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Wirtschaftsumfeld | Polen | Wirtschaftsstruktur

Großunternehmen behaupten sich auch in Pandemiezeiten

Die 500 umsatzstärksten Unternehmen Polens melden überraschend gute Ergebnisse für 2020. Auch die Industriekonjunktur 2021 entwickelte sich dynamisch.


Von Beatrice Repetzki | Berlin

Trotz der Wirtschaftsflaute 2020, in der das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,5 Prozent sank, erzielten die 500 größten Unternehmen Polens Einnahmen in Höhe von 428 Milliarden Euro. Das entspricht einer Zunahme auf Złoty-Basis von nominal 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Ergebnisse sind jedoch laut Tageszeitung Rzeczpospolita, die das Ranking publizierte, mit den Angaben 2019 kaum vergleichbar. Der Grund dafür: Über 200 Unternehmen der aktuellen Liste waren 2019, oft auf eigenen Wunsch hin, nicht vertreten.

Im Jahr 2021 dürfte das Ergebnis bei einem von der Zentralbank NBP erwarteten Wachstum des BIP von 5,3 Prozent noch besser ausfallen. Auch für 2022 sind die Aussichten mit einem von der NBP prognostizierten Plus von 4,9 Prozent günstig. Dennoch dämpfen Unsicherheiten den Optimismus. Dazu zählen die Frage nach dem weiteren Pandemieverlauf, die wachsende Inflation, Lohnforderungen, die Schwäche des Zloty und gesetzliche Änderungen etwa durch die „Polnische Ordnung“ (Polski Ład), ein kontrovers diskutiertes sozioökonomisches Maßnahmenpaket. 

Einnahmen der 500 größten Unternehmen in Polen (in Milliarden Euro) *)

2016

2017

2018

2019

2020

318

342

361

374

428

*) umgerechnet zum jeweiligen JahresdurchschnittskursQuelle: Beilage „Lista 500“ der Tageszeitung Rzeczpospolita (29. November 2021)


Energiegruppe rückt weiter auf

Zu den drei Spitzenreitern auf der Liste der 500 gehörte 2020 die Energiegruppe PGE Polska Grupa Energetyczna GK S.A. Im Jahr 2019 hatte sie noch den vierten Platz belegt, auf den sie die Polnische Erdölförderung und Gaswirtschaft PGNiG verwies. Sowohl der Erdöl- und -gassektor als auch die Energieerzeugung investierten 2020 kräftig. Gute Umsatzsteigerungen verzeichnete jedoch nur der Energiebereich, während die Rohstoffsparte unter den niedrigen Preisen litt, ein Trend, der sich 2021 umkehrte. Auch Handelsketten profitierten.

Die 20 umsatzstärksten Unternehmen in Polen 2020 (in Millionen Euro, Veränderung in Prozent) 1) 2)

Name des Unternehmens, Sitz 3)

Einnah-

men 4)

Veränderung

Netto-

gewinn

Investi-

tionen

PKN Orlen S.A. GK, Płock (Erdöl)

19.397

-22,5

636

1.704

Jeronimo Martins, Kostrzyn (Handel)

13.778

10,2

550

303

PGE S.A. GK, Warszawa (Energie)

10.301

21,6

33

1.335

PGNiG S.A. GK, Warszawa (Erdgas, -öl)

8.822

-6,7

1.652

1.304

PZU S.A. GK, Warszawa (Versicherung)

7.282

-8,8

569

k.A.

Eurocash S.A. GK, Komorniki (Handel)

5.719

2,2

15

42

Cinkciarz.pl Sp.z o.o., Zielona Góra

5.572

31,9

2

1

Lidl Sp.z o.o. Sp.k., Tarnowo Podgórne

5.372

10,0

380

258

KGHM Polska Miedź S.A. GK, Lubin (Kupfer)

5.319

4,0

404

783

Grupa Lotos S.A. GK, Gdańsk (Erdöl)

4.706

-29,1

-258

201

Tauron Polska Energia S.A., GK, Katowice

4.584

6,6

-560

880

Enea S.A. GK, Poznań (Energie)

4.091

15,1

-503

536

PKO BP S.A. GK, Warszawa (Sparkassen)

3.771

-4,0

-576

311

Volkswagen Poznań Sp.z o.o., Poznań

3.659

-12,0

118

129

Totalizator Sportowy Sp.z o.o., Warszawa

3.462

55,5

43

39

Volkswagen Group Polska Sp.z o.o., Poznań

3.406

-2,3

25

1

ArcelorMittal Poland S.A., Dąbrowa Górnicza

3.201

-14,5

-266

75

AB S.A. GK, Magnice (Elektronikvertrieb)

2.943

28,1

28

2

PSH Lewiatan GK, Włocławek (Handel)

2.903

4,2

k.A.

k.A.

