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Golfstaaten werden Energiepartner Deutschlands

Deutschland will seine Lieferquellen für Öl und Gas diversifizieren. Langfristig soll die Partnerschaft den verstärkten Bezug von grünem Wasserstoff aus der Golfregion umfassen.

Von Hans Peter Pöhlmann | Bonn

Bei den jüngsten Gesprächen von Bundeskanzler Olaf Scholz in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Katar stand das Thema Energiesicherheit auf der Agenda ganz oben. Vertreter der Energiewirtschaft erhofften sich von der Reise am 24. und 25. September 2022 jedoch mehr als kurzfristige Gasexporte. "Deutschland und Europa werden auf den Import von Wasserstoff angewiesen sein. Umso wichtiger ist es, frühzeitig internationale Partnerschaften zu schließen", sagte Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, der Rheinischen Post.

VAE liefern Flüssiggas bereits ab Dezember 2022

Der Essener Energiekonzern RWE schloss in den VAE mit der Abu Dhabi National Oil Company einen Vertrag über eine erste Lieferung von 137.000 Kubikmetern LNG im Dezember 2022 ab. Sie soll bereits am neuen LNG-Terminal in Brunsbüttel an der Elbmündung eintreffen. Ein Memorandum soll RWE zufolge mehrjährige LNG-Lieferungen ab 2023 sicherstellen. Der Konzern sprach von einem "Meilenstein" für den Aufbau einer LNG-Versorgungsinfrastruktur in Deutschland und eine diversifizierte Gasversorgung. Mit der deutschen Hoyer-Gruppe wurde zudem eine Vereinbarung über die Lieferung von monatlich bis zu 250.000 Tonnen Diesel getroffen.

Die VAE verfolgen darüber hinaus ehrgeizige Pläne zum Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft. Diese eröffnen einer künftigen Kooperation mit Deutschland große Perspektiven.

Energiepartnerschaft mit Saudi-Arabien soll erneuerbare Energien einschließen

Mit Saudi-Arabien will die Bundesregierung eine engere Energiepartnerschaft entwickeln. Diese soll sich nicht nur auf fossile Rohstoffe, sondern auch auf Wasserstoff und erneuerbare Energien erstrecken, erklärte Bundeskanzler Scholz nach einem Treffen mit Kronprinz Mohammed bin Salman.

Verträge über die Lieferung von Gas oder Wasserstoff aus Saudi-Arabien nach Deutschland wurden dabei nicht abgeschlossen. Der Besuch des Bundeskanzlers in Saudi-Arabien soll jedoch die Grundlage für die Anbahnung von Verträgen schaffen. Saudi-Arabien gilt wegen seiner geografischen Ausdehnung und naturräumlichen Gegebenheiten als idealer Partner zum Aufbau einer Infrastruktur für grünen Wasserstoff, der durch Fotovoltaik und Windkraft gewonnen wird. Sobald die Planungen konkreter werden, könnten dabei auch zahlreiche Anlagenbauer und Anbieter von Umwelttechnik in Deutschland von Aufträgen profitieren.

Verhandlungen mit Katar gehen weiter

Mit Katar gibt es bislang ebenfalls keine konkreten Liefervereinbarungen. Katar war die letzte Station seiner Reise durch die Golfregion. "Wir wollen weitere Fortschritte dort erreichen", sagte Bundeskanzler Scholz nach einem Treffen mit Emir Tamin bin Hamad bin Khalifa Al Thani.

Die Verhandlungen werden dadurch erschwert, dass Katar nicht nur kurzfristig als Lieferant einspringen will. Die Kostenstruktur der Investitionen in den Ausbau der LNG-Infrastruktur erfordert aus Sicht der Anbieter Konditionen für eine langfristige Abnahme von Flüssiggas. Für Deutschland ergibt sich daraus ein Zielkonflikt, da viele Unternehmen mittelfristig dekarbonisieren und von Gas auf erneuerbare Energien umsteigen wollen.

Bereits im Mai 2022 hatten die Bundesregierung und Katar eine Energiepartnerschaft vereinbart. Der katarische Vizepremierminister Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani hatte erste LNG-Lieferungen nach Deutschland für 2024 in Aussicht gestellt. Zusätzliche Lieferungen sollen 2026, "vielleicht sogar schon 2025" erfolgen, sobald die Förderung im Gasfeld North Dome erweitert werde. North Dome ist das weltgrößte Gasfeld, das sich Katar und der Iran im Persischen Golf teilen.

Arbeitsgruppen sollen Energiepartnerschaft mit Katar vertiefen

Deutschland diversifiziert über die künftigen LNG-Importe aus Katar seine Gasversorgung und will bei der Energiewende und grünem Wasserstoff bilateral enger zusammenarbeiten.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das katarische Energieministerium vereinbarten zwei Arbeitsgruppen: Die Arbeitsgruppe LNG und Wasserstoff wird die Zusammenarbeit privatwirtschaftlicher Akteure entlang der Wertschöpfungsketten für LNG und Wasserstoff unterstützen. Darüber hinaus soll sie ein Diskussionsforum für regulatorische Maßnahmen und Fragen zur Infrastruktur schaffen.

Die Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Lastmanagement wird ein bilaterales Forum für den Austausch zu Rahmenbedingungen, zur Infrastrukturentwicklung und Technologie für den Ausbau erneuerbarer Energien gründen. Vorgesehen sind auch ein Dialog zu Energieeffizienzlösungen für Gebäude, Verkehr und Industrie sowie Maßnahmen, die der Stabilisierung der Stromnetze dienen.

Golfregion bleibt als Öl- und Gaslieferant weltweit gefragt

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine führte zu einer Verknappung auf den Öl- und Gasmärkten der westlichen Industriestaaten. Saudi-Arabien war 2021 mit 515 Millionen Tonnen beziehungsweise 10,95 Millionen Barrel pro Tag nach den USA und Russland der weltweit drittgrößte Ölproduzent. Katar exportierte 2021 rund 107 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas (LNG) und lag damit auf Rang 2 nach Australien und vor den USA. Das Emirat verfügt mit 24,7 Billionen Kubikmetern nach Russland und Iran über die weltweit drittgrößten Gasreserven. Die VAE sind mit einem Außenhandelsvolumen von 8 Milliarden Euro (2021) der wichtigste deutsche Wirtschaftspartner in der arabischen Welt. Bislang lieferten die Emirate Flüssiggas (Exportmenge 2021: 8,8 Milliarden Kubikmeter) und Erdöl (Exportmenge 2021: 146,1 Millionen Tonnen) fast ausschließlich nach Asien.

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