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Wirtschaftsumfeld | Kroatien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Kroatiens Arbeitsmarkt zeigt sich trotz makroökonomischer Unsicherheiten robust. Die Beschäftigung hat das Vor-Corona-Niveau übertroffen und wird weiter steigen.

Von Waldemar Lichter, Snjezana Buhin Peharec | Zagreb

Die Coronapandemie hat die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im Frühjahr 2020 abrupt beendet. Der starke Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 8,5 Prozent ließ die Arbeitslosigkeit 2020 auf 7,5 Prozent steigen. Die Regierung hatte den Arbeitsmarkt unmittelbar nach dem Ausbruch der Coronakrise mit zahlreichen Hilfsmaßnahmen in Höhe von insgesamt 2,3 Milliarden Euro stabilisiert.

Diese Maßnahmen verbunden mit den sehr guten Ergebnissen im Tourismussektor in den Jahren 2021 und 2022 haben die Arbeitslosenquote wieder auf 7 Prozent sinken lassen. Für 2023 und 2024 geht die Europäische Kommission von einem Wirtschaftswachstum von 1,6 beziehungsweise 2,3 Prozent aus. Die Erwerbslosenquote wird weiter sinken - auf zunächst 6,6 Prozent und dann 6,1 Prozent.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten

2022

Bevölkerung (in Mio.) 1

3,9

Erwerbspersonen (Beschäftigte und Arbeitslose, in Mio.)

1,84

Erwerbstätige (in Mio.)

1,71

Arbeitslosenquote, offizielle (in %, nach ILO-Definition)

7,0

Analphabetenquote (in %)

0,8

Universitätsabschluss (in %) 2

25,4

1 Schätzung jeweils zur Jahresmitte; 2 Anteil an der Bevölkerung im Alter von 25 bis 64 JahrenQuelle: Staatliches Statistikamt Kroatien 2023; Eurostat 2023

Die Arbeitslosigkeit ist am höchsten in Slawonien im Osten Kroatiens, im dalmatinischen Hinterland und in der Region südlich von Karlovac und Sisak. Vergleichsweise niedrig ist sie dagegen in der Hauptstadt Zagreb, in Istrien, im Verwaltungsbezirk Primorje-Gorski kotar und in den nördlichen Regionen Varaždin und Medjimurje.

Fachkräftemangel bereitet Probleme

Die Probleme mit dem Arbeitskräftemangel haben sich weiter verschärft. Das belegen Ergebnisse der im Frühjahr 2023 durchgeführten Konjunkturumfrage der AHK Kroatien. Für mehr als Hälfte der befragten Unternehmen stellen fehlende Fachkräfte das größte Risiko dar - noch vor den gestiegenen Energiepreisen. Verstärkt wird deshalb die Anwerbung von ausländischen Arbeitskräften - vor allem aus ostasiatischen Ländern. Schätzungen zufolge sollen diese 2023 einen Anteil von 10 Prozent an der Zahl der Beschäftigten erreicht haben. Die Facharbeiterknappheit ist auch auf die Auswanderung zurückzuführen.

In der Rangliste des schweizerischen Instituts IMD zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Arbeitsmarktes belegt Kroatien ungeachtet leichter Verbesserungen einen schlechten 56. Rang von 63 bewerteten Ländern. Das weist auf einen großen Reformbedarf in diesem Bereich hin. 

Rund 14,6 Prozent (2016: 22,2 Prozent) aller kroatischen Arbeitnehmer hatten 2022 einen befristeten Arbeitsvertrag. Eine Teilzeitbeschäftigung übten nur 4,7 Prozent aller Erwerbstätigen aus (EU-Durchschnitt: 17,6 Prozent). Weit unterdurchschnittlich vertreten ist immer noch die Telearbeit. Dies ist auf die rigiden rechtlichen Bestimmungen zurückzuführen. Eine Liberalisierung wird jedoch vom zum Jahresanfang 2023 novellierten Arbeitsgesetz erhofft.

