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Rechtsbericht | Taiwan | Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Der Labor Standards Act (LSA) legt als eine wesentliche Rechtsgrundlage des Arbeitsrechts Taiwans Mindeststandards für die Arbeitsbedingungen fest.

Von Julia Merle | Bonn

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick

Vergütung

Überwiegend individuell ausgehandelt (Art. 21 LSA)

Mindestlohn

26.400 NT$ pro Monat; 176 NT$ pro Stunde (seit 01.01.2023)

Arbeitsstunden pro Woche

Nicht mehr als 40 Stunden pro Woche (Art. 30 LSA)

Regelarbeitstage pro Woche

Fünf-Tage-Woche mit einem festen und einem flexiblen Ruhetag (Art. 36 LSA)

Zulässige Überstunden

Überstunden plus Regelarbeitszeit nicht mehr als 12 Stunden am Tag; nicht mehr als 46 Überstunden im Monat; nach betrieblicher Regelung Überstunden plus Regelarbeitszeit höchstens 54 Stunden pro Monat; im Dreimonatszeitraum bis zu 138 Überstunden erlaubt (Art. 32 LSA)

Bezahlte Feiertage

10 bis 15 gesetzliche Feiertage (dazu Art. 37, 39 LSA)

Bezahlte Urlaubstage

6 Monate bis 1 Jahr: 3 Tage; 1 Jahr bis 2 Jahre: 7 Tage; 2 Jahre bis 3 Jahre: 10 Tage; 3 Jahre bis 5 Jahre: 14 Tage; 5 Jahre bis 10 Jahre: 15 Tage; mehr als 10 Jahre: 1 zusätzlicher Tag pro Jahr Dienstzeit bis maximal 30 Tage (Art. 38, 39 LSA)

Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen (13. und/oder 14. Gehalt)

Zusätzlicher Bonus am Jahresende möglich (Art. 29 LSA), abhängig vom Vertrag; eventuell Bonus für bestimmte Festivals (wie chinesisches Neujahrsfest, Mondfest)

Tage mit bezahltem Arbeitsausfall

Hochzeit: 8 Tage, Bestattungen: 3, 6 oder 8 Tage je nach Verwandtschaftsbeziehung (Art. 43 LSA i.V.m. Regulations of Leave-Taking of Workers); Mutterschaftsurlaub: 8 Wochen (Art. 50 LSA), Vaterschaftsurlaub: 7 Tage (Art. 15 Gender Equality in Employment Act)

Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit

Bei Krankheit an bis zu 30 Arbeitstagen im Jahr sind 50% des Gehalts zu zahlen (Art. 43 LSA i.V.m. Regulations of Leave-Taking of Workers); ist ein Arbeitsunfall für den Ausfall ursächlich, sind 100% des Gehalts zu zahlen (Art. 59 LSA)

Probezeit

Gesetzlich nicht vorgesehen

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

Rechtsgrundlagen

Mindeststandards bezüglich der Beschäftigungsbedingungen sind im Labor Standards Act (LSA) von 1984 vorgesehen, zuletzt geändert am 10. Juni 2020. Daneben bestehen insbesondere der Labor Insurance Act und der Occupational Safety and Health Act mit Regelungen zum Arbeitsschutz. Im Mai 2022 ist der Labor Occupational Accident Insurance and Protection Act in Kraft getreten.

Ferner gilt etwa der Labor Pension Act unter anderem in Bezug auf Abfindungen. Hinsichtlich Arbeitsstreitigkeiten ist seit dem 1. Januar 2020 der Labor Incident Act in Kraft. Seit dem 4. Dezember 2020 gilt der Middle-aged and Elderly Employment Promotion Act insbesondere zur Erhöhung der Beschäftigungsquote bei diesen Personen.

Im Bereich des Kollektivarbeitsrechts sind insbesondere der Labor Union Act sowie der Collective Agreement Act relevant.

In Bezug auf die Beschäftigung hochqualifizierter ausländischer Fachkräfte trat im Februar 2018 der Act for the Recruitment and Employment of Foreign Professionals in Kraft. Er wurde zuletzt geändert im Jahr 2021.

Zu den Gesetzen bestehen außerdem Durchführungsbestimmungen, beispielsweise die Enforcement Rules of the Labor Standards Act in der Fassung vom 14. Februar 2019. 

Vertragsabschluss 

Nach Art. 9 LSA werden befristete und unbefristete Arbeitsverträge unterschieden. Zu den befristeten Arbeitsverhältnissen zählen vorübergehende, kurzzeitige, saisonale sowie auf eine spezielle Aufgabe bezogene Verträge; dauerhafte Arbeitsverhältnisse hingegen werden als unbefristete Arbeitsverträge eingeordnet.

Der Mindestinhalt der Arbeitsverträge ist in Art. 7 der Enforcement Rules zum LSA aufgeführt. Dazu zählen Vereinbarungen hinsichtlich Vergütung, auszuübender Tätigkeit, Urlaub und Vertragsbeendigung.

