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Wirtschaftsausblick | Finnland

Wachstum in Sicht

Im Gesamtjahr 2023 stagniert Finnlands Wirtschaftsleistung. Das soll sich in den Folgejahren ändern. Für deutsche Firmen ist besonders der finnische Energiesektor interessant. 

Von Niklas Becker | Helsinki

Top-Thema: Neue Regierung will Haushalt konsolidieren

Finnland hat seit dem Sommer 2023 eine neue Regierung. Großes Thema im Wahlkampf und bei den Koalitionsverhandlungen war Finnlands Haushaltslage. Das nordische Land hat in den letzten Jahren einen deutlichen Anstieg der Staatsverschuldung verzeichnet. Im Jahr 2023 wird sie sich laut neuster Schätzung der Europäischen Kommission auf 74,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) belaufen. Im Jahr 2019 waren es noch 64,9 Prozent. 

Unter anderem der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte Finnland ermahnt, seinen Haushalt mittelfristig deutlich zu konsolidieren. Dies ist notwendig, um einen finanziellen Spielraum für die altersbedingten Ausgaben der Gesellschaft zu haben. Die neue finnische Regierung will dies nun in Angriff nehmen und die öffentlichen Finanzen bis 2027 um netto 6 Milliarden Euro entlasten. 

Finnlands Regierung will zudem die Einwanderungs- und Aufenthaltsbedingungen verschärfen. Das Vorhaben stößt in der Wirtschaft auf Kritik, da im Land ein großer Fachkräftemangel herrscht und die Unternehmen auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen sind.

Wirtschaftsentwicklung: Wachstum kündigt sich an

Finnlands Wirtschaftsleistung wird 2023 in etwa auf dem Niveau des Vorjahres verharren. So prognostiziert die Europäische Kommission in ihrer Herbstprognose ein BIP-Wachstum von 0,1 Prozent. Finnlands Zentralbank gehört mit ihrer Mitte Oktober 2023 veröffentlichten Schätzung von minus 0,3 Prozent zu den Pessimisten. 

Grund für die schwache finnische Wirtschaftsentwicklung im Gesamtjahr 2023 ist das 2. Halbjahr 2023. Laut EU-Kommission haben vor allem höhere Finanzierungskosten und ein schwacher Privatkonsum zu einer Verringerung des BIP geführt. Auch Rückgänge der Produktions- und Bautätigkeit hätten dazu beigetragen. Bereits mit dem 1. Quartal 2024 dürfte sich die Situation jedoch schrittweise verbessern.  

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Das angespannte Wirtschaftsklima macht sich auch in der heimischen Industrie bemerkbar. Das zeigt der vom finnischen Zentralverband der Wirtschaft (EK) erhobene Stimmungsindikator. Dieser ist im Jahresverlauf 2023 immer weiter in den negativen Bereich gerutscht. Besonders dramatisch ist die Kapazitätsauslastung der Betriebe. Sie lag im Oktober 2023 bei 52 Prozent. Ein Jahr zuvor waren es noch 20 Prozentpunkte mehr. Zum Jahreswechsel 2023/2024 dürfte sich die Lage weiter verschlechtern. Die Mehrzahl der Unternehmen erwartet einen weiteren Rückgang der Produktion. Der Grund dafür: Die Neuaufträge sind deutlich zurückgegangen.

Investitionen: Baubranche in der Rezess

Noch schlechter ist die Lage in Finnlands Baubranche. Sie befindet sich derzeit in einer Rezession. Eine Besserung ist nicht in Sicht. Im Herbst 2023 ist die Bautätigkeit weiter zurückgegangen. Dies schlägt sich auch zunehmend in einem Rückgang der Beschäftigtenzahlen nieder. EK erwartet, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Besonders betroffen ist der Wohnungsbau. So stieg die Zahl der fertiggestellten, aber unverkauften Wohnungen im Jahresverlauf 2023 deutlich an. Immer mehr Baufirmen berichten von Problemen bei der Finanzierung neuer Projekte. Mit positiven Impulsen der Bauinvestitionen ist daher erst ab 2025 zu rechnen. 

Ein etwas besseres Bild bietet der finnische Maschinen- und Anlagenbau. Zwar wird auch hier für 2023 ein Rückgang der Investitionen erwartet. Nach Einschätzung der Europäischen Kommission werden die finnischen Ausrüstungsinvestitionen aber bereits 2024 wieder zulegen. Im Jahresvergleich erwarten die Experten einen Anstieg um 2,3 Prozent. 

Konsumenten überdenken ihre Ausgaben

Die Stimmung unter Finnlands Verbrauchern war auch im Oktober 2023 weiterhin schlecht. Sie erwarten für die darauffolgenden zwölf Monate keine Besserung. Das macht sich in den Konsumentscheidungen bemerkbar. In naher Zukunft planen nur wenige Finnen größere Anschaffungen. Auch beim Kauf oder der Renovierung der eigenen Wohnung bleiben sie zurückhaltend.

Der vom finnischen Statistikamt erhobene Stimmungsindikator lag bereits zum Jahresende 2022 auf einem historischen Tiefstand. Im Sommer 2023 befand sich der Indikator zwar weiterhin im negativen Bereich, hatte sich aber vorübergehend etwas erholt. Seit September 2023 hat sich die Stimmung unter den finnischen Konsumenten jedoch wieder verschlechtert. 

Finnlands Industrie ist auf den Export angewiesen

Für die finnische Wirtschaft spielt die Auslandsnachfrage eine große Rolle. So stammen rund drei Viertel der Aufträge in der technischen Industrie aus dem Ausland. Besonders die Konjunktur der beiden größten finnischen Handelspartner Schweden und Deutschland ist für die Unternehmen entscheidend. Die derzeitigen Herausforderungen der internationalen Wirtschaft spiegeln sich daher auch in der finnischen Exportnachfrage wider.

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Deutsche Perspektive: Erneuerbare Energien bieten viele Möglichkeiten für Kooperationen

Finnlands neue Regierung strebt eine Verdopplung der heimischen Stromproduktion an. Besonders der heimische Windenergiesektor wird davon profitieren. Bisher hat das Land quasi keine Offshore-Windkraftanlagen. Das soll sich in den nächsten Jahren ändern. Mehrere Auktionen für die Vergabe von Offshore-Gebieten sind geplant. Davon könnten auch deutsche Unternehmen profitieren. Bereits beim Ausbau des finnischen Onshore-Sektors waren viele von ihnen aktiv beteiligt. Die Chancen im finnischen Onshore-Sektor sind bei weitem noch nicht erschöpft. 

Dank der raschen Entwicklungen bei erneuerbaren Energien wird Finnland zeitnah in der Lage sein, Energie zu exportieren. Somit kommt das Land auch als Lieferant für grünen Wasserstoff infrage. Der Energieexport kann sich zu einem wichtigen Standbein der finnischen Wirtschaft entwickeln, denn die heimische Nachfrage ist schlicht zu klein. Hohe Kreditzinsen und Materialkosten bremsen den Ausbau der Erneuerbaren derzeit und stehen neuen Investitionen im Wege.

Weitere Informationen zu Finnland erhalten Sie auf der Länderseite.

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