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Wirtschaftsumfeld | Portugal | Konnektivität

Portugal als Brückenkopf in lusophone Drittmärkte

Die Verbindungen in gleichsprachige Länder wie Angola und Mosambik sind eng. Portugiesische Partner können deutschen Unternehmen darum die Markterschließung erleichtern.

Von Oliver Idem | Madrid

Portugals enge Beziehungen zu den ehemaligen Kolonien können auch für deutsche Unternehmen ein Sprungbrett sein. Wegen ihrer Marktgröße stehen in Afrika besonders Angola und Mosambik im Fokus.

In Angola sind über 400 portugiesische Unternehmen vertreten. Die Warenimporte aus Portugal lagen 2020 bei 872 Millionen Euro. Mosambik verfügt sogar über mehr als 500 Direktinvestoren aus Portugal. In jedem dritten der 100 größten Unternehmen des Landes steckt portugiesisches Kapital. Knapp 200 Millionen Euro betrugen die portugiesischen Warenexporte dorthin im Jahr 2020.

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Internationale Geber finanzieren Projekte in Afrika

Das portugiesische Bauunternehmen Mota Engil ist in Angolas Infrastrukturbau sehr erfolgreich. Dies gilt auch für Projekte, die durch internationale Geber gefördert werden. Aufgrund der zumeist geringen Eigenmittel sind diese Finanzierungen häufig entscheidend für das Zustandekommen von Vorhaben.

Von geförderten Aufträgen profitierten in den vergangenen Jahren vor allem portugiesische Bau- und Ingenieurunternehmen. Laut der portugiesischen Investitionsförderungsagentur AICEP erzielte Mota Engil zwischen 2007 und 2019 den höchsten Auftragswert mit 551 Millionen US-Dollar. MSF Engenharia erreichte 192 Millionen Dollar. Das Energie- und Mobilitätsunternehmen Efacec erzielte 177 Millionen Dollar. Der Ingenieurdienstleister Elevolution vereinigte 158 Millionen Euro auf sich und das Ingenieurbüro Conduril 99 Millionen Dollar. Die AICEP-Zahlen beziehen sich auf direkt an portugiesische Unternehmen vergebene Aufträge.

Mota Engil weckte durch seine erfolgreiche Aufstellung in Afrika und Südamerika das Interesse der China Communications Construction Company. Nachdem 2020 eine Beteiligung eingegangen wurde, plante CCCC im Frühjahr 2021, den Anteil auf 30 Prozent noch auszubauen. Die portugiesische Firma erhält damit einen Partner mit Erfahrung in sehr großen Infrastrukturprojekten.

Im April 2021 bezifferte der Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank, Akinwumi Adesina, den Bedarf des Kontinents an Infrastrukturinvestitionen auf 107 Milliarden bis 141 Milliarden Euro pro Jahr. Zugleich forderte er einen Abschied von schnell und billig umgesetzten Projekten und einen stärkeren Fokus auf die Lebensdauer.

Adesina unterstrich, dass auch in Afrika der Ausbau von Klimaresilienz und der Digitalwirtschaft Chancen bietet. Aufgrund der Verschuldung der öffentlichen Hand erwartet er künftig mehr Raum für die Privatwirtschaft und hob die Rolle von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) hervor. 

Wissen über den jeweiligen Markt ist Trumpf

Um die Möglichkeiten zu nutzen, sind Kenntnisse der differenzierten afrikanischen Märkte wichtig. In den lusophonen Staaten bietet die Kooperation mit portugiesischen Partnern praktische und kulturelle Vorteile. So ist der Rechtsrahmen stark portugiesisch geprägt. Ein erfahrener Kooperationspartner ist hier ein Pluspunkt, genau wie bei logistischen Herausforderungen.

Bei Produkten können Beschriftungen oder Verzeichnisse auf Portugiesisch gefordert sein. Mosambik will künftig die lokale Wertschöpfung erhöhen. Entsprechend vorteilhaft ist die Zusammenarbeit mit einer portugiesischen Niederlassung vor Ort. Hinzu kommt der Faktor Sprache. Englisch ist als Geschäftssprache zwar verbreitet. Die Kommunikation auf Portugiesisch öffnet jedoch mehr Türen und bietet oft Zugang zu wertvollen Hintergrundinformationen. Nicht zu unterschätzen ist auch das Wissen um einen erfolgreichen Umgang mit dem öffentlichen und dem privaten Sektor.

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AHK Portugal unterstützt die gemeinsame Markterschließung

Die Deutsch-Portugiesische Industrie- und Handelskammer (AHK Portugal) setzte früh darauf, die Potenziale des Brückenkopfes Portugal zu heben. Matchmaking, Vorträge und Diskussionen sind Instrumente, um Erfahrungen zu teilen, Hürden abzubauen und Partnerschaften zu ermöglichen.

„Im Rahmen unserer AHK-Aktivitäten auf dem portugiesischen Markt sind uns die ausgeprägten Handelsbeziehungen und Erfahrungen von Unternehmen im doing-business mit und in ihren ehemaligen Kolonien aufgefallen. Diese Erfahrungen aus der Erschließung eher schwieriger Märkte wollen wir deutschen Unternehmen zur Verfügung stellen“, erläutert der stellvertretende Geschäftsführer Paulo Azevedo.

Bereits seit 2010 existieren konkrete Initiativen der AHK Portugal. An vier Wirtschaftsforen nahmen durchschnittlich 60 Unternehmen teil. Auch hier spielte der Bausektor eine Rolle. Weitere Teilnehmer stammten aus den Branchen IT, Lebensmittel, Maschinen- und Anlagenbau, Logistik und Umwelt.

„Aufgrund der Resonanz auf diese Initiativen etablieren wir mit AHK-Kollegen aus der Region die Vermittlung von deutsch-portugiesischen Partnerschaften in lusophonen Ländern Afrikas als Dienstleistung“, berichtet Paulo Azevedo.

In der Erschließung dieser Märkte haben sich verschiedene Wege als gangbar erwiesen. So kauft ein portugiesischer Großhändler für Medizingeräte mit Zentrallager in Lissabon unter anderem in Deutschland ein. Von Lissabon aus liefert er zentral nach Mosambik.

Ein deutscher Industriekonzern nahm den Weg über Südafrika. Dort erwarb er ein Unternehmen, das auch in Mosambik vertreten war. Die Planung und Steuerung erfolgen nun aus Südafrika. Ein Tochterunternehmen in Portugal ist ebenfalls in die Geschäftsbeziehungen eingebunden.

Die wirtschaftlichen Kontakte werden auch politisch flankiert. Ein Schwerpunkt der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft im 1. Halbjahr 2021 waren die Beziehungen zu Afrika. Dazu gehört auch die umfangreiche Veranstaltungsreihe "EU-Africa Green Talks" zu vielfältigen Umwelt- und Klimathemen.

In Portugal wurde das Internationalisierungsprogramm "Internacionalizar 2030" im Mai 2021 neu aufgelegt. Dieses umfasst Marktforschung und Ausbildung. Zur Finanzierung sollen neue Instrumente entwickelt werden, die den Weg ins Ausland erleichtern. 

AICEP hilft portugiesischen Unternehmen bereits mit Informationen über Projekte und Beschaffungen, die von multilateralen Gebern gefördert werden.

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