Ein Schriftformerfordernis für Arbeitsverträge ergibt sich zwar nicht aus dem Gesetz, regelmäßig werden jedoch schriftliche Verträge geschlossen. Eine Probezeit ist gesetzlich nicht geregelt. 

Nach Art. 9-1 LSA kann der Arbeitgeber eine Vereinbarung hinsichtlich eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots (sogenanntes "After-resignation Business Strife Limitation Agreement") mit den Arbeitnehmern abschließen, wenn diese unter anderem Zugang zu den Geschäftsgeheimnissen des Arbeitgebers haben. Der Zeitraum darf maximal zwei Jahre betragen. Dem Arbeitnehmer ist während des Arbeitsverhältnisses eine zusätzliche Entschädigung zu zahlen. 

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Der LSA regelt die Rechte und Pflichten der Parteien lediglich allgemein und enthält Mindestvorgaben. Der Arbeitnehmer stellt dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft zur Verfügung und der Arbeitgeber zahlt ihm eine Vergütung entsprechend der vertraglichen Vereinbarung. Dabei ist der Arbeitnehmer weisungsgebunden. Der Arbeitgeber hat für die Sicherheit der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz und die Einhaltung der vorgegebenen Arbeitsbedingungen zu sorgen, Art. 8 LSA. 

Gemäß Art. 70 LSA haben Arbeitgeber, die mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigen, sogenannte "Work Rules" entsprechend dem jeweiligen Geschäftsbereich aufzustellen mit Regelungen zu den dort genannten Themen. Diese Arbeitsregeln sind öffentlich auszuhängen nach Genehmigung und Registrierung durch die zuständigen Behörden.  

Für Überstunden fallen Zuschläge nach Art. 24 LSA an: Bei bis zu zwei Stunden Mehrarbeit hat der Arbeitgeber mindestens ein Drittel des regulären Stundenlohns zusätzlich zu zahlen; bei über zwei Stunden, aber insgesamt nicht mehr als vier Stunden Mehrarbeit zusätzlich mindestens zwei Drittel des regulären Stundenlohns. In Sonderfällen der Ausdehnung der normalen Arbeitszeit nach Art. 32 Abs. 4 LSA muss der Arbeitnehmer das Doppelte des regulären Stundenlohns erhalten. Ebenso sind Überstundenzuschläge zu zahlen, wenn Arbeitnehmer an Ruhetagen nach Art. 36 LSA arbeiten müssen. 

Vertragsbeendigung 

Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis in den in Art. 11 LSA genannten Fällen ordentlich kündigen. Dazu gehören etwa auch Umsatzrückgänge oder eine Übertragung des Betriebs. 

Nach Art. 16 LSA hängt die einzuhaltende Kündigungsfrist von der Beschäftigungsdauer ab: Sie beträgt zehn Tage bei einer ununterbrochenen Beschäftigungsdauer von über drei Monaten, aber weniger als einem Jahr; 20 Tage bei einer Dauer von über einem Jahr, aber unter drei Jahren und 30 Tage bei einer Beschäftigungszeit von mehr als drei Jahren. Kündigt der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag ohne Einhaltung dieser Fristen, muss er dem Arbeitnehmer für den jeweiligen Zeitraum eine Vergütung zahlen. 

Der Arbeitgeber hat im Falle einer ordentlichen Kündigung nach Art. 16 LSA eine Abfindung gemäß Art. 17 LSA innerhalb von 30 Tagen nach Vertragsbeendigung zu zahlen. 

Art. 12 des Labor Pension Act sieht ebenfalls Bestimmungen zur Abfindungszahlung vor, die auf Arbeitsverhältnisse ab dem 1. Juli 2005 anwendbar sind. Danach fällt ein Betrag in Höhe der Hälfte des durchschnittlichen Monatsgehalts für jedes volle Beschäftigungsjahr an bis zu höchstens einem Betrag von sechs durchschnittlichen Monatslöhnen. 

Eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber ist in den in Art. 12 LSA genannten Fällen möglich, beispielsweise, wenn ein Arbeitnehmer Gewalt gegen den Arbeitgeber ausübt oder den Arbeitsvertrag schwerwiegend verletzt. In den meisten Fällen muss die Kündigung innerhalb von 30 Tagen, nachdem der Arbeitgeber Kenntnis von der bestimmten Situation erlangt hat, erfolgen. Nach Art. 18 LSA besteht dann kein Anspruch auf eine Abfindungszahlung. 

Bei der Beendigung des Vertrages hat der Arbeitnehmer nach Art. 19 LSA einen Anspruch auf Ausstellung einer Bestätigung der Arbeit (proof of service record).

Kündigungsschutz besteht grundsätzlich beispielsweise bei Abwesenheit im Falle des Mutterschaftsurlaubs oder während einer langanhaltenden medizinischen Behandlung infolge eines Arbeitsunfalls, Art. 13 LSA. 

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