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Wirtschaftsausblick | Thailand

Schuldenberge wachsen weiter

Die Regierung möchte ihren Bürgern Geld schenken und muss sich dafür weiter verschulden. Trotz Problemen wollen deutsche Unternehmen auch zukünftig in Thailand investieren.

Von Thomas Hundt | Bangkok

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In Thailand regiert seit September 2023 eine neue Koalition unter Führung der Partei Pheu Thai. Diese hatte im Wahlkampf versprochen, dass sie bei einem Wahlsieg allen Bürgern über 16 Jahren 10.000 Thai Baht, umgerechnet rund 280 US-Dollar (US$), schenken würde. 

Die einmalige Auszahlung soll ab Mai 2024 digital über eine staatliche App erfolgen, die Blockchaintechnologie einsetzt. Das digitale Geld müssen die 50 Millionen berechtigten Bürger innerhalb von sechs Monaten und in einem Umkreis von 4 Kilometern um den eingetragenen Wohnsitz ausgeben.

Die Maßnahme soll die Digitalisierung voranbringen und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage beflügeln. Sie würde den Staat 500 Milliarden Baht (circa 14 Milliarden US$) kosten. Das entspräche 2,6 Prozent des für 2024 prognostizierten Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die Ausgaben will das Finanzministerium über zusätzliche Schulden finanzieren.

Schuldenaufnahme nicht mehr nachhaltig

Kritiker hinterfragen Notwendigkeit, Finanzierung und Umsetzung der Maßnahme. Der private Konsum war in den letzten Jahren eine Stütze der Konjunktur. Aber die Verbraucher haben viele Anschaffungen über Kredite finanziert und bräuchten nun eher Umschuldungsprogramme. Ihre Schulden haben 2023 einen Wert von über 90 Prozent des BIP erreicht. Der Anteil ist höher als in anderen Schwellenländern.

Auch die Nachhaltigkeit der Maßnahme wird angezweifelt, weil die schuldenfinanzierte Konsumspritze den Spielraum des Staates einengt. Laut der Aufsichtsbehörde Public Debt Management Office ist die öffentliche Gesamtverschuldung 2023 bereits auf 62 Prozent des BIP geklettert. Experten befürchten, dass internationale Banken und Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit des Landes herabstufen könnten. Die Regierung möchte noch mehr Maßnahmen umsetzen und zum Beispiel Landwirte über Preisgarantien und Subventionen unterstützen. Dafür bräuchte sie weitere Finanzmittel.

Auch Energiepreise sollen subventioniert werden, um Wirtschaft und Bevölkerung zu entlasten. Der staatlich festgelegte Strompreis wurde im Oktober 2023 um 10 Prozent auf umgerechnet 12 US-Cent pro Kilowattstunde reduziert. Den Preis für Diesel will Premierminister Srettha Thavisin auf umgerechnet höchstens 85 US-Cent je Liter begrenzen. Der Arbeitgeberverband EconThai begrüßt die niedrigeren Energiepreise. 

Den Mindestlohn, auf den Millionen von ungelernten Arbeitskräften Anspruch haben, will die Pheu Thai bis 2027 schrittweise von rund 350 Baht auf 600 Baht pro Tag (knapp 17 US$) erhöhen. Der Industriedachverband Federation of Thai Industries kritisiert steigende Arbeitskosten und befürchtet, dass arbeitsintensive Fertigungen ins Ausland abwandern. Das Arbeitsministerium hat für 2024 eine Erhöhung auf weniger als 400 Baht (11 US$) vorgeschlagen. 

Wirtschaftsentwicklung: Zu optimistische Prognosen?

Die staatliche Wirtschaftsagentur Office of the National Economic and Social Development Council (NESDC) erwartet in ihrer Prognose vom November 2023, dass die reale Wachstumsrate des BIP 2024 auf 3,2 Prozent zulegen wird. Sie geht davon aus, dass vom privaten Konsum, privaten Investitionen und der Auslandsnachfrage Impulse ausgehen werden. 

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Im Jahr 2023 hatte sich das Wachstum allerdings entgegen der ursprünglichen Vorhersagen immer weiter abgeschwächt. Auch das Konsum- und Geschäftsklima ist Ende 2023 gedämpft. Daher haben die meisten Konjunkturanalysten ihre Prognosen für 2024 nach unten korrigiert. 

Fachleute sind sich aber einig, dass sich die Exporte erholen werden und damit die gesamte Produktion wieder steigen könnte. Der Großteil der Branchen liefert mehr als die Hälfte dessen, was er produziert, ins Ausland.

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Eine Herausforderung für die Zukunft ist, dass derzeit viele Investitionen verschoben werden, da die Unternehmen zunächst Schulden aus der Pandemiezeit begleichen müssen. Die Kreditnachfrage sinkt, insbesondere bei kleineren und mittelständischen Unternehmen. Zudem fallen immer mehr Zahlungen aus. Dennoch hält die Zentralbank den Umfang der notleidenden Kredite für handhabbar, denn die Geschäftsbanken würden über genügend Rückstellungen verfügen.

Deutsche Perspektive: Thailand bleibt ein wichtiger Markt

Als größtes Geschäftsrisiko bezeichneten deutsche Unternehmen in Thailand in der Herbstumfrage der Auslandshandelskammern 2023 die geringe Nachfrage, gefolgt vom Fachkräftemangel und den unsicheren wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Eine Mehrheit beabsichtigt dennoch, in Produktion und Vertrieb zu investieren.

Thailand ist die zweitgrößte Volkswirtschaft und der bedeutendste Produktionshub unter den ASEAN-Mitgliedsstaaten. Mit seiner modernen Infrastruktur und entwickelten Industrieclustern unter anderem im Bereich Automobil, Chemie und Elektrotechnik/Elektronik ist Thailand für deutsche Unternehmen attraktiv, die im Rahmen ihrer Diversifizierungsstrategien nach neuen Absatz-, Sourcing- und Investitionsstandorten in der Region suchen.

Roland Wein, Geschäftsführer AHK Thailand

Die Industriebetriebe importieren viele Zwischenprodukte und Ausrüstungen. Das heißt, für deutsche Maschinen und industrielle Vorprodukte bleibt Thailand ein wichtiger Absatzmarkt, zumal der Handel mit der Region Asien-Pazifik vom Freihandelsabkommen Regional Comprehensive Economic Partnership profitiert. Die EU und Thailand verhandeln seit März 2023 zudem über ein Freihandelsabkommen, das Handel und Investitionen erleichtern soll.

Die deutschen Exporte nach Thailand hatten 2022 einen historischen Rekordwert von 5,4 Milliarden Euro erreicht. Im 1. Halbjahr 2023 stagnierten die Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum allerdings bei 2,7 Milliarden Euro. Die Konkurrenz aus Asien wird stärker: China lieferte in den ersten neun Monaten 2023 fast ein Viertel der Gesamtimporte, Deutschlands Anteil lag bei 2,2 Prozent.

Weitere Wirtschaftsdaten und Informationen zu Thailand bieten unsere Reihe Wirtschaftsdaten kompakt und die GTAI-Länderseite Thailand.

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