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Wirtschaftsumfeld | Belgien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Lohnkosten

Die Gehälter variieren stark nach Branchen und Regionen. Zusatzleistungen zum Gehalt spielen eine große Rolle.

Von Inge Kozel, Torsten Pauly | Berlin

Löhne und Gehälter 

Belgien ist ein ausgesprochenes Hochlohnland, lag doch der durchschnittliche Stundenlohn 2022 inklusive aller Nebenkosten bei 43,5 Euro. Dies war in der Europäischen Union (EU) nach Dänemark und Luxemburg der dritthöchste Wert. In Deutschland waren 39,5 Euro und im EU-Schnitt 30,5 Euro zu zahlen.

Aber auch die nominale Arbeitsproduktivität je Beschäftigtem war 2022 in Belgien laut Eurostat um 29,1 Prozent höher als im EU-Schnitt, was nach Irland und Luxemburg dem drittbesten Wert entspricht. Die deutsche Arbeitsproduktivität lag 2022 nur um 3,9 Prozent über dem EU-Mittel, so die Europäische Kommission.

Entwicklung der durchschnittlichen Bruttomonatslöhne
 

2018

2019

2020

nominal (in Euro)

3.627

3.758

3.832

nominale Veränderung (in %)

1,9

3,6

2,0

Quelle: Belgisches Statistikamt Statbel 2023; EU-Kommission 2023

Die Sozialpartner legen in den Tarifverhandlungen, auf Französisch "Système de Concertation Social" genannt, im Nationalen Arbeitsrat (Conseil National du Travail - CNT; Nationale Arbeidsraad NAR) eine zweijährige Richtschnur fest. Auf dieser Grundlage handeln Branchenkommissionen (Commissions Paritaires) konkrete Tarifverträge aus, die kollektive Arbeitsabkommen (Collectieve Arbeidsovereenkomsten - CAO; Conventions Collectives de Travail - CCT) heißen.

Diese Abkommen können regional unterschiedlich ausfallen, betreffen jedoch fast alle Branchen beziehungsweise 96 Prozent aller Beschäftigten und sind auf der Webseite des Arbeitsministeriums eingestellt (siehe Kontaktadressen). Hierauf aufbauend können in privaten Unternehmen noch weitere Lohnverhandlungen stattfinden. Diese führen jedoch tendenziell eher zu weiteren Zu- als Abschlägen gegenüber den CAO/CCT.

Darüber hinaus greift in Belgien eine automatische Inflationsindexierung. Deren Grundlage ist der sogenannte Gesundheitsindex (Indice Santé), der die Lebenshaltungskosten bereinigt um Energie, Kraftstoffe und gesundheitsgefährdende Waren wie Tabak oder Alkohol erfasst. Wegen der in den letzten Jahren auch in Belgien geringen Teuerung war die Inflationsanpassung der Löhne in der Vergangenheit sehr moderat. Das hat sich allerdings geändert: Für viele Belgier erhöhte sich zum 1. Januar 2023 der Lohn um 11,08 Prozent.

In Belgien gibt es hohe regionale Verdienstunterschiede. Die höchsten Löhne werden in der Hauptstadt Brüssel gezahlt, auch wegen ihrer Rolle als Sitz der EU und weiterer internationaler Organisationen. Brüsseler Beschäftigte verdienen mehr als jene in der wallonischen Provinz Luxemburg, die am unteren Ende der Skala ist.

Durchschnittliche Bruttomonatslöhne nach Region (in Euro; Veränderung nominal in Prozent)

