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Recht kompakt | WTO | TRIPS

Insbesondere: "Waiver" und Zwangslizenzen

Doch was hat es nun mit dem sogenannten "TRIPS-Waiver" auf sich? Was gibt es nach dem TRIPS für Möglichkeiten, den Patentschutz einzuschränken?

Von Julia Merle | Bonn

Zum Begriff des "Waivers"

"Waiver" (übersetzt: Verzicht, Befreiung, Außerkraftsetzung) bedeutet, dass Teile des TRIPS ausnahmsweise ausgesetzt werden beziehungsweise auf deren Anwendung (zeitweise) unter bestimmten Bedingungen verzichtet wird. 

Zur Beschlussfassung der WTO sieht Art. IX des WTO-Übereinkommens in Abs. 3 vor, dass die Ministerkonferenz unter außergewöhnlichen Umständen beschließen kann, ein Mitglied von einer Verpflichtung aus einem multilateralen Handelsübereinkommen - wie dem TRIPS - zu entbinden. Ein Antrag auf Ausnahmegenehmigung muss nach Buchst. b zunächst dem Rat für TRIPS zur Prüfung vorgelegt werden, dieser berichtet der Ministerkonferenz. Für eine solche Ausnahmegenehmigung ist nach Abs. 4 unter anderem ein Ablaufdatum nötig und sie wird jährlich überprüft.

Eine Entscheidung der WTO bezüglich eines Waivers muss national umgesetzt werden. Zur aktuellen Impfstoff-Thematik sei erwähnt, dass der Waiver-Vorschlag bezweckt, grundsätzlich zur Impfstoffproduktion berechtigt zu sein. Offen bleibt, ob es den betroffenen Staaten auch tatsächlich möglich wäre, diese (zeitnah) herzustellen.

Zu einem "Waiver" kam es in der Vergangenheit zum Beispiel im Zusammenhang mit "Zwangslizenzen". Dieser im TRIPS geregelte Flexibilitätsmechanismus wird im Folgenden näher betrachtet.

Zwangslizenzen als Flexibilität

Die (freiwillige) Lizensierung durch Patentinhaber wurde bereits erwähnt (Abschluss von Lizenzverträgen, Art. 28 Abs. 2 TRIPS).

Durch eine Zwangslizenz hingegen wird die Wirkung des Patentrechts vom Staat eingeschränkt, ihr Lizenznehmer darf den Patentgegenstand neben dem Inhaber selbst gegen Vergütung nutzen.

Alle WTO-Mitglieder können in ihrem nationalen (Patent)Recht festschreiben, dass solche Zwangslizenzen gestattet sind (siehe etwa § 24 des deutschen Patentgesetzes). In Art. 31 TRIPS (sonstige Benutzung ohne Zustimmung des Rechtsinhabers) sind internationale Vorgaben zu dieser Möglichkeit der Erteilung von Zwangslizenzen vorgesehen. Möchte das nationale Recht jemandem, auch der Regierung oder von ihr ermächtigten Dritten die Herstellung eines patentgeschützten Erzeugnisses ohne die Zustimmung des Inhabers des Patents erlauben, sind bestimmte Voraussetzungen einzuhalten (siehe in Buchst. a bis l). 

In Buchst. c wird bestimmt, dass Umfang und Dauer einer solchen Benutzung auf den Zweck zu begrenzen sind, für den sie gestattet wurde.

Dem Rechtsinhaber werden nicht sämtliche Rechte genommen. Ihm ist nach Buchst. h eine nach den Umständen des Falles "angemessene Vergütung" zu zahlen, wobei der "wirtschaftliche Wert" der Erlaubnis in Betracht zu ziehen ist. Der jeweilige Staat kann diese Lizenzgebühr konkret festlegen.

Eine Zwangslizensierung soll grundsätzlich nur zulässig sein, wenn vorher Bemühungen um die Zustimmung des Patentinhabers (das heißt, eine freiwillige Lizenz) innerhalb einer angemessenen Frist erfolglos geblieben sind; WTO-Staaten können allerdings als Ausnahme regeln, dass dies bei einem nationalen Notstand, sonstigen Umständen von äußerster Dringlichkeit oder bei öffentlicher, nicht gewerblicher Benutzung nicht notwendig ist (Buchst. b).

Buchstabe f bestimmt, dass eine Benutzung des Gegenstands des Patents mittels Zwangslizenz "vorwiegend für die Versorgung des Binnenmarkts" des gestattenden Mitglieds zulässig sein soll. Geht es um die Herstellung von Arzneimitteln, so greift diese Beschränkung inzwischen unter Umständen nicht mehr: Eine Änderung wurde notwendig, da Länder, die pharmazeutische Produkte nicht selbst produzieren konnten, tatsächlich daran gehindert waren, günstigere Generika aus Ländern mit patentierten Arzneimitteln zu importieren. Mehr dazu erfahren Sie im nachfolgenden Abschnitt zur "Erklärung von Doha" und ihren Folgen.

Zu einzelnen nationalen Bestimmungen hinsichtlich Zwangslizenzen siehe die alphabetisch nach Ländern sortierte Übersicht der WIPO.

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