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Branchen | Aserbaidschan | Energiewirtschaft

Aserbaidschan steckt 1 Milliarde US-Dollar in grünen Strom

Die Kaukasusrepublik nimmt Kurs auf Ökostrom. Erste große Solar- und Windkraftprojekte sowie Ausbauprogramme werfen ihre Schatten voraus.

Von Uwe Strohbach | Baku

Aserbaidschans Strom soll grüner werden. Bis 2030 ist ein Anteil erneuerbarer Energien (EE) an der Elektrizitätserzeugung von 30 Prozent angepeilt. Im Jahr 2021 waren es 5,7 Prozent. Die Zielquote könnte durch angekündigte Ausbauprogramme noch höher ausfallen. Schon bis 2026 sollen EE 24 Prozent der installierten Kraftwerkskapazitäten ausmachen. Das entspräche einer Steigerung um gut 7 Prozent.

Projekte bieten Chancen für ausländische Zulieferer

Laufende und geplante Ökostromprojekte summieren sich auf etwa 1 Milliarde US-Dollar (US$). Weitere Vorhaben werden mit potenziellen Investoren ausgelotet, so das aserbaidschanische Energieministerium.

Potenzial erneuerbarer Energien in Aserbaidschan (in Megawatt)

Energiesparte

Potenzial (in MW)

Anteil am Potenzial insgesamt (in %)

Erneuerbare Energien 1)

27.740

100,0

  Solarenergie

23.040

83,0

  Windenergie (Festland) 2) 

3.000

10,8

  Geothermie

800

2,9

  Wasserkraft (Kleinwasserkraftwerke)

520

1,9

  Biomasse

380

1,4

1 ohne Offshore-Windenergie; 2 technisches Potenzial der Offshore-Windenergie (Kaspisee): 157 GW (im Boden verankerte Windräder/Wassertiefe unter 50 Meter: 35 GW, schwimmende Anlagen/Wassertiefe unter 1.000 Meter: 122 GW)Quelle: Energieministerium Aserbaidschans, Weltbank/IFC (Energy Sector Management Assistance Program/ESMAP)

Stromkabel durch das Schwarze Meer geplant 

Die Regierung erarbeitet eine Strategie und identifiziert erste Projekte für Offshore-Windenergie im aserbaidschanischen Teil des Kaspisees. Eine Ende 2022 besiegelte internationale Kooperationsvereinbarung verleiht dieser Initiativer neuen