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Wirtschaftsausblick | Mexiko

Unternehmen strömen nach Mexiko

Die mexikanische Wirtschaft steht im Zeichen des Nearshoring. Der Zufluss an Direktinvestitionen soll sich mittelfristig nahezu verdoppeln. Auch deutsche Unternehmen sind aktiv.

Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt

Top-Thema: Im Fokus ausländischer Investoren

Die Grenzlage zu den USA macht Mexiko für viele zu einem attraktiven Standort. Im 1. Halbjahr 2023 zogen die ausländischen Direktinvestitionen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 41 Prozent auf rund 29 Milliarden US-Dollar (US$) an, meldete das Wirtschaftsministerium. Das ist der höchste je erreichte Halbjahreswert. Die Economist Intelligence Unit (EIU) erwartet zwischen 2023 und 2027 Investitionen in Höhe von knapp 60 Milliarden US$ jährlich, etwa doppelt so viel wie in den Jahren zuvor.

Nearshoring ist vor allem im Automobilsektor zu beobachten. So kündigte Tesla an, seine dritte Gigafactory außerhalb der USA im nordmexikanischen Bundesstaat Nuevo León zu bauen. Geplantes Investitionsvolumen: rund 5 Milliarden US$. Weitere Faktoren, die bei der Standortentscheidung eine Rolle spielen, sind das Freihandelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada (USMCA) sowie niedrige Lohnkosten.

Wirtschaftsentwicklung: Deutlich besser als erwartet

Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet, dass Mexikos Bruttoinlandsprodukt 2023 um real 3,2 Prozent zunimmt. Er hat damit seine frühere Prognose um 1,4 Prozentpunkte angehoben. Grund für den Optimismus sind neben dem Nearshoring die Aktivitäten bei großen Infrastrukturprojekten. Noch vor den Wahlen Mitte 2024 will die Regierung Megaprojekte wie die Zugstrecke Tren Maya oder die Raffinerie Dos Bocas fertigstellen.

Der Automobilsektor entwickelt sich dynamisch und treibt die Gesamtwirtschaft an. Er macht gut 24 Prozent der Industrieproduktion aus und stellte von Januar bis September 2023 rund 2,9 Millionen Pkw her. Das waren 13,1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Damit liegt die Automobilproduktion wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie.

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Dank steigender Realeinkommen rechnet EIU mit einer Zunahme des Privatkonsums um 3,7 Prozent. Die Dynamik soll sich 2024 auf 1,2 Prozent abschwächen. Mexikos Zentralbank Banxico konnte die hohe Inflationsrate von zeitweise über 8 Prozent Mitte 2022 durch aggressive Zinssteigerungen senken. Sie erwartet, dass die Preissteigerung 2025 wieder das anvisierte Niveau von 3 Prozent erreichen wird.

In den Umfragen zu den Präsidentschaftswahlen 2024 liegt Claudia Sheinbaum vorn. Die ehemalige Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt ist die Kandidatin der Regierungspartei Morena und vor allem bei den ärmeren Bevölkerungsschichten beliebt. Sie wird von Präsident López Obrador unterstützt. Das wichtigste Oppositionsbündnis schickt die Senatorin Xóchitl Gálvez ins Rennen. Außenseiterchancen werden Samuel García, dem Gouverneur von Nuevo León eingeräumt. Alle drei Optionen dürften im Vergleich zum amtierenden Präsidenten wirtschaftspolitisch für mehr Stabilität sorgen.

Nearshoring beflügelt Ausrüstungsinvestitionen

Die Ausrüstungsinvestitionen lagen im 1. Halbjahr 2023 um fast 19 Prozent über denen des Vorjahreszeitraums. Insbesondere die Ausgaben für importierte Ausrüstungsgüter erhöhten sich kräftig, auch dank des starken Peso.

Noch stürmischer ging es dem Statistikamt INEGI zufolge im Tief- und Wirtschaftsbau zu. Dort legten die Anlageinvestitionen um 39 Prozent zu. Zu den Infrastrukturprojekten kommt der Bau neuer Industrieparks und Fabrikgelände. Nach Angaben des Verbands der Industrieparks AMPIP waren diese Mitte 2023 zu 98 Prozent ausgelastet. Da 2024 und 2025 mit 453 neuen Unternehmen in den Parks gerechnet wird, läuft der Ausbau der Kapazitäten.

Um den Investitionsschub aufrechtzuerhalten, hat die Regierung im Oktober 2023 sofortige Steueranreize für Neuinvestitionen von exportorientierten Unternehmen erlassen. Die Anreize gelten bis Ende 2024 und umfassen auch Ausgaben für die Qualifizierung der Beschäftigten.

Mexiko löst China als wichtigsten Handelspartner der USA ab

Nach dem Außenhandelsrekord im Jahr 2022 entwickelt sich der Warenaustausch langsamer. Der starke Peso wirkt sich negativ auf die Exporte aus, die dennoch im 1. Halbjahr 2023 um 3,9 Prozent zunahmen. Die Einfuhren erhöhten sich um 1,6 Prozent, wobei ein etwas geringerer Erdölpreis die gestiegene Nachfrage nach Kapitalgütern aus dem Ausland teilweise wieder ausglich.

Mexiko ist 2023 zum wichtigsten Handelspartner der USA avanciert und erreichte in den ersten acht Monaten 2023 einen Anteil von 15,8 Prozent am US-Handelsvolumen. Es folgten Kanada mit 15,3 Prozent und China mit 10,9 Prozent. Die USA führten in diesem Zeitraum Waren im Wert von 316,7 Milliarden US$ aus Mexiko ein.

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Deutschland war 2022 nach den USA, China und Südkorea das viertwichtigste Lieferland Mexikos mit Warenlieferungen im Wert von 18,4 Milliarden US$. Das Inkrafttreten des modernisierten EU-Mexiko-Handelsabkommens steht noch aus.

Deutsche Perspektive: Firmen expandieren in Mexiko

Dem Ruf des Nearshoring folgen auch deutsche Unternehmen. Der Automobilzulieferer KOSTAL weihte im Oktober 2023 in Querétaro ein Produktionszentrum für eingebaute Bordladegeräte (on-board chargers, OBC) für Elektrofahrzeuge ein. Die Fabrik mit 750 Beschäftigten wurde nahezu eins zu eins von einer bestehenden Produktionsanlage des Unternehmens in China übernommen und soll vor allem Fahrzeughersteller in den USA beliefern. 

Ebenfalls im Oktober eröffnete Sensorspezialist Balluff im Bundesstaat Aguascalientes eine Fertigungsstätte für Sensortechnik und Automatisierung. Sie soll die Lieferzeiten in den Handelsraum Amerika verkürzen, da das Unternehmen sonst nur in Deutschland, China und Ungarn fertigt.

"Mehr als die Hälfte der am neuen Standort produzierten Sensoren, Zubehörteile, Netzwerksysteme und RFID-Lösungen wird direkt den nord- und südamerikanischen Markt versorgen."

Frank Nonnenmann Geschäftsführer und Head of Supply Chain bei Balluff

Rund 1 Milliarde US$ investiert ZF Friedrichshafen in Mexiko, wie Alberto de Icaza, Head of External Affairs, im Gespräch mit Germany Trade $ Invest mitteilte. Auch BMW, Bosch und Brose haben größere Vorhaben angekündigt. Insgesamt haben deutsche Unternehmen im 1. Halbjahr 2023 rund 2,5 Milliarden US$ in Mexiko investiert. Damit belegte Deutschland Platz 3 hinter den USA und Spanien.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Länderseite Mexiko.

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