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Deutsche Investoren in Tschechien sehen 2021 positive Trends

Der Standort punktet durch die Produktivität der Arbeitnehmer und Qualität der Zulieferer. Er ringt mit einem Mangel an Fachkräften und Digitalisierungsdefiziten der Verwaltung.

Von Miriam Neubert | Prag

Mit der schrittweisen Rücknahme der coronabedingten Restriktionen steigt auch in Tschechien unter den Unternehmen die Zuversicht. Optimisten und Pessimisten hielten sich im April mit Blick auf die Wirtschaftsaussichten für 2021 noch die Waage. In der Anfang Mai 2021 in Prag vorgestellten Konjunkturumfrage der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer (AHK Tschechien) rechnen 39 Prozent der befragten Firmen mit einer Aufhellung der Wirtschaftsaussichten, 36 Prozent mit einer Eintrübung. Hinsichtlich der Perspektiven für das eigene Geschäft aber geht fast jede zweite von einer Besserung aus, nur 13 Prozent von einer Verschlechterung.

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Mehr Gesamtumsatz bei 55 Prozent der Firmen

Positiv sind die Aussichten im Vergleich zu dem höchst herausfordernden und schwierigen Coronajahr 2020 auch bei weiteren Indikatoren. Mehr als die Hälfte der 129 von der AHK Tschechien befragten Niederlassungen deutscher Unternehmen glaubt, den Gesamtumsatz 2021 steigern zu können. Ein Viertel sieht ihn unverändert, und nur ein Fünftel befürchtet Rückgänge. Den Vor-Corona-Umsatz schon wieder erreicht haben 28 Prozent. Weitere 18 Prozent rechnen im weiteren Verlauf 2021 damit. Ein Drittel sieht das 2022 eintreten, ein Fünftel aber erst 2023 oder noch später.

Gegenüber dem Coronatal 2020 geht es auch bei Exportabsatz, Investitionsausgaben und der Beschäftigung bergauf. Gut ein Drittel der Firmen sehen in diesen drei Bereichen 2021 Steigerungen vorher. Die Hälfte geht von einem gleichbleibenden Zustand aus und nur eine Minderheit von sinkenden Werten.    

Industrie ist optimistischer 

Gerade im Blick auf die aktuelle Lage aber lassen detailliertere Ergebnisse die durch Pandemie und Lockdown bedingte Spaltung der Wirtschaft erkennen. Wenn jedes fünfte Unternehmen die aktuelle Wirtschaftslage als gut bewertet, dann seien darunter zwei Drittel aus dem verarbeitenden Gewerbe und nur 15 Prozent aus dem Dienstleistungsbereich, betont Christian Rühmkorf, Leiter Kommunikation & Public Affairs der AHK Tschechien. Die Industrie war in Tschechien auch im höchsten Wellengang der Infektion nicht durch staatliche Verbote an der Arbeit gehindert worden.

Die Pandemie hat die hohe Lohndynamik der vergangenen Jahre deutlich heruntergebremst. Mehr als ein Drittel der befragten Firmen glaubt, dass die Lohnkostensteigerungen unter 3 Prozent bleiben; die Hälfte erwartet 3 bis 8 Prozent. Nur 13 Prozent halten mehr als 8 Prozent für wahrscheinlich. Treibend wird sich mit zunehmender Wirtschaftserholung der Fachkräftemangel auswirken. Diesen halten die Unternehmen für das größte Risiko bei der wirtschaftlichen Entwicklung in den kommenden zwölf Monaten (59 Prozent). Erst an zweiter Stelle steht mit 53 Prozent die Nachfrage. Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen wiederum, Energie- und Rohstoffpreise oder die Arbeitskosten betrachten nur jeweils rund ein Drittel der Unternehmen als ein Risiko.  

Auch in Tschechien hatten und haben Unternehmen im Zuge der Pandemie mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen. Den Ersatz oder die Ergänzung bisheriger Zulieferer halten in absehbarer Zeit aber nur 13 Prozent der befragten Niederlassungen für sehr wahrscheinlich, 36 Prozent immerhin für möglich. Für gut die Hälfte spielen solche Erwägungen keine Rolle. Als Zielregion, in der Zulieferer gesucht werden, macht die Europäische Union (EU) das Rennen mit Mittel- und Osteuropa (65 Prozent), Westeuropa (43 Prozent) und Deutschland (39 Prozent), gegenüber Asien-Pazifik (24 Prozent) oder osteuropäischen Nicht-EU-Ländern (19 Prozent). 

In Mittelosteuropa als Standort auf Rang zwei

Spitzenargument für den Standort Tschechien bleibt für die Niederlassungen deutscher Unternehmen unverändert die EU-Mitgliedschaft. Zu den fünf am besten bewerteten Kriterien zählen ebenso wie in früheren Jahren die Produktivität und Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer, Qualität und Verfügbarkeit lokaler Zulieferer, Zahlungsdisziplin und akademische Ausbildung.

In einer Reihe von insgesamt 21 Standortkriterien kommt die Verfügbarkeit an Fachkräften erneut am schlechtesten weg, ebenso die Bekämpfung von Korruption und Kriminalität. Eher unzufrieden sind die Unternehmen auch mit der Transparenz der öffentlichen Vergabe. Auf den fünf untersten Plätzen landeten neu die öffentliche Verwaltung sowie die politische und soziale Stabilität. Im Oktober 2021 finden Parlamentswahlen statt, was, geschürt durch die Folgen der Coronakrise, den politischen Dissens verstärkt. Auch hat die Pandemie Digitalisierungsdefizite in der öffentlichen Verwaltung offenbart. Die Digitalisierung eines Landes spielt aber bei der Bewertung eines Investitionsstandorts eine wachsende Rolle.

Die Ergebnisse der Umfrage der AHK Tschechien sind Teil der länderübergreifenden Konjunkturumfrage der deutschen Auslandshandelskammern in Mittel- und Osteuropa (MOE). Als attraktivster Standort der MOE-Region kam bei den befragten Investoren aus 15 Ländern erneut Estland an erster Stelle knapp vor Tschechien. "Das digitale Estland ist für Investoren in MOE attraktiver als das Industrieland Tschechien", interpretiert die AHK Tschechien dieses Ergebnis und weist auf Handlungsbedarf einer zügigen Digitalisierung in Tschechiens Verwaltung hin. 

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