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Special | Indonesien | Klimawandel lokal

Indonesiens Klimapläne sind schwer umsetzbar

Die Regierung in Jakarta gibt sich umweltbewusst. Doch für ein aufstrebendes Schwellenland mit starkem Bevölkerungswachstum ist Klimaschutz ein schwieriges Unterfangen. 

Von Frank Malerius | Jakarta

Die weltweite Debatte um den Klimawandel hat auch Indonesien erfasst. Die Medien des Inselreichs berichten zunehmend über Klimathemen. Die aufstrebende Mittelschicht gibt sich umweltbewusst. Auch die Politik surft auf der grünen Welle und setzt sich vollmundige Ziele zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Neuerdings will das Land bereits 2060 klimaneutral sein.

Diese Zielmarke lässt viel Spielraum, denn niemand der politisch Verantwortlichen wird dann noch im Amt sein. Gleichzeitig lässt sich nicht absehen, welche technischen Möglichkeiten zur Vermeidung von Emissionen es bis dahin gibt. Doch schon die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 für das Jahr 2025 – mit einem Anteil von 23 Prozent der Erneuerbaren an der Primärenergieerzeugung – wird Indonesien wohl deutlich verfehlen.

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Der politischen Rhetorik folgen aber durchaus Taten. Laut Zehnjahresplan zur Stromversorgung sollen 50 Prozent aller neuen Erzeugungskapazitäten aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Zahlreiche Kohlekraftwerke verfeuern neben Kohle mittlerweile Biomasse. Mit internationaler Hilfe sollen außerdem Solaranlagen und Batteriespeicher in kleineren Stromnetzen der Peripherie Dieselgeneratoren ersetzen.

Mehr Menschen, mehr Mobilität, mehr Konsum

Doch jenseits dieser Maßnahmen sollte die breite Perspektive über den Entwicklungsweg Indonesiens als aufstrebendes Schwellenland nicht aus dem Blickfeld geraten. Alleine in den kommenden zehn Jahren wird die Bevölkerung um etwa 25 Millionen Menschen wachsen. Die Anzahl der Pkw auf den Straßen dürfte in diesem Zeitraum um etwa 8 Millionen zunehmen, die von Motorrädern um mindestens 30 Millionen.

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Gleichzeitig will das Land eine Mobilitätswende hin zum E-Auto in die Wege leiten. Treibende Kraft dahinter ist allerdings nicht der Klimaschutz. Denn Stromer sollen erklärtermaßen die Überkapazitäten an Kohlestrom vor allem auf Java abbauen und gleichzeitig dabei behilflich sein, die steigenden Mineralölimporte zu senken. Aber die hohen Preise für Batteriefahrzeuge und eine mangelnde Ladeinfrastruktur stehen einem baldigen Wandel entgegen.  

Infolge der zunehmenden Prosperität fordern die Menschen jedoch nicht nur mehr individuelle Mobilität ein. Sie wollen auch mehr Wohnraum, mehr Air-Conditioning und mehr Fleisch. Die meisten der 270 Millionen Indonesier sind mit sozialem Aufstieg und mehr Konsum beschäftigt. Politiker, die sich dem entgegenstellen, haben schlechte Chancen auf eine Wiederwahl. 

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Mehr Strom, mehr Kohle

Indonesiens Strombedarf wächst stark, anders als der von Industrieländern mit stagnierender Bevölkerungszahl. Der staatliche Strommonopolist PLN rechnet alleine für die kommenden zehn Jahre mit der Steigerung der Erzeugungskapazitäten um 60 Prozent und dem Wachstum des Stromverbrauchs um mehr als 50 Prozent. 

Selbst wenn die Erneuerbaren tatsächlich stark ausgebaut werden und ihren Anteil an der Stromversorgung steigern könnten, bleibt Kohle dabei der mit Abstand wichtigste Energieträger. Der soll in dieser Dekade sogar um fast 40 Prozent zulegen.

Der Minister für Energie und Rohstoffe hat zwar verkündet, dass keine neuen Kohlekraftwerke jenseits von den im Bau befindlichen mehr entstehen sollen. Aber wenn die derzeit bestehenden Überkapazitäten an Kohlestrom einmal abgebaut sind und günstiger Strom für ärmere Bevölkerungsschichten benötigt wird oder China mit dem Bau kohlebefeuerter Erzschmelzen und Stahlwerke Industrialisierung, Arbeitsplätze und Exporterlöse verspricht, wird diese Aussage womöglich nicht mehr viel wert sein. 

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Erneuerbaren-Ziele eher symbolisch

Kohle ist das wichtigste Wirtschaftsgut Indonesiens und wird in großen Mengen exportiert, vor allem nach China und Indien. An den Erlösen hängen indirekt Millionen Existenzen. Gleichzeitig sind Steuern und Abgaben aus dem Kohlebergbau eine der wichtigsten Einnahmequellen des Staatshaushalts. Aus ihnen wird eine Vielzahl von Sozialprogrammen finanziert, seien es der Wohnungsbau für ärmere Bevölkerungsschichten, die Stabilisierung der Preise von Grundnahrungsmitteln oder Zuschüsse zur chronisch defizitären allgemeinen Krankenversicherung.

Strom, auch aus Kohle, ist im Verhältnis zu den Einkommen teuer (um ein Mehrfaches im Vergleich zu Deutschland). Obwohl er auf der Erzeugerseite über einen staatlich festgelegten Niedrigpreis für Kohlelieferungen an heimische Kraftwerke subventioniert wird. Auf der Verbraucherseite muss PLN Strom unterhalb der Erzeugerpreise verkaufen, um ihn erschwinglich zu halten. Dadurch hat PLN einen großen Schuldenberg aufgetürmt.

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Für eine aktuelle Studie zum Energiemarkt haben das Mercator-Institut, das Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und das German Institute for Global and Area Studies (GIGA) mehrere Dutzend Entscheider der indonesischen Energiepolitik interviewt. Dabei sagten die Befragten, dass die aktuellen Erneuerbaren-Ausbauziele eher ein symbolischer Akt seien. Kohle sei ein Mittel, um Armut zu bekämpfen, die Industrialisierung voranzutreiben und Entwicklung in Regionen zu bringen, die andernfalls keine wirtschaftliche Perspektive hätten.

Viele Geschäftsmodelle bedürfen subventionierter Energie

Die Regierung muss alle Energieformen mit Milliardensummen subventionieren, weil unzählige Geschäftsmodelle auf günstiger Energie basieren. Seien es Benzin für die Millionen Motorradkuriere und -taxis in den Städten, Kochgas (muss zu drei Vierteln importiert werden und soll deshalb bald aus heimischer Kohle hergestellt werden) für Essensstände am Straßenrand oder Strom für kleine Hinterhofschreinereien. Schon eine Preissteigerung von wenigen Cent könnte viele Menschen aus dem Arbeitsleben treiben. Deshalb würde sich auf der Straße schnell Widerstand formieren. 

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