Energa S.A. GK, Gdańsk (Energie)

2.813

8,9

-100

360

1) umgerechnet zum Jahresdurchschnittskurs 2020: 1 Euro=4,4430 Zł, 2) nominale Veränderung auf Złoty-Basis gegenüber 2019, 3) GK=Grupa Kapitałowa, 4) Einnahmen aus VerkäufenQuelle: Beilage „Lista 500“ der Tageszeitung Rzeczpospolita vom 29. November 2021

Die Bedeutung der Unternehmen mit überwiegend ausländischem Kapitalanteil nahm 2020 merklich zu. Sie erwirtschafteten die Hälfte des Gesamtumsatzes (50,6 Prozent), während auf inländische Privatfirmen 31 Prozent entfielen, auf inländische Staatsunternehmen 18,3 Prozent und auf kommunale Betriebe 0,1 Prozent.

Faktisch ist die Bedeutung des Staatssektors laut Rzeczpospolita größer. Einige Unternehmen werden als privat eingestuft, da der Fiskus nur einen Minderheitsanteil an ihnen hält. Dennoch trifft die Regierung strategische Entscheidungen für sie, auch bei der Besetzung von Schlüsselpositionen wie etwa im Falle des Erdölkonzerns PKN Orlen.  

Anzahl der gelisteten Unternehmen in Polen gemäß überwiegendem Kapitalanteil

Ausländisch

Inländisch/Privat

Staatlich

Gemeinden

2016

242

211

40

7

2017

238

213

40

9

2018

230

224

39

7

2019

249

211

34

6

2020

282

177

39

2

Quelle: Beilage „Lista 500“ der Tageszeitung Rzeczpospolita (29. November 2021)


Handelssektor stark vertreten

Unter den 500 umsatzstärksten Unternehmen 2020 gehörten 134 dem Handelssektor an, davon 70 dem Einzelhandel und 64 dem Großhandel. Mit der Produktion von Pkw, Sattelschleppern und Schiffen sowie Teilen dafür befassten sich 67 Gesellschaften, mit der von Nahrungsmitteln 46, mit Finanz- und Informatikdienstleistungen 42, mit der Produktion von chemischen und medizinischen Artikeln 31, mit der von Brennstoffen sowie Energie 30.

Allein auf den Einzelhandel entfielen 2020 rund 22,7 Prozent des Gesamtumsatzes. Er konnte seine Einnahmen um 38,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigern. Besonders erfolgreich waren die Hersteller von Pkw, Sattelschleppern und Schiffen sowie Teilen dafür (+103 Prozent). Stabil blieben die Umsätze des Gesundheits- und Freizeitbereichs sowie der Medien (+0,3 beziehungsweise +0,2 Prozent).

Neben den Großen stützt sich die Wirtschaft auf fast 5 Millionen Mikro-, kleine und mittelständische Unternehmen, die aber nicht alle aktiv sind. Ende September 2021 zählte das Statistische Hauptamt (Główny Urząd Statystyczny, GUS) 17.002 Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten. Davon ordnete es 7.872 dem Industriesektor zu, darunter 6.848 der verarbeitenden Industrie. Allein 1.062 Unternehmen erzeugten Metallprodukte und 1.044 Nahrungsmittel. Zum Großhandel zählten 1.704 und zum Einzelhandel 1.112 Gesellschaften (jeweils ohne Kfz).

Die Umsätze der Industriebetriebe mit mindestens zehn Beschäftigten erholten sich insgesamt nach dem Coronajahr 2020 (real -1 Prozent gegenüber 2019) und lagen in den ersten elf Monaten 2021 real 15 Prozent höher als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Am dynamischsten waren die Produktion von Elektro- und elektronischen sowie optischen Geräten und Computern (+28,6 Prozent), der Bereich Strom, Gas, Wasserdampf und Warmwasser (+27,9 Prozent) und die Metallproduktion (+21,1 Prozent).

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