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Wirtschaftsumfeld | Afrika | Global Gateway

EU finanziert in Afrika deutlich mehr als China

China gilt in Afrika als Macher, die EU eher als Zauderer. Anders als China leistet die EU aber vor allem Entwicklungszusammenarbeit. Für das Geschäft ist das nicht immer gut. 

Von Ulrich Binkert | Bonn

Die Europäische Union unterstützte Afrika zwischen 2013 und 2021 mit staatlichen Finanzierungen in Höhe von umgerechnet über 200 Milliarden US-Dollar (US$). Das ist annähernd doppelt so viel wie die 113 Milliarden US$, die im selben Zeitraum aus China an Krediten nach Afrika flossen. Die Zahlen umfassen auf EU-Seite Entwicklungszusammenarbeit (Official Development Assistance, ODA) sowie langfristige kommerzielle Kredite mit einer Laufzeit von über einem Jahr. Sie basieren für Europa auf Angaben der EU und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und für China auf Daten der Boston University. 

EU für Afrika wichtigster Investor

Darüber hinaus ist die EU nach eigenen Angaben die größte Quelle für Direktinvestitionen in Afrika. Der Bestand auf dem Nachbarkontinent erreichte demnach 2020 rund 160 Milliarden US$ (USA: 48 Milliarden US$, China: 43 Milliarden US$). Diese Mittel, die üblicherweise aus privaten Quellen stammen, sind allerdings nicht Teil der hier betrachteten Finanzierungen aus öffentlichen Quellen. 

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Kredite aus China und staatliche Finanzierungen aus der EU lassen sich zwar nicht eins zu eins vergleichen. Die Werte dürften aber den Großteil der Finanzflüsse aus staatlichen Quellen der beiden Gebiete abbilden. Chinas Kredite, deren genaue Konditionen oft nicht bekannt sind, sind ein Mix aus kommerziellen Darlehen und Vorzugskrediten. Sie gelten zum größten Teil als "sonstige öffentliche Mittel" (other official flows, OOF). Entwicklungszusammenarbeit hingegen leistet China deutlich weniger. Die Mittel dafür sind nach der Jahrtausendwende zwar gestiegen, erreichten laut EU bis 2020 aber höchstens 6 Milliarden US$ pro Jahr - für alle Länder weltweit. 

Der größte Teil der öffentlichen Finanzströme der EU nach Afrika fließt hingegen in die Entwicklungszusammenarbeit. Zwischen 2013 und 2021 erreichten diese Zahlungen umgerechnet gut 190 Milliarden US$. Dies waren im Schnitt 21 Milliarden US$ pro Jahr. Die langfristigen kommerziellen Kredite öffentlicher Quellen in der EU summierten sich nach Daten der OECD im selben Zeitraum auf gerade einmal 13 Milliarden US$. 

Finanzflüsse nach Afrika 2013 bis 2021 (Milliarden US$)

Flüsse

Milliarden US$

EU: staatliche Mittel 1)

204

 Entwicklungszusammenarbeit 2)

191

 kommerzielle Langfrist-Kredite

13

China: Kredite

113

1 multilaterale der zentralen EU-Institutionen und bilaterale der einzelnen Mitgliedsländer; 2 Werte in Euro wurden umgerechnet mit 1 Euro = 1,10 US$.Quelle: KfW/EU; OECD; Boston University Global Development Policy Center, Chinese Loans to Africa Database, 2022

Entwicklungszusammenarbeit noch größer

Die tatsächlichen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit (ODA) in Afrika seitens der EU und ihrer Mitgliedsstaaten sind eigentlich noch umfangreicher. Die hier ausgewiesenen Daten umfassen nach EU-Angaben nämlich nicht die Mitgliedsbeiträge und anderen Zahlungen der EU-Länder an die Weltbank und andere außereuropäische multilaterale Organisationen. Enthalten sind, im Falle der Weltbank, nur Mittel für Projekte, welche die Bank im Auftrag einzelner Staaten abwickelt. Die Weltbank ist für Afrika der größte multilaterale Geldgeber. Ein Teil dieser Mittel besteht aus ODA. 

Afrika ist auch der Schwerpunkt von Global Gateway. Von den insgesamt 300 Milliarden Euro, die dieses Investitionsprogramm der EU-Kommission zwischen 2021 und 2027 mobilisieren soll, ist die Hälfte für den afrikanischen Kontinent vorgesehen. Die Hauptrolle ist dem Privatsektor zugedacht: Der Europäische Fonds für nachhaltige Entwicklung Plus (EFSD+) soll im Rahmen von Global Gateway rund 40 Milliarden Euro für Garantien an den Privatsektor bereitstellen, damit dieser dann 135 Milliarden Euro aufbringt.

