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Wirtschaftsumfeld | Spanien | Konsum

Privater Konsum in Spanien legt wieder zu

Der private Verbrauch in Spanien erholt sich, dürfte aber erst Ende 2023 das Vorkrisenniveau erreichen. Die Beschäftigung nimmt zu und die Inflationsrate steigt.

Von Oliver Idem | Madrid

Im November 2021 ging die EU-Kommission von einer Zunahme des privaten Verbrauchs in Spanien um 5,2 Prozent im kommenden Jahr aus. Für 2023 wird ein Zuwachs von 3,8 Prozent erwartet. Der Konsum würde sich damit erholen, aber etwas schwächer als die Gesamtwirtschaft entwickeln. Auf der Grundlage der Kommissionszahlen wäre erst Ende 2023 der Stand von 2019 überschritten.

Gute Konsumstimmung im Weihnachtsgeschäft 2021

Die Signale für das Weihnachtsgeschäft 2021 sind überwiegend positiv. Der Hersteller- und Distributionsverband Aecoc ermittelte in seiner Umfrage Shopperview, dass 66 Prozent der Verbraucher mindestens so viel Geld ausgeben wollen wie 2019. Die Unternehmensberatung Deloitte stellte ebenfalls eine hohe Konsumneigung zur Weihnachtszeit fest. Ganz oben stehen Geschenke im Wert von 240 Euro bei einem Durchschnittshaushalt. Speisen und Getränke belegen mit 160 Euro den zweiten Rang. Für Reisen werden im Mittel 122 Euro ausgegeben. Auf Freizeit und Gastronomie entfallen 109 Euro.

Für das Weihnachtsgeschäft sind viele Konsumenten finanziell gut gerüstet. Während der Coronakrise haben die meisten Rücklagen gebildet, auf die sie nun zugreifen können. Die Bereitschaft scheint hoch zu sein, die Ersparnisse für das Weihnachtsfest anzutasten.

Im Oktober 2021 veröffentlichte die Wirtschaftszeitung Expansión eine Umfrage bei verschiedenen Einzelhandelsunternehmen. Der Tenor vor dem Jahresende war überwiegend positiv. Sowohl die Anzahl der Kunden als auch die Kaufneigung stellte die meisten Unternehmen zufrieden.

Die in der Coronakrise stark getroffene Gastronomie befand sich auf einem kraftvollen Erholungskurs und rechnete weiterhin mit guten Geschäften. Der auch in den Lockdownphasen robuste Lebensmitteleinzelhandel sendete weiterhin Wachstumssignale aus. Einzig in der Bekleidungsbranche wurde mit einer langsameren Erholung als in anderen Sektoren gerechnet.

Ein Teil des Konsumzuwachses von 2021 beruht auf einem statistischen Basiseffekt gegenüber dem extrem schwachen Frühjahr 2020. So betrug die Steigerung im 2. Quartal ganze 22,9 Prozent im Vergleich zur Hochphase des Lockdowns. Der Konsum der spanischen Haushalte nahm jedoch bereits im 3. Quartal 2021 nur noch um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Der private Verbrauch hatte im Gesamtjahr 2020 um 12 Prozent nachgegeben. Damit war der Indikator noch stärker gefallen als die Wirtschaftsleistung als Ganzes. 

Ab März 2020 führten mehrere Phasen mit landesweiten und regionalen Einschränkungen unter anderem für den Handel und Reisen zwischen den Autonomen Gemeinschaften zu einem starken Konsumrückgang. Weniger Gelegenheiten zum Geld ausgeben und Verunsicherung hinsichtlich der Arbeitssituation und Einkommensentwicklung trieben die Sparquote in ungeahnte Höhen. Die spanische Zentralbank registrierte im 1. Halbjahr 2020 ein Hochschnellen der Sichteinlagen auf 755 Milliarden Euro.

Die Tageszeitung El País berichtete von einer Zunahme der Sparquote der Haushalte auf 17,5 Prozent im August 2020. Nicht einmal während der Finanzkrise 2008 hatten die spanischen Haushalte vergleichbare Anteile ihrer Einkommen auf die hohe Kante gelegt.

Preise, Gesundheit und Nachhaltigkeit im Fokus der Konsumenten

Im Sommer 2021 untersuchte die Unternehmensberatung PwC veränderte Konsumgewohnheiten unter anderem in Spanien. Demnach hatten Preise, Rabatte und der Nutzen für die eigene Gesundheit den höchsten Stellenwert bei der Einkaufsentscheidung. In der Priorität dahinter rangierten die Aspekte Nachhaltigkeit und der Kauf lokaler Produkte.

Als Verkaufskanäle spielen sowohl physische Geschäfte als auch Mobiltelefone eine wichtige Rolle. Durch die Coronakrise hat sich die Neigung zu Onlinekäufen verstärkt. Im Juni 2021 wickelten demnach 23 Prozent der Befragten täglich Onlinekäufe ab.

Hohe Energiekosten verteuern viele Produkte und Dienstleistungen

Im Umfeld der niedrigen Nachfrage von 2020 spielte die Inflation nahezu keine Rolle. Mit dem anziehenden Bedarf und teils knappen Gütern tritt sie 2021 jedoch umso stärker auf den Plan. Der größte Preistreiber im Herbst war die Energie. In der Folge wurden auch die Preise vieler Waren und Dienstleistungen angehoben. Die Verbraucherpreise schnellten im Oktober 2021 um 5,4 und im November sogar um 5,6 Prozent gegenüber den Vorjahreszeiträumen in die Höhe.

Im Durchschnitt gaben spanische Haushalte 2020 knapp 26.700 Euro aus. Das war der niedrigste Wert seit 15 Jahren. Die größten Posten bildeten Wohnen, Lebensmittel und Transport. Diese Ausgaben werden durch die aktuellen Preissteigerungen beeinflusst. Unter anderem belastet das Preisniveau bei Strom, Erdgas und Kraftstoffen zahlreiche Verbraucher direkt. Hinzu kommen die indirekten Effekte durch weitergegebene Kostensteigerungen in anderen Bereichen.

Rückenwind durch neue Beschäftigung und steigende Einkommen

im November 2021 zählte Spanien noch 3,12 Millionen Arbeitslose und damit fast 600.000 weniger als im Jahresdurchschnitt 2020. Trotz der schwankenden Erholung der spanischen Volkswirtschaft nahm die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse 2021 stark zu. Die Europäische Kommission geht davon aus, dass auch 2022 und 2023 die Beschäftigung leicht zulegen wird.

Auch die Einkommenserwartungen hellen sich auf. Der Mindestlohn stieg zum September 2021 um 15 Euro auf 965 Euro bei 14 Zahlungen pro Jahr. Renten und die Gehälter im öffentlichen Dienst stehen aufgrund der Verbraucherpreisentwicklungen vor deutlichen Steigerungen.

Unklar ist noch, wie sich die Gehälter in der Privatwirtschaft entwickeln werden. Eine Anhebung von 5 Prozent bei der Supermarktkette Mercadona ist bislang die Ausnahme.

Insbesondere bei gering bezahlten Tätigkeiten belastet die Inflation die Beschäftigten stark. In der Folge dürften die Gewerkschaften entsprechend hohe Forderungen stellen. Wirtschaftsexperten warnen, dass sich ein kurzfristiger Inflationseffekt durch stark steigende Gehälter verfestigen und eine Lohn-Preis-Spirale in Gang kommen werde. 

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