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Wirtschaftsumfeld | Indonesien | Handelspolitik

Indonesien bleibt trotz neuen Investitionsrechts marktfeindlich

Der Archipel bietet Importeuren und ausländischen Investoren durch niedrige Zölle nun mehr Bewegungsfreiheit. Doch die Regierung spielt auf der Klaviatur des Protektionismus.

Von Frank Malerius | Jakarta

Indonesien ist ein schwieriges Land für Lieferanten und Investoren. Kaum ein Unternehmer vor Ort ist mit den Rahmenbedingungen zufrieden, schon gar nicht im Vergleich zu denen der anderen ASEAN-Länder. Als Folge dieser Vorbehalte ist die Industrie rückständig geblieben, denn das eigene technologische Know-how reicht nicht für Fortschritt. 

Die Ende 2020 beschlossene Investitionsrechtsreform soll der Befreiungsschlag sein. Sie ist ein mutiger Schritt, für den Präsident Joko Widodo Widerstände im eigenen Lager überwinden musste. Viele Wirtschaftsbereiche wurden für volle ausländische Eigentümerschaft geöffnet. Die Reform ist ein Meilenstein, auch wenn vielen deutschen Unternehmen die Maßnahmen nicht weit genug gehen. 

Jenseits des liberalisierten Investitionsrechts hat die Regierung aber weiterhin protektionistische Tendenzen. Nicht-tarifäre Handelshemmnisse, der Entzug von Importlizenzen, Schikanen bei der Einfuhr oder eine anti-ausländische Rhetorik signalisieren vielen fremdländischen Unternehmen, dass sie nur geduldet sind. Nicht immer lässt sich dabei unterscheiden, ob politisches Kalkül, Lobbyismus einheimischer Konkurrenten oder eine erratische Bürokratie die Ursache sind.

Hohe Einfuhrhemmnisse für ausländische Produkte

Der Inselstaat hat gemessen an Bevölkerungszahl und Wirtschaftsleistung die mit Abstand geringsten Importe unter den großen ASEAN-Ländern. Das gilt auch für Lieferungen aus Deutschland. Gründe dafür sind eine mangelnde Einbindung in globale Lieferketten und eine strikte Einfuhrkontrolle. Nur Produkte, die das Land dringend benötigt, sollen die Grenzen passieren. Ein wichtiges Instrument ist der staatliche Produktstandard Standar Nasional Indonesia (SNI), der mit internationalen Normen wenig gemein hat.

Indonesiens Importzölle sind niedrig, die Schranken jenseits davon aber hoch. So hat der in Jakarta ansässige Thinktank Centre for Indonesian Policy Studies herausgefunden, dass es alleine im Agrarbereich 466 nicht-tarifäre Handelshemmnisse gibt, die praktisch alle Produktgruppen betreffen. Und wird etwa, wie im Jahr 2019 geschehen, ein Einfuhrverbot im Stahlbereich verhängt, um die eigenen Hersteller zu schützen, sollte ein Maschinenlieferant die Funktionsweise der einzelnen Metallteile seines Geräts den Zollbehörden erklären können. 

Logistikunternehmen berichten zwar, dass sich die Zollabfertigung seit dem Amtsantritt von Widodo im Jahr 2014 substanziell verbessert hat. Doch schützt das im Einzelfall nicht. Auch Lieferanten, die mit wiederholten Standardlieferungen in der "Green Lane" sind, bekommen dann ihre Waren nicht mehr ins Land.

Importe nur mit Lizenz

Beliebtes Instrument zur Steuerung von Einfuhren ist die Vergabe von Importlizenzen durch Ministerien. Viele Güter können nur mit ihnen eingeführt werden. So können Lieferungen jederzeit gedrosselt werden – auch, um politische Ziele in anderen Feldern durchzusetzen.

So reagierte die Regierung auf europäische Subventionskürzungen für aus Palmöl gewonnenem Biodiesel mit einem sogenannten "silent ban". Davon betroffen waren unter anderem Milch und Weizen aus der EU. Dafür mussten keine Gesetze erlassen werden. Stattdessen wurden einfach keine Importlizenzen mehr vergeben. Für betroffene Unternehmen besteht keinerlei Transparenz.

Auch religiöse Gruppen haben Einfluss. So musste zuletzt die Liberalisierung bei der Herstellung alkoholischer Getränke zurückgenommen werden. Das berüchtigte Halal-Gesetz muss zwar erst 2024 voll umgesetzt werden, bietet aber schon jetzt die Möglichkeit, die Einfuhr von Nahrungsmitteln, Medikamenten oder anderen chemischen Produkten zu verbieten. Restriktionsgründe können auch sein, dass Produktionsanlagen, Verpackungsmaterialien oder Transportcontainer nach den Halal-Richtlinien "unrein" sind. Indonesien ist das Land mit der weltweit größten muslimischen Bevölkerung.

Plötzliches Verbot ausländischer Medizintechnik

Die geringe Planungssicherheit für Lieferanten zeigt ein aktuelles Beispiel: So hat die Regierung im Juni 2021 ohne Vorwarnung mehr als 5.000 importierte medizintechnische Produkte aus dem E-Katalog ausgelistet, über den staatliche Krankenhäuser ihre Beschaffung organisieren müssen. Angeblich könnten indonesische Firmen sie selbst herstellen, Branchenexperten bestreiten das aber.

Die Außenhandelsbilanz hat in Indonesien eine große psychologische Bedeutung. Die monatlichen Zwischenstände finden in der Wirtschaftsberichterstattung stets einen prominenten Platz. Fällt der Saldo negativ aus, hat sich die Republik vom Ausland übervorteilen lassen. Maßnahmen zur Importkontrolle finden dann einen gesellschaftlichen Resonanzraum.

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So erklärte Widodo im März 2021 vor Regierungsvertretern, dass Indonesien einheimische Produkte "lieben" und ausländische Produkte "hassen" solle. Nach Kritik daran wiederholte er die Aussage gleich noch einmal. Der Präsident, früher selbst Unternehmer, gilt im Vergleich zu anderen Kräften im Land dabei noch als moderat und wirtschaftsfreundlich.

Importe essentiell für Industrie

Die Industrie ist durch und durch abhängig von Einfuhren. Das gilt nicht nur für Technologie, sondern auch für Rohstoffe und Vorprodukte, sei es für die Nahrungsmittelproduktion, die pharmazeutische Industrie oder die Elektronikbranche. Nach der Systematik des Handelsministeriums entfallen fast drei Viertel aller Importe auf diese Bereiche.  

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Da die Außenhandelsbilanz positiv bleiben soll, liegen diese Importe ganz besonders im Visier der Regierung. Neueste Instrumente zur Einfuhrkontrolle sind die Regierungsverordnungen 28 und 29/2021 zur "Warenbilanz" (Neraca Komoditas). Sie beauftragen den Zoll, den Import insbesondere von Rohstoffen und Vorprodukten detailgenau zu erfassen und an die Ministerien zu übermitteln. Noch ist die genaue Umsetzung nicht geklärt, doch Unternehmensverbände fürchten bereits, dass die Regierung anhand der Daten dringend benötigte Importe nach Gutdünken drosseln oder unterbinden kann.

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