Wirtschaftsumfeld | USA | Konnektivität
USA wenden sich dem indopazifischen Raum zu
Zusammen mit Verbündeten wie Japan will Washington die Expansionsbestrebungen Chinas im Indopazifik eindämmen.
15.04.2021
Von Ullrich Umann | Washington, D.C.
Der Indopazifik ist seit geraumer Zeit zur Werkbank und zu einer der wichtigsten Wachstumslokomotiven für die Weltwirtschaft geworden. China beansprucht in der Region die Vormachtstellung und weitet seinen Einfluss kontinuierlich aus. Die USA hatten bereits unter der Obama-Regierung versucht, dem chinesischen Hegemoniebestreben eine handelspolitische Struktur entgegenzusetzen: Unter maßgeblicher Beteiligung Washingtons wurde damals das Freihandelsabkommen Trans-Pacific Partnership (TPP) ausgearbeitet.
Neben niedrigen Handelsbarrieren und einer konzertierten wirtschaftlichen Zusammenarbeit wurden weitgehende Arbeitnehmerrechte wie Tarifautonomie und das Recht auf Gewerkschaftsmitgliedschaft im Gründungsstatut festgeschrieben. Doch bereitete Donald Trump mit seiner Ankündigung, dass seine Regierung fortan handelspolitische Alleingänge vorziehe und sich keiner multilateralen Vereinbarung unterwerfe, dem Projekt TPP unter Washingtoner Ägide ein abruptes Ende.
Zwar führten die anderen Gründungsmitglieder die Kooperation unter der erweiterten Bezeichnung Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP) fort. Doch hinterließ Donald Trump mit dem Verzicht der USA auf eine formalisierte regionale Zusammenarbeit ein handelspolitisches Vakuum in der Region, das andere asiatische Wirtschaftsmächte, allen voran China, schnell besetzten.
RCEP erinnerte Washington ans Handeln
Ein chinesischer Gegenentwurf für einen regionalen Freihandel mit der Bezeichnung Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP), der hinter den Kulissen parallel zu TPP in der Region seit Jahren verhandelt wurde, ließ nicht lange auf sich warten. RCEP garantiert weder Arbeitnehmerrechte noch beinhaltet es umweltpolitische Vorgaben. Trotzdem, oder gerade deshalb, setzten 15 asiatische Länder im Oktober 2020 ihre Unterschrift unter das Abkommen.
Die amerikanische Reaktion auf RCEP fiel zwar negativ, bislang aber folgenlos aus. Zudem setzten die Signatarstaaten ihre Unterschrift zeitlich nur kurz vor den Präsidentschaftswahlen in den USA, das heißt aus US-Sicht zu einer Unzeit. Zunächst zog sich der Regierungswechsel nebst Wahlanfechtung über nervenaufreibende anderthalb Monate hin. Anschließend musste die neue Regierung formiert werden. Darüber hinaus stehen mit der Eindämmung der Covid-Pandemie sowie der endgültigen Überwindung der Wirtschaftskrise zwei Mammutaufgaben auf der Tagesordnung des Weißen Hauses.
CPTPP könnte auch für die USA wieder relevant werden
Viel Zeit für Handelspolitik blieb bislang nicht: Zu diesbezüglichen Fragen äußerten sich Vertreter der Regierung Biden-Harris auch nur vage, obgleich sich dies im Frühjahr 2021 allmählich ändert. Was die Rückkehr der USA zum Multilateralismus und in diesem Zusammenhang die Neubewertung von CPTPP angeht, wagte der US-Landwirtschaftsminister Tom Vilsack Ende März einen Vorstoß.
Nach seiner Anschauung könnten die amerikanischen Agrarexporte nach Asien durch eine Mitgliedschaft seines Landes in CPTPP stark gefördert und damit ein wirtschaftliches Gegengewicht zu China in der Region geschaffen werden. In der Obama-Regierung hatte Vilsack dem Agrarressort schon einmal vorgestanden und war aus diesem Grund maßgeblich an den Gründungsverhandlungen für TPP beteiligt.
USA suchen Zusammenarbeit mit Japan, Südkorea und Australien
Auch das US-Außenministerium hat sich inzwischen gegenüber China positioniert und den Ton in Richtung Peking verschärft. Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin bekräftigten in Seoul und Tokio demonstrativ die Beistands- und Sicherheitsgarantien der USA für beide Länder.
Nun sollen wirtschaftliche Komponenten die Zusammenarbeit der USA mit Staaten in Asien vervollständigen. Für den angekündigten Staatsbesuch des japanischen Ministerpräsidenten Yoshihide Suga am 16. April 2021 in Washington werden zum Beispiel Gesprächsthemen wie der Ausbau von 5G-Netzen, Wasserstofftechnologien, erneuerbare Energien und die Erweiterung der Verkehrsinfrastruktur im indopazifischen Raum vorgeschlagen, wie die japanische Nachrichtenagentur Nikkei meldete. Ausdrücklich betont wurde in diesem Zusammenhang, dass beide Länder der chinesischen Belt and Road Initiative etwas Wirksames entgegensetzen wollen.
Partner erarbeiten Leitlinien für Investitionen in Drittländern
Für Projekte und Investitionen in Drittländern arbeiten die Partner an gemeinsamen Grundregeln. Auf diese Weise wird für mehr Vertrauen im indopazifischen Raum geworben. Zu den Leitlinien gehören unter anderem Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung und zum Schutz geistigen Eigentums. Im Vordergrund steht eine transparente Plan- und Durchführbarkeit von Investitionsvorhaben.
Wie die Asiatische Entwicklungsbank errechnete, sind in Asien zwischen 2016 und 2030 Infrastrukturinvestitionen in einer Gesamthöhe von 26 Billionen US-Dollar (US$) erforderlich. Japan, die USA und Australien finanzieren in diesem Zusammenhang eine Glasfaserverbindung auf dem Meeresboden zur Pazifikinsel Palau.
Auch innenpolitisch behält Präsident Biden den Systemwettbewerb mit China stets im Hinterkopf. Nicht umsonst sprach er bei der Vorstellung seines American Job Plans, wie sein 2,3 Billionen US$ schweres Infrastrukturpaket offiziell bezeichnet wird, von der Notwendigkeit, den wirtschaftlichen Vorsprung Amerikas gegenüber China zu wahren. Ein besonders harter Wettbewerb wird nach seinen Worten bei Batterietechnologien der Zukunft, der breiten Nutzung von Wasserstoff und dem Ausbau der 5G-Netze ausgetragen.