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Wirtschaftsausblick | Niederlande

Wirtschaftsaufschwung ist erst einmal aufgeschoben

Das niederländische Konjunkturbarometer schlägt mäßig nach oben aus. Investoren halten sich noch zurück. Allerdings soll sich das Konsumklima 2024 verbessern.

Von Michael Sauermost | Bonn

Top-Thema: Zum Jahreswechsel herrscht noch Ungewissheit nach den Wahlen

Ausgerechnet in einer Zeit, in der die schleppend verlaufende Wirtschaft starke Impulse einer Regierung benötigt, ist eine politische Ruhepause vorprogrammiert. Nach den Parlamentswahlen im November 2023 steht eine langwierige Regierungsbildung an, die sich über mehrere Monate hinziehen könnte. Wie lange dadurch die Wirtschaftsdynamik gelähmt bleibt und Investoren Zurückhaltung an den Tag legen, ist unklar. Denn der rechts ausgerichtete Wahlsieger Geert Wilders und seine Partei für die Freiheit PVV müssen die schwierige Suche nach Koalitionspartnern bewerkstelligen.

Klimapolitik auf dem Prüfstand

Nach knapp 13 Jahren mit Ministerpräsident Mark Rutte kommt es in den Niederlanden jetzt zu einer Wachablösung. Bei den Umfragen rund um die Wahlen fiel auf, dass vor allem innenpolitische und soziale Faktoren wie Wohnungsnot, Lebensunterhalt oder nicht zuletzt die Migration die Wählerschaft beeinflussen. Klimapolitische Themen indes rückten in den Hintergrund.

Generell ist der Energiesektor in den Niederlanden in Bewegung. Im Oktober 2023 beendete das Land de facto die Erdgasförderung durch die Stilllegung der umstrittenen Gasfelder in Groningen. Dadurch rücken andere Energiequellen noch stärker als zuvor in den Fokus. Vor allem sollen dies die erneuerbaren Energien, aber auch die Kernkraft sein. Insgesamt wird dies eine der ersten anspruchsvollen und richtungsweisenden Aufgaben für die neue Regierung sein.

Wirtschaftsentwicklung: Keine großen Sprünge, aber das Wachstum zieht leicht an

Die Konjunkturprognosen für die niederländische Wirtschaft fallen gemäßigt aus. Die EU-Kommission erwartet für 2024 immerhin ein reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,1 Prozent. Im Folgejahr könnten es dann 0,5 Prozentpunkte mehr sein. Eine weiterhin hohe Inflation sowie steigende Zinsen könnten die Phase einer Stagnation noch verlängern, befürchten Analysten der Rabobank.

Eine deutliche Konjunkturabkühlung erfolgte bereits im Laufe des Jahres 2023. So wurde die Frühjahrsprognose der EU Kommission für das reale BIP-Wachstum von 1,8 Prozent später, im November, auf 0,6 Prozent nach unten korrigiert. Unter anderem wird dies auf den schwachen Konsum zurückgeführt. Die Haushalte reagierten auf das wachsende Preisniveau und reduzierten ihre Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr. Unter der verhaltenen Konjunkturlage bei den wichtigsten Handelspartnern litt auch das Exportgeschäft.

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Auch die Industrie blieb vom konjunkturellen Gegenwind nicht verschont. Von April bis Oktober 2023 registriert das Statistikamt CBS rückläufige Produktionszahlen gegenüber den entsprechenden Vorjahresmonaten. Der Maschinenbau nimmt im Rahmen der CBS-Erhebungen eine interessante Entwicklung: Während die Produktion rasant zurückgeht, werden für die Kategorie Reparatur und Montage starke Zuwächse registriert.

Konsum ist einer der Wachstumstreiber 2024

Für die leichte Erholung 2024 dürfte zum einen die schrumpfende Inflation sorgen. Die EU-Kommission erwartet für 2023 noch eine Rate von 4,6 Prozent. Im Jahr 2024 soll sich diese den Prognosen zufolge auf 3,7 und 2025 dann auf 2 Prozent reduzieren. Gleichzeitig wird mit einem Nominallohnwachstum gerechnet. Insgesamt dürften diese Tendenzen zu einer deutlichen Steigerung der Inlandsnachfrage führen. Auch bei den wichtigsten Handelspartnern soll sich die Konjunktur erholen, was sich positiv auf die Exporte auswirken könnte.

Investoren bleiben abwartend

Aufgrund der sich verschärfenden Finanzierungskonditionen ist das Investitionsklima im Privatsektor laut CBS Investment Radar vom November 2023 noch gedämpft. Die Produzenten klagen außerdem über nicht zufriedenstellende Exportgeschäfte und geringe Kapazitätsauslastungen. Insgesamt schätzen die Unternehmen ihre Auftragslage für die kommenden Monate schlechter ein als noch in den Vormonaten.

Das Haushaltsdefizit der Niederlande dürfte sich 2024 laut EU-Kommission auf 1,8 Prozent des BIP ausweiten. Die Analysten machen dafür einen erhöhten Verteidigungshaushalt, gestiegene Zinsen sowie mehr Ausgaben für Sozialleistungen und öffentliche Investitionen verantwortlich. Letztere dürften sich 2025 weiter erhöhen und dafür sorgen, dass 2025 ein Defizit von 2 Prozent in die Statistik eingehen könnte. Ein anhaltendes, nominelles BIP-Wachstum soll dazu beitragen, dass die Verschuldungsquote nur moderat wächst: von 46,6 Prozent im Jahr 2024 auf 46,8 Prozent im Folgejahr.

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Deutsche Perspektive: Positive Aussichten trotz mäßiger Konjunktur

Deutschland und die Niederlande weiten ihre Kooperationen weiter aus. Mitte November 2023 beschlossen die beiden Länder, ihre Zusammenarbeit im Bereich der Wasserstoffinfrastruktur und des Markthochlaufs zu intensivieren.

Beim AHK World Business Outlook vom Herbst 2023 beurteilten die befragten deutschen Unternehmen ihre Geschäftsaussichten in den Niederlanden als positiv – auch, wenn sie die Konjunkturerwartungen tendenziell negativ einstuften. Kritisch beurteilt wurde von 60 Prozent der Teilnehmer der Fachkräftemangel. Die hohen Arbeitskosten wurden von knapp der Hälfte der Unternehmen beklagt.

Deutschland ist traditionell der größte Handelspartner der Niederlande. Der von Destatis ermittelte deutsch-niederländische Außenhandel zeigt allerdings leichte Spuren der konjunkturellen Gesamtlage: So passierten im 1. Halbjahr 2023 Waren im Wert von 53,8 Milliarden Euro die Grenze von den Niederlanden nach Deutschland. Das entsprach im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2022 einem Minus von 12,9 Prozent. Umgekehrt stiegen die deutschen Exporte in das Nachbarland um 6,3 Prozent auf 57,7 Milliarden Euro.

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Weitere Informationen zu den Niederlanden erhalten Sie auf der GTAI-Länderseite.

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