWOT-Analyse, Branchenberichte) finden Sie unter http://www.gtai.de/cote-d-ivoire