Private bei Global Gateway noch zögerlich

Bisher allerdings arbeitet die EU üblicherweise mit Instrumenten, die auf die Entwicklungszusammenarbeit abgestimmt sind. Nun will jedoch der private Sektor, der Global Gateway tragen soll, vor allem Geld verdienen. Beobachter können noch kein privatwirtschaftlich finanziertes Projekt erkennen, das sich aus dem Fonds EFSD+ entwickelt hätte. Auch von Seiten der zuständigen EU-Abteilung Internationale Partnerschaften (DG Intpa) gibt es hierfür auf Nachfrage keine entsprechenden Informationen. 

Private Akteure haben womöglich andere Ziele als EFSD+ und die Programme der EU, steht in einem aktuellen Beitrag der Denkfabrik ECDPM. Dies gelte auch für die Investitionsprogramme, welche die durch EFSD+ abgesicherten Entwicklungsbanken vorschlagen. Hinzu komme, dass es an Verbindungen zwischen existierenden und neuen Programmen  mangele. Ein Manko bei Global Gateway sieht Chloe Teevan von ECDPM auch darin, dass die Initiative bislang sehr stark durch die EU-Kommission angeführt werde, während die einzelnen Mitgliedsländer weniger aktiv seien. 

Kritik an EU-Instrumenten

Generell solle sich die EU weniger auf große Ankündigungen konzentrieren und dafür mehr umsetzen, heißt es in dem ECDPM-Beitrag sinngemäß. "Die EU hat eine politische Rhetorik voller großer politischer Ambitionen", sagt Chloe Teevan - für deren Umsetzung aber Instrumente, die dafür zu komplex und langwierig und zu sehr auf die Entwicklungszusammenarbeit ausgerichtet seien. "Da prallen Welten aufeinander", meint ein anderer Beobachter der EU in Brüssel. Beamte, die für die Entwicklungszusammenarbeit brennten und sich in der Welt der Förderbanken auskennten, müssten jetzt mit Geschäftsleuten verhandeln. Über Reibungsverluste müsse man sich da nicht wundern. 

Mit Blick auf die vielen offenen Fragen zu Global Gateway geben Beobachter allerdings zu bedenken, dass Startschwierigkeiten bei so einer umfassenden Initiative zu erwarten seien. Bei Chinas "Neue Seidenstraße" sei die Richtung am Anfang auch nicht klar gewesen. Chloe Teevan sieht bei der EU zudem positive Entwicklungen. Indem die EU-Kommission die Entwicklungspolitik als Teil ihrer neuen geopolitischen Ambitionen hervorhebe, erhöhe sie den Druck, Projekte auf eine einheitlichere und stärker kohärente Weise zu planen. So arbeiteten die zuständigen EU-Behörden bereits mehr zusammen als früher. 

Exportkredit-Garantien und andere offizielle Finanzflüsse

Nach Angaben der OECD haben die EU-Mitgliedstaaten zwischen 2013 und 2021 Exportkreditgarantien in Höhe von durchschnittlich 3,7 Milliarden US-Dollar pro Jahr für Afrika übernommen. Mit diesen Garantien sichern Euler Hermes in Deutschland und seine Pendants in anderen EU-Ländern die Lieferungen heimischer Firmen nach Afrika gegen Zahlungsausfälle ab. Die Bürgschaften sind damit deutlich höher als die langfristigen öffentlichen Kredite der EU und von deren Mitgliedstaaten für Afrika. Diese Ausleihungen erreichten im Jahresschnitt nur knapp 1,5 Milliarden US$. 

Kreditgarantien und Langfristkredite wiederum bilden laut OECD-Daten den größten Teil der "sonstigen öffentlichen Mittel" (other official flows). Diese OOF weist die EU bei den Finanzflüssen mit Afrika aus in Abgrenzung zu Entwicklungshilfe (ODA) und Direktinvestitionen (FDI). OOF sind nach Definition der OECD Finanzierungen, die einen Zuschussanteil von weniger als 25 Prozent haben. 

EU plant gemeinsame Exportkreditfazilität

Teevan verweist auch auf die Bestrebungen, eine gemeinsame europäische Exportkreditfazilität zu schaffen. Diese Institution könnte Handel und Investitionen des Privatsektors außerhalb Europas besser koordinieren und damit fördern. Wesentliche Fortschritte zur Sicherung neuer Mittel für so ein Unterfangen seien aber nicht zu erwarten, bevor der nächste EU-Haushalt für die Zeit nach 2027 verabschiedet werde.

EU-Mittel sind vor allem bilateral

Die öffentlichen Mittel aus der EU kommen von zentralen Institutionen wie der Kommission oder der Europäischen Investitionsbank sowie von den Mitgliedsstaaten. Auf diese bilateralen Flüsse, etwa einen Kredit der deutschen KfW nach Kenia, entfielen zwischen 2013 und 2021 gut zwei Drittel aller EU-Leistungen für Afrika. Bei den langfristigen kommerziellen Krediten war der Anteil etwas geringer. 

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