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Wirtschaftsausblick | Portugal

Investitionen geben Wachstumsimpulse

Portugals Wirtschaftsleistung soll auch 2024 zunehmen, jedoch langsamer als zuvor. Eine politische Krise verunsichert auch die Wirtschaft des Landes.

Von Oliver Idem | Madrid

Top-Thema: Neuwahlen im März 2024

Portugal rutschte im November 2023 unerwartet in eine große politische Krise. Ermittlungen wegen des Verdachts auf Unregelmäßigkeiten bei mehreren Vorzeigeprojekten sorgten für einen Schock. Premierminister António Costa reichte seinen Rücktritt ein, da er im Umfeld der Ermittlungen nicht sein Amt behalten wollte. Kurz darauf trat auch Infrastrukturminister João Galamba zurück.

Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa kündigte für den 10. März 2024 eine Neuwahl des Parlaments an. Erste Umfragen sagen den bisher allein regierenden Sozialisten schwere Verluste voraus. Die größte Oppositionspartei PSD muss ebenfalls mit einem schwachen Ergebnis rechnen. Hauptprofiteur der Neuwahl dürften die rechte Protestpartei Chega werden. Diese Tendenzen sprechen für eine schwierige Mehrheitsfindung.

Die Informationslage zu den Vorwürfen und ihrer Stichhaltigkeit bleibt indes unübersichtlich. Zunächst sah alles nach einem großen Skandal aus, dann wurden verhaftete Verdächtige wieder freigelassen. Viele Unternehmen sind ebenfalls verunsichert. Die Ermittlungen betreffen wesentliche Zukunftsprojekte des Landes. Laut Pressemeldungen geht es um ein Großrechenzentrum, den Lithiumbergbau und ein Wasserstoffvorhaben.

Wirtschaftsentwicklung: Wachstum schrumpft auf EU-Normalmaß

Die Wirtschaftsleistung Portugals soll 2024 laut der EU-Kommission um real 1,3 Prozent steigen. Das entspräche dem Durchschnitt der EU und der Eurozone. Damit endet der kraftvolle Aufschwung nach der Coronakrise und die Zuwächse normalisieren sich wieder.

Zur Zunahme der Wirtschaftsleistung tragen vor allem die sehr robusten Investitionen bei. Trotz des hohen Zinsniveaus und einigen Fragezeichen hinter der Entwicklung der Nachfrage fallen die Erwartungen wesentlich besser aus als 2023. 

Die Wachstumsdynamik der gesamten Investitionen soll sich 2024 gegenüber dem Vorjahr von 0,9 auf 3,6 Prozent vervierfachen. Dabei liefern voraussichtlich die Ausrüstungsinvestitionen mit plus 5,6 Prozent den meisten Schwung. Bei den öffentlichen Investitionen soll die Zunahme 3,2 Prozent und im Bau 2,9 Prozent betragen. 

Zu diesem Trend dürften auch die Mittel aus dem Wiederaufbaufonds Next Generation EU beitragen. Bis Mitte November 2023 wurden von den insgesamt 16,6 Milliarden Euro an Zuschüssen für Portugal 18 Prozent an die Endbegünstigten ausgezahlt. Am höchsten war die Abrufquote mit 24 Prozent bei den Vorhaben der digitalen Transformation.

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Hohe Preise und Zinsen belasten die privaten Haushalte

Der Konsum erhielt 2023 einen Dämpfer durch die Inflation und das hohe Zinsniveau. Auch wenn die Inflation sich verlangsamt, ist 2024 mit Vorsicht auf der Verbraucherseite zu rechnen. Zwar dürften sich eine stabil niedrige Arbeitslosigkeit und steigende Einkommen positiv auf die Ausgaben der Verbraucher auswirken. Viele Haushalte stehen jedoch schon bei dem derzeitigen Preisniveau vor Problemen. Insbesondere die Mieten in den größeren Städten sind für immer weniger Menschen bezahlbar. Gründe dafür sind vor allem touristische Kurzzeitvermietungen und die Attraktivität Portugals für ausländische Immobilieninvestoren. 

Auch mit dem Bildungs- und mit dem Gesundheitswesen sind viele Menschen unzufrieden. Nach Jahren ohne Gehaltssteigerungen und Beförderungen fordert das Lehrpersonal mehr Geld.

Das staatliche Gesundheitssystem ist chronisch unterfinanziert. Personalmangel, lange Wartezeiten und Zahlungsrückstände verlangen Patienten, medizinischem Personal und Lieferanten Geduld ab.

Importe sollen 2024 dynamischer zulegen als die Exporte

Für 2024 ist ein differenziertes Bild im Außenhandel zu erwarten. Die Importe von Waren und Dienstleistungen sollen mit plus 2,8 Prozent leicht stärker zulegen als im Vorjahr. Ein Fragezeichen steht wegen der Krisen in der Welt hinter den Kosten für Energieimporte.

Bei den Exporten ist mit einem deutlichen Einbruch der Wachstumsdynamik zu rechnen. Konkret soll die Zunahme nur noch 1,7 Prozent betragen, nach plus 5,3 Prozent im Jahr 2023. Der wichtigste Absatzmarkt Spanien verzeichnet eine ähnliche wirtschaftliche Entwicklung wie Portugal. Hingegen fallen die Erwartungen für Deutschland und Frankreich 2024 noch etwas verhaltener aus. Diese drei Länder stehen für rund die Hälfte der portugiesischen Ausfuhren.

Im Außenhandel geht 2023 die Schere zwischen Waren und Dienstleistungen zunehmend auseinander. Bei den Warenexporten macht sich die Abhängigkeit Portugals von europäischen Absatzmärkten negativ bemerkbar. Der Tourismus setzt hingegen seinen Höhenflug fort und polstert damit die Bilanz der Dienstleistungsexporte auf.

Portugal verfügt über eine nationale Ausschreibungsdatenbank. Ihr Internetauftritt wird auch in englischer Sprache angeboten. Informationen zu EU-Binnenmarktausschreibungen finden Sie auf unserer GTAI-Seite zu internationalen Ausschreibungen.

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Deutsche Perspektive: Investitionen haben einen langen Horizont

Die plötzliche politische Krise hat auch deutsche Unternehmen in Portugal überrascht. Zuvor verkündete Investitionen zeigen jedoch, dass sie längerfristig auf die Stärken des Landes setzen.

Volkswagen kündigte im August 2023 an, das Werk in Palmela für den Bau eines neuen Hybrid-Modells umzurüsten. Die Produktion soll Ende 2025 beginnen. Bosch erweitert die Wärmepumpenfabrik in Aveiro für 100 Millionen Euro. Konkret geht es um neue Labore, zwei Gebäude für die Produktion und zusätzliche Fertigungslinien. Anfang November 2023 meldete RWE die Inbetriebnahme des ersten eigenen Solarparks in Portugal. Dieser befindet sich in Morgavel und hat eine Gesamtkapazität von 46 Megawatt. 

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