Gebiet

2019

2020

Veränderung 2020/2019

Königreich Belgien, darunter

3.758

3.832

2,0

  Brüssel-Hauptstadtregion

4.381

4.539

3,6

  Flandern, darunter

3.714

3.768

1,5

   Provinz Flämisch Brabant

4.013

4.076

1,6

   Provinz Antwerpen

3.845

3.898

1,4

   Provinz Ostflandern

3.599

3.648

1,4

   Provinz Limburg

3.491

3.542

1,5

   Provinz Westflandern

3.402

3.456

1,6

  Wallonien, darunter

3.482

3.557

2,2

   Provinz Wallonisch-Brabant

3.913

4.002

2,3

   Provinz Lüttich

3.492

3.564

2,1

   Provinz Hainaut

3.391

3.461

2,1

   Provinz Namur

3.361

3.434

2,2

   Provinz Luxemburg

3.169

3.239

2,2

Quelle: Statbel 2023

Die Löhne variieren stark in den unterschiedlichen Branchen. Dabei ist das Niveau im verarbeitenden Gewerbe in der Petro-, Chemie- und Pharmaindustrie am höchsten. Diese zählen zu den wichtigsten Industriebranchen. Im Dienstleistungssektor sind die Gehälter in der Informations- und Kommunikationstechnologie, dem Finanzwesen und in der Forschung besonders hoch. Berufserfahrung spielt bei Lohnverhandlungen eine große Rolle. Internationale Konzerne zahlen oft überdurchschnittlich.

Durchschnittliche Bruttomonatslöhne nach Branchen (in Euro; Veränderung nominal in Prozent) 1)

Branche 2)

2019

2020

Veränderung 2020/2019

Insgesamt, darunter

3.758

3.832

2,0

  Nahrungsmittelindustrie

3.415

3.451

1,1

  Textilindustrie

3.263

3.303

1,2

  Holzindustrie

3.116

3.152

1,2

  Papierindustrie

3.671

3.708

1,0

  Druckindustrie

3.774

3.811

1,0

  Petrochemie

5.840

5.902

1,1

  Chemische Industrie

4.756

4.805

1,0

  Pharmaindustrie

4.837

4.895

1,2

  Gummi- und Kunststoffindustrie

3.802

3.849

1,2

  Metallurgie

4.160

4.205

1,1

  Elektronik-, Optikindustrie

3.759

3.806

1,3

  Elektroindustrie

3.941

3.989

1,2

  Maschinenbau

3.792

3.839

1,2

  Kfz-Industrie

3.809

3.848

1,0

  Hochbau

3.422

3.444

0,6

  Tiefbau

3.218

3.239

0,7

  Handel, Kfz-Reparaturen

3.472

3.519

1,4

  Transportwesen zu Lande

3.547

3.603

1,6

  Beherbergungsgewerbe

2.756

2.827

2,6

  Gastronomie

2.640

2.704

2,6

  Telekommunikation

4.522

4.596

1,6

  Informatik

4.566

4.642

1,7

  Finanzwesen, ohne Versicherungen

4.981

5.116

2,7

  Forschung und Entwicklung

4.857

4.944

1,8

1 in Unternehmen, ohne Berücksichtigung von jährlichen Zahlungen wie Prämien oder 13. Gehalt; 2 Klassifikation nach NACE.2.Quelle: Statbel 2023

In der belgischen Privatwirtschaft verdienten Frauen 2021 im Mittel 5 Prozent weniger als Männer. Das Gefälle ist allerdings im EU-Schnitt (12,7 Prozent) und in Deutschland (17,6 Prozent) weit höher.

Durchschnittliche Bruttomonatslöhne nach ausgewählten Positionen (in Euro; Veränderung nominal in Prozent)

Position

2019

2020

Veränderung 2020/2019

Durchschnitt insgesamt

3.758

3.832

2,0

  Geschäftsführer(in)/Direktor(in) größere Niederlassung

10.465

10.717

2,4

  Geschäftsführer(in) Verkauf, Vertrieb

7.039

7.213

2,5

  Leiter(in) Informations-, Kommunikationstechnologie

7.807

7.997

2,4

  Ingenieur(in) Elektrotechnik

5.443

5.766

5,9

 Programmierer(in)

3.658

3.774

3,2

  Buchhalter(in), Finanzanalyst(in)

3.428

3.567

4,1

  Büroangestellte(r)

3.251

3.376

3,8

  Mechaniker(in)

3.177

3.312

4,2

  Kraftfahrer(in)

2.747

2.850

3,7

Quelle: Statbel 2023

Die Sozialpartner bestimmen auch den Mindestlohn, der 2023 im Regelfall 1.955 Euro im Monat beträgt. EU-weit ist das Niveau nur in Luxemburg (2.508 Euro) und Deutschland (1.997 Euro) höher. In den Niederlanden (1.995 Euro) ist es gleich hoch. In Belgien sind darüber hinaus gesonderte, meist höhere Mindestlöhne auf Branchenebene möglich.

