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Wirtschaftsumfeld | Niederlande | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Der Fachkräftemangel stellt die Unternehmen vor große Herausforderungen. Der Anteil befristeter Arbeitsverträge ist hoch. Die Anforderungen in vielen Berufen verändern sich.

Von Inge Kozel | Berlin

Trotz einer hohen Inflation wächst die niederländische Wirtschaft weiter. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll sich allerdings 2023 (+1,8 Prozent) und 2024 (+1,2 Prozent) verlangsamen, so die EU-Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2023. Eine Stütze ist der starke Export, der sich jedoch aufgrund des sinkenden Wirtschaftswachstums in den Hauptabnehmerländern im Jahresverlauf abschwächen soll.

Die Arbeitslosigkeit dürfte 2023 nach Einschätzung der EU-Kommission leicht ansteigen. Das nominale Lohnwachstum schätzt die Kommission 2023 auf etwa 5,5 Prozent und 2024 rund 4,8 Prozent.

Die Inflation in den Niederlanden (2023: 4,9 Prozent, 2024: 3,3 Prozent) schmälert das verfügbare Einkommen der Haushalte. Das Analyseinstitut CPB erwartet, dass die durchschnittliche Kaufkraft 2023 preisbereinigt um 0,2 Prozent sinkt (2022: -2,7 Prozent). Auch die Reallöhne sind 2022 um 3,3 Prozent gefallen und sollen 2023 laut Europäischer Kommission stagnieren. 

Der niederländische Arbeitsmarkt ist gekennzeichnet durch einen hohen Anteil befristeter Arbeitsverträge und durch einen hohen Grad an Selbstständigkeit. Zudem war das Land bereits vor der Coronakrise Spitzenreiter bei der Teilzeitbeschäftigung. Im Jahr 2018 arbeitete knapp die Hälfte der Beschäftigten in Teilzeit.

Auf dem Arbeitsmarkt besteht ein Missverhältnis zwischen Arbeitsuchenden und offenen Stellen: Es werden andere Qualifikationen gesucht als diejenigen derer, die derzeit ohne Beschäftigung sind. Arbeitsagenturen und Personalvermittler profitierten vom Arbeitskräftemangel.

Beschäftigung wächst langsamer

Die Beschäftigung wird 2023 und 2024 langsamer wachsen als in den zwei Jahren zuvor, so die niederländische Agentur für Arbeitnehmerversicherungen (Uitvoeringsinstituut Werknemersverzekeringen, UWV). Unternehmen müssen sich auf einen fortdauernden Fachkräftemangel einstellen und Lösungen finden. Dies kann auch zu einer stärkeren Automatisierung in den Betrieben führen.

Jedes dritte niederländische Unternehmen gibt im 2. Quartal 2023 in einer Erhebung des Statistikamtes CBS an, offene Stellen nicht besetzen zu können. Im Jahr 2022 gab es 1,6 Millionen offene Stellen. Deren Anzahl dürfte nach Schätzungen von CBS 2023 jedoch um 8 Prozent sinken. Für 2024 wird ein weiterer Rückgang prognostiziert.

Fachkräftemangel in vielen Sektoren

Der niederländische Kfz-Sektor beschäftigt rund 120.000 Personen. Der Anteil von Hybrid- und Elektro-Kfz nimmt rasch zu, denn die Regierung ist bestrebt, dass ab 2030 nur noch Pkw mit Elektroantrieb verkauft werden. Entsprechend verändern sich die Anforderungen an Kfz-Mechaniker. Die Anzahl der offenen Stellen in der Branche nimmt zu.

Auch im Baugewerbe herrscht Fachkräftemangel. Die Nachfrage nach Wohnraum steigt und Gebäude müssen auf erneuerbare Energien und effiziente Isolierungen umgestellt werden.

Zudem steigt in der Informations- und Kommunikationstechnologie, im Agrarbereich, im Groß- und Einzelhandel sowie im Gastgewerbe die Zahl der offenen Stellen. Auch der Bereich Transport und Logistik klagt über einen Mangel an Arbeitskräften, insbesondere an Lkw-Fahrern.

In der Industrie sind viele Stellen schwer zu besetzen. Es besteht ein großer Bedarf an CNC-Maschinenbedienern, Schweißern, Konstrukteuren, Projektleitern und Verfahrenstechnikern. Die Arbeit in der Branche ist hoch technisiert. Wegen der Automatisierung und Robotisierung werden immer mehr Fachkräfte mit Kenntnissen in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnik benötigt sowie Personen, die Daten analysieren. Etwa 800.000 Menschen arbeiten in der Branche.

Ansprechpartner für Arbeitsuche und Kündigungen ist die staatliche Arbeitsvermittlung (UWV), die Filialen in jedem größeren Ort des Landes hat. UWV registriert offene Stellen und Arbeitsuchende, informiert Berufsanfänger und bearbeitet die Kündigungsanträge von Arbeitgebern und -nehmern, die in den Niederlanden einer Genehmigung bedürfen.

Mitarbeitersuche häufig im Internet

Stellengesuche und -angebote werden häufig im Internet veröffentlicht. Verschiedene Anbieter von Onlinedatenbanken haben sich auf besondere Branchen und Regionen spezialisiert. Der hohe Ausbildungsstand der Bevölkerung zählt zu den Trumpfkarten der Niederlande. Besonders verbreitet sind Zeitarbeitsfirmen (uitzendbureaus). Gehaltsvergleiche nach Branchen und Berufserfahrung bietet zum Beispiel das Portal Loonwijser.

Deutschen Firmen mit Arbeitnehmern in den Niederlanden bietet die Deutsch-Niederländische Handelskammer einen Lohnabrechnungsservice. Die Dienstleistungen erstrecken sich auf alle Fragen zu Lohn- und Lohnnebenkosten.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten

Bevölkerung (in Mio., 1.1.2023) 

17,6

Erwerbspersonen (Bevölkerung älter als 15 und jünger als 65 Jahre, in Mio., 2023)

9,6

Erwerbstätige (in Mio., 2022)

9,2

Arbeitslosenquote, offizielle (in %, nach ILO-Definition, 2022)

3,5

Personen (15 Jahre und älter) mit Fachhochschul- und universitärem Bachelorabschluss (in Mio., 2018)

2,5

Personen (15 Jahre und älter) mit universitärem Masterabschluss oder Promotion (in Mio., 2018)

1,5

Analphabetenquote (in %) 

k.A.

Quelle: Eurostat 2023; Statline 2023; ILO 2023

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