Pressemitteilung Spanien Wirtschaftsumfeld
Drängende Herausforderungen und ein möglicher Regierungswechsel
Parlamentswahlen in Spanien
21.07.2023
Berlin, Madrid (GTAI) – In Spanien finden am 23. Juli 2023 vorgezogene Parlamentswahlen statt. Eine Fortsetzung der rot-roten Koalition von Ministerpräsident Pedro Sánchez ist den meisten Umfragen zufolge unwahrscheinlich. Es zeichnet sich ab, dass der konservative Partido Popular (PP) mit ihrem Spitzenkandidaten Alberto Núñez Feijóo die meisten Sitze gewinnen wird. Unklar ist, ob es für eine Mehrheit von PP und der rechten Abspaltung Vox reichen wird - und ob beide Parteien wirklich zusammenarbeiten werden. Eine Mehrheitsfindung nach der Wahl könnte kompliziert werden, zumal eine "große Koalition" in der politischen Kultur Spaniens ein Novum wäre.
"Die nächste Regierung wird unter anderem Antworten auf die demografische Entwicklung und die Arbeitslosigkeit finden müssen. Die Alterung der Gesellschaft treibt das Defizit der Sozialversicherung immer weiter in die Höhe. Trotz eines Rekords von fast 21 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten lag im ersten Quartal 2023 die Arbeitslosenquote noch immer bei rund 13 Prozent. Und obwohl rechnerisch viele Arbeitskräfte vorhanden sind, berichten Unternehmen oft von Schwierigkeiten, passendes Personal zu finden", sagt Oliver Idem von Germany Trade & Invest (GTAI) in Madrid.
Ein Gewinnerthema ist die Energiewende. Für den ehrgeizigen Ausbau der erneuerbaren Energien seien laut Idem genügend Ressourcen vorhanden. "Das Land kann zu niedrigen Kosten regenerativen Strom, alternative Kraftstoffe und grünen Wasserstoff produzieren. Neben der inländischen Industrie visieren Energiekonzerne auch Kunden im Ausland als Zielgruppe an."
Die Anfang 2020 vereidigte rot-rote Minderheitsregierung war vor allem im Krisenmanagement gefordert. Sie musste sich kurz nach dem Amtsantritt mit der hereinbrechenden Coronakrise auseinandersetzen. Nachdem sich die Lage normalisiert hatte, folgte mit dem Ukrainekrieg die nächste Herausforderung unter anderem in Form hoher und schwankender Energiepreise und von Lieferkettenproblemen. Es gelang der Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez, jeden Haushalt durch das Parlament zu bringen und Projekte wie die Arbeitsmarktreform zu verabschieden.
Die wirtschaftliche Bilanz der turbulenten Amtszeit fällt gemischt aus. Spanien gehörte zwar zu den letzten Ländern der EU, deren Wirtschaftsleistung wieder das Vorkrisenniveau von 2019 erreichte. Doch das Bruttoinlandsprodukt wird 2023 voraussichtlich um 1,9 und 2024 um 2,0 Prozent wachsen. Damit würde die Wirtschaftsleistung nun schneller steigen als im Durchschnitt der Eurozone und der gesamten EU. Dazu trägt der Tourismus bei, der zu einem neuen Höhenflug ansetzt. Allein in der Sommersaison 2023 werden 55 Millionen ausländische Gäste erwartet, die etwa 68 Milliarden Euro im Land ausgeben dürften.
Deutschland und Spanien sind wirtschaftlich durch Handelsströme und Investitionen eng verbunden. Für Spanien ist Deutschland das wichtigste Lieferland und der zweitwichtigste Absatzmarkt. Investoren wie Bosch, Siemens und Volkswagen sind seit Jahrzehnten feste Institutionen in Spanien.
Das jüngste Stimmungsbarometer der AHK Spanien von April 2023 verdeutlichte eine gewisse Vorsicht, aber enthielt kaum negative Stimmen aus dem Kreis der befragten deutschen Unternehmen. Diese zeigten sich überwiegend zufrieden mit ihrer Lage, behalten Investitionspläne bei und halten ihr Personal. Als Hauptrisiken sahen die Befragten die Entwicklung der Nachfrage, den Fachkräftemangel und Unterbrechungen von Lieferketten.
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