Weitere Lohnbestandteile

Finanzielle und nichtmonetäre Zusatzleistungen spielen in Belgien eine wichtige Rolle und können individuell oder im Branchentarifvertrag geregelt sein. Im 2. Quartal fällt in der Regel ein Bruttourlaubsgeld an, das 15,4 Prozent des vorangegangenen Jahresgrundgehaltes beträgt. Manche Arbeitgeber zahlen zudem eine Jahresendprämie (prime de fin d’anée/jaarpremie), die zum Beispiel ein halbes Monatsgehalt ausmachen kann. Zudem sind Boni und Gewinnbeteiligungen (prime de participation aux bénéfices/aandeel in de winst) besonders bei Führungskräften gängig. Diese können auch mit Aktien(optionen) erfolgen.

Darüber hinaus offerieren Unternehmen oftmals Mahlzeiten, private Zusatzversicherungen, flexible Arbeitszeitregelungen, zusätzliche Urlaubstage und Schulungen. Bei Führungspositionen kommen zudem Dienstlaptops und -handys, Firmenwagen samt Tankkarte oder attraktive Spesensätze infrage. Diese Vergünstigungen sind in der Regel ebenso wie Gewinnbeteiligungen steuerlich begünstigt.

Sozialversicherungsbeiträge 

Angestellte und Selbstständige zahlen obligatorisch Beiträge in den Fonds für Alters- und Arbeitsunfähigkeitsrenten. Die Beitragshöhe wird zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgeteilt. 

Selbstständige und Angestellte werden automatisch in das Sozialversicherungssystem aufgenommen. Auch bei den Beitragssätzen zur Sozialversicherung greift zum Teil die automatische Indexierung.

Der Arbeitgeber zahlt 25 bis 30 Prozent des Bruttogehalts. Die Staatsreform von 2015 hat den Regionen Kompetenzen für bestimmte soziale Leistungen und Abgaben wie Familienbeihilfen oder Bildungsurlaub übertragen. Die Regionen erheben die Abgaben nicht einzeln, sondern in einem Arbeitgebergrundbeitrag zusammen mit den übrigen Beitragsarten wie der Rentenversicherung. Der Grundbeitrag unterscheidet sich nach vier Beschäftigtengruppen:

1. Privatsektor: 24,92 Prozent;

2. Vertragspersonal im öffentlichen Dienst: 24,82 Prozent;

3. Statuarisches Personal und Gleichgestellte des öffentlichen Sektors: 17,82 Prozent;

4. Lehrlinge und Gleichgestellte: 17,82 Prozent.

Einen Überblick über Sozialbeiträge bietet das Landesamt für Soziale Sicherheit.

Sozialbeiträge 2023 (in Prozent des Bruttolohns)
 

Arbeitgeber

Arbeitnehmer

Rentenversicherung

8,86

7,5

Krankenversicherung, davon

6,15

4,7

  Gesundheitspflege

3,8

3,55

  Entschädigungen

2,35

1,15

Arbeitslosenversicherung

1,46

0,87

Urlaubsgeld *)

5,57

-

Arbeitsunfallversicherung

0,3

-

Berufskrankheiten

1,0

-

Lohnmäßigungsbeitrag (Modération Salariale/Loonmatigingsbijdrage)

5,67 + 0,0567 (anwendbare Arbeitgeberbeiträge) *)

-

Asbestfonds

0,01

-

Arbeitsunfälle

0,02

-

* Arbeitgeberbeiträge variieren je nach Betriebsgröße und nach Einstufung des Arbeitnehmers als Arbeiter oder Angestellter.Quelle: Sociale Zekerheid Onderneming 2023

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