Duale Berufsausbildung erst im Kommen

Kroatiens Schul- und Hochschulabgänger sind gemessen am Marktbedarf oft überqualifiziert oder haben ihre Abschlüsse nicht in den gesuchten Fächern erworben. Da während des Studiums berufspraktische Erfahrungen durchweg nicht erworben werden, sind bei der Einstellung von Jungakademikern in der Regel unternehmensinterne Ausbildungen von sechs bis zwölf Monaten erforderlich. Die duale Berufsausbildung ist seit 2013 rechtlich verankert. Deren Umsetzung ist aber immer noch nicht vollständig erfolgt. 

Am stärksten auf dem Markt nachgefragt waren 2022 Untersuchungen zufolge einige Bauberufe (vor allem Maurer, Installateure, Zimmerleute, Klempner und Fliesenleger). Einen großen Nachfrageüberhang gibt es bei Fachkräften im Bereich Wartung und Reparatur von Kraftfahrzeugen sowie im verarbeitenden Gewerbe etwa bei Drehern, CNC-Bedienern, Metallbauern, Metzgern, Bäckern und Konditoren. Kritische Engpässe sind im Hotel- und Gastgewerbe sowie im Logistiksektor festzustellen. Andererseits gibt es ein Überangebot an Ökonomen, Kaufleuten, Sekretärinnen und Verwaltungsangestellten sowie Modegrafikern.

Stark gesucht werden Spezialisten in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologie, Elektrotechnik, Maschinenbau, Bauwesen sowie Medizin und Pharmazie. Es mangelt ferner an Buchhaltern, Lehrkräften sowie am Verkaufspersonal.

Die Fremdsprachenkenntnisse der kroatischen Arbeitskräfte sind im internationalen Vergleich gut. Nur 27 Prozent der Kroaten beherrschen keine Fremdsprache. Gut 22 Prozent der Bevölkerung geben an, zwei Fremdsprachen zu sprechen. Vor allem Englisch und Deutsch sind verbreitet. Viele Bewohner Dalmatiens sprechen Italienisch.

Headhunting wird immer wichtiger

Für die Suche nach Arbeitskräften gibt es ähnliche Möglichkeiten wie in Westeuropa. Offiziell ist für die Arbeitsvermittlung das Kroatische Amt für Beschäftigung (HZZ) zuständig. Vermehrt werden aber Annoncen über Internetstellenbörsen platziert. Führend sind dabei die Portale Posao und MojPosao. Auch soziale Medien wie LinkedIn und Facebook spielen eine immer wichtigere Rolle.

An Bedeutung gewonnen hat inzwischen die Direktsuche (Headhunting), vor allem bei der An- und Abwerbung von hochqualifizierten und spezialisierten Fachkräften. Die Provision eines Headhunters beträgt in der Regel 15 Prozent des Jahresbruttogehalts der vermittelten Fachkraft, bei stark spezialisierten Berufen zwischen 17 und 19 Prozent. Bei Spitzenpositionen kann die Gebühr bis zu 300 Prozent des Monatsgehaltes der vermittelten Führungskraft erreichen. Bei der Suche nach Fachpersonal bietet auch die AHK Kroatien Unterstützung an.

Zeitarbeit noch wenig verbreitet

Der Anteil der über Zeitarbeitsfirmen beschäftigten Arbeitskräfte ist im internationalen Vergleich gering. Neben Electus DGS bieten unter anderem die DEKRA Arbeit GmbH (Stuttgart) mit ihrer Zeitarbeitsfirma DEKRA sowie Adecco, Trenkwalder, Smart Flex und Manpower die Überlassung von Arbeitnehmern an. Die Vermittlungsgebühr beträgt zwischen 12 und 15 Prozent der monatlichen Lohnkosten des überlassenen Arbeitnehmers.

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