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Wirtschaftsumfeld | Israel | Forschung und Entwicklung

Israel tritt Horizont Europa mit großen Hoffnungen bei

Israels finanzieller Beitrag zum Programm verdoppelt sich nahezu gegenüber dem Vorgängerprogramm. Dennoch legt das Land großen Wert auf die Teilnahme an Horizont Europa.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Anfang 2022 tritt Israel formell dem Forschungsprogramm Horizont Europa bei. Die Ratifizierung des von der israelischen Regierung und der Europäischen Kommission ausgehandelten Abkommens über Israels Teilnahme soll vor Ende 2021 erfolgen. Wie bei anderen assoziierten Ländern auch – und als ein solches nimmt Israel seit 1996 an den europäischen Rahmenforschungsprogrammen teil – erfolgt der Beitritt zu Horizont Europa mit einjähriger Verzögerung.

Anträge bereits im Vorfeld eingereicht

Das bedeutet nicht, dass potenzielle israelische Bewerber bisher untätig waren. In Erwartung des positiven Verhandlungsergebnisses haben viele von ihnen bereits im Vorfeld Anträge auf Mittel aus dem Programmfonds gestellt. Wie viele dieser Anträge von den für das Programm zuständigen Institutionen aufgenommen beziehungsweise beschieden wurden, ist nicht bekannt, doch fängt Israel 2022 nicht ganz bei null an. Das erklärte Nili Shalev, die für internationale Beziehungen zuständige Vizepräsidentin der israelischen Innovationsbehörde (Israel Innovation Authority) gegenüber Germany Trade & Invest.

Israel zahlt mehr ein

Zu den wichtigsten Unterschieden zwischen Israels Teilnahme am Vorgängerprogramm Horizont 2020 und Horizont Europa gehört der Betrag, den Israel in die Finanzierungskasse einzahlt. Waren es bei Horizont 2020 rund 1,3 Milliarden Euro, so ist der israelische Beitrag bei Horizont Europa mit 2,5 Milliarden Euro fast doppelt so hoch.

Dafür, so Nili Shalev, seien drei Gründe ausschlaggebend. Erstens sei die Berechnungsformel für EU-Mitglieder durch den Brexit verändert worden. Zweitens sei das israelische Bruttoinlandsprodukt seit Beginn des Vorgängerprogramms schneller als der Durchschnitt anderer Länder gestiegen. Das bedeute, dass Israel jetzt einen höheren Prozentsatz des Gesamtetats des Programms tragen müsse. Drittens sei der Etat von Horizont Europa in absoluten Zahlen um ein Viertel höher als derjenige von Horizont 2020.

Einbindung in europäische Forschung entscheidend wichtig

Die Bereitschaft, eine so steile Erhöhung des israelischen Beitrags in Kauf zu nehmen, zeige das erhebliche Interesse des Landes an der Programmteilnahme - gerade angesichts der etatpolitischen Zwänge, in die Israel wegen der Coronakrise geraten ist. Hauptgrund dafür sei die große Bedeutung, die eine engere Einbindung in den europäischen Rahmen für Israels Forschungs- und Entwicklungssektor habe. Zwar hätten israelische Teilnehmer in der Vergangenheit gelegentlich Forschungszuschüsse erhalten, die den von der Regierung in die Programmkasse eingezahlten Beitrag überstiegen. Heute sei das jedoch nicht der Fall und stelle nicht den Grund für Israels Teilnahme dar.

Bei Horizont 2020 hielten sich die Einzahlung der israelischen Regierung und die von den israelischen Teilnehmern erhaltenen Zuschüsse ungefähr die Waage. Bei Horizont Europa ist ein nennenswerter Überschuss erst gar nicht möglich, da assoziierte Staaten die ihren Teilnehmern gewährten Zuschüsse selbst decken müssen, wenn der Finanzierungsüberschuss mehr als 8 Prozent beträgt.

Viele Start-ups gehen an den Start

Bei Horizont Europa ist unter anderem der 10 Milliarden Euro umfassende Finanzierungsrahmen für kleinere und mittelgroße Unternehmen sowie Start-ups aus israelischer Sicht hochrelevant. Bereits bei Horizont 2020, in dessen Rahmen 4 Milliarden Euro für diesen Zweck bestimmt worden seien, erklärt Shalev, hätten sich kleinere israelische Start-ups erfolgreich um Projektfinanzierung aus diesem Topf beworben. Hierzu sei anzumerken, dass Israel über nicht allzu viele Großunternehmen verfüge, dafür aber über rund 7.000 Hightech-Start-ups. Letztere seien häufig aussichtsreiche Kandidaten für die Programmteilnahme.

Auch die generellen Schwerpunktthemen von Horizont Europa böten israelischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen Chancen. So habe Israel eine hoch entwickelte medizinische Forschungslandschaft inklusive Digitalgesundheit. Die vollständige Digitalisierung der Krankenakten praktisch aller Landesbewohner biete eine gute Grundlage für Forschungskooperationen mit ausländischen Unternehmen. In Fragen der inneren Sicherheit, des Krisenmanagements und der Datensicherheit gehöre Israel ebenfalls zur Weltspitze und forsche zudem intensiv bei der Technologie für autonomes Fahren.

Eine wichtige Rolle bei der Kooperation mit ausländischen Partnern im Rahmen von Horizont Europa könne ferner Israels führende Rolle bei der Entwicklung der künstlichen Intelligenz spielen. Diese könne in einer breiten Palette von Sektoren und Branchen zur Anwendung kommen und von anderen Partnern entwickelte Technologien aufwerten.

Kooperation mit Deutschland besonders eng

Bei den europäischen Forschungsrahmenprogrammen ist Deutschland stets dasjenige Land, mit dem Israel die meisten gemeinsamen Projekte durchführt. Das liegt nicht nur an der Tatsache, dass Deutschland die größte europäische Volkswirtschaft ist, sondern auch an den traditionell engen Wissenschafts- und Forschungsbeziehungen zwischen den beiden Ländern. Angesichts des in den letzten Jahren gestiegenen Engagements deutscher Forschungseinrichtungen und multinationaler Unternehmen in Israel hofft Nili Shalev, dass die Kooperation mit deutschen Partnern im Rahmen von Horizont Europa noch enger als bisher wird.

Bei Horizont 2020 haben sich nach Angaben der israelischen Innovationsbehörde 1.811 israelische Teilnehmer - die Angaben beziehen sich auf den Zeitraum bis September 2020 - erfolgreich um Zuschüsse beworben. Bei 49,2 Prozent der Teilnehmer handelte es sich um Hochschuleinrichtungen, gefolgt von der Industrie mit 43,1 Prozent und anderen Bewerbern mit 7,8 Prozent.

Allerdings war die durchschnittliche Mittelbewilligung für universitäre Antragsteller höher als für Industriefirmen, sodass 63,7 Prozent der für israelische Teilnehmer bestimmten Mittel auf Hochschulen entfielen. Die Industrie erhielt 34,3 Prozent der bewilligten Gelder, während es bei anderen Teilnehmern nur 2,1 Prozent waren.

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