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Wirtschaftsumfeld | Israel | Wirtschaftsregulierung

Neues Kabinett will Wirtschaft entbürokratisieren

Israels Regierung will die unnötige und unklare Regulierung abschaffen. Das würde die Wirtschaftsleistung ankurbeln und das Land international attraktiver machen.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Deregulierung auch von der OECD angemahnt

Israels Ministerpräsident Naftali Bennett, Finanzminister Avigdor Lieberman und Justizminister Gideon Saar haben im Juli 2021 einen Plan zur Senkung der regulatorischen Belastung der Wirtschaft vorgelegt. Wie die drei Minister erklärten, sei die Reform auf Grundlage von Empfehlungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeitet worden.

Die Realisierung des Plans werde das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner innerhalb eines Jahrzehnts schätzungsweise um insgesamt 6 Prozent steigern. Die Reform werde die Planungssicherheit der Unternehmen erhöhen und ihre Investitionstätigkeit ankurbeln.

Finanzminister verspricht konsequente Umsetzung

Der Plan war von den drei Ressorts im Laufe mehrerer Jahre bereits unter Vorgängerregierungen formuliert worden. Die Arbeitsgruppe, die es zu Papier gebracht hat, hatte ihre Tätigkeit bereits 2014 aufgenommen.

Damit ist das bisherige Hauptproblem umrissen: Es ist seit Langem unumstritten, dass es in Israel zahlreiche unnötige oder unklare Bestimmungen zur unternehmerischen Betätigung gibt und dass diese die Wirtschaftstätigkeit spürbar behindern. Als allgemeines Ziel ist die Entbürokratisierung denn auch schon lange im Gespräch. Jetzt hat die Regierungsspitze aber erstmals einen detaillierten Kurs vorgezeichnet. Dazu merkte Finanzminister Liebermann spitz an: „Israels Regierungen waren schon immer gut darin, Berichte zu schreiben“ - gemeint waren Berichte zur Notwendigkeit der Deregulierung - „aber viel weniger gut bei ihrer Umsetzung.“ Diesmal aber, so Liebermann, zweifele er nicht daran, dass es „eine Revolution“ geben werde.

Neue Behörde soll Regulierungen überwachen

Ein Kernelement des Plans ist die Verabschiedung eines Rahmengesetzes für Wirtschaftsregulierung. Dieses soll dafür sorgen, dass alle Wirtschaftsgesetze und -bestimmungen miteinander kompatibel sind und keine unnötige Belastung der Unternehmen nach sich ziehen. Um das sicherzustellen, ist die Schaffung einer obersten Regulierungsbehörde vorgesehen, die Regulatoren wie Ministerien und Behörden kontrollieren soll. Neue Regelungen, die die Behörde als unangemessen einstuft, müssen, um dennoch in Kraft zu treten, von einem interministeriellen Ausschuss genehmigt werden - falls dieser es für angebracht hält.

Die oberste Regulierungsbehörde kann Regulatoren auch anweisen, veraltete und hinderliche Regelungen zu ändern. Im Extremfall wird sie befugt sein, die von ihr beanstandeten Regelungen selbst außer Kraft zu setzen.

Wohlgemerkt hat es in letzten Jahren Teilreformen zur Senkung der Regulationslast gegeben, doch stellten sie keinen entscheidenden Durchbruch dar. Rund 40 Prozent aller israelischen Unternehmen brauchen eine im Voraus zu beantragende und in einem komplizierten Verfahren ausgestellte Betriebslizenz. Dieser Prozentsatz müsse, wie auch die OECD mahnte, erheblich gesenkt werden.

Fehlende Abstimmung behindert wichtige Projekte

Wie sehr die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut, zeigt ein im Juli 2021 von der Wirtschaftszeitung Calcalist geschilderter Fall aus dem Bereich der Bauwirtschaft. Gegenwärtig, so der Bericht, seien 300.000 neue Wohnungen genehmigt, doch stelle die Bodenbehörde - nahezu der gesamte Boden gehört in Israel dem Staat - gegenwärtig lediglich Bauböden für 18.000 Wohnungen an die Bauunternehmen zur Verfügung. Solche Inkongruenzen bremsen immer wieder wichtige Projekte, nicht zuletzt im Bereich der Infrastruktur.

Ein Beispiel dafür, wie sich die Reformer die Zukunft vorstellen, ist die Regelung der Industrienormen. Zwar hat Israel seine Normen weitgehend an internationale Vorlagen angepasst, doch muss die Konformität vieler eingeführter Produkte mit der relevanten israelischen Norm erst nachgewiesen werden. Wie die Wirtschaftszeitung The Marker berichtete, drängt die Beamtenebene des Finanzministeriums darauf, EU-Normen einfach zu israelischen Normen zu erklären. In der Folge könnten alle Produkte, die EU-Normen erfüllen problemlos in Israel verkauft werden. 

Orientierung an internationalen Vorbildern

Zwar ist dieses Beispiel nicht bei der Vorlage des Reformplans genannt worden, doch sieht dieser generell vor, dass sich jegliche Wirtschaftsregulierung, außer in seltenen Ausnahmefällen, nach internationalen Vorbildern richten soll. Das gilt auch für die Erteilung von Betriebsgenehmigungen. Ein wichtiger Bereich, der davon betroffen wäre, sind umweltpolitische Auflagen, die gegenwärtig als uneinheitlich und verwirrend kritisiert werden.

Eine Vereinfachung der Wirtschaftsregulierung und deren Anpassung an internationale Vorlagen würde Israel auch für ausländische Investoren attraktiver machen. Wohlgemerkt ist die Wirtschaftsregulierung bei weitem nicht das einzige Kriterium für Investitionsentscheidungen internationaler Unternehmen. Allerdings würde sie zumindest in dem einen oder anderen Fall eine positive Entscheidung erleichtern. Für Israel, das an arbeitsplatzschaffenden Investitionen aus dem Ausland außerhalb des dominanten Hightechsektors interessiert ist, käme das einem weiteren Reform-Bonus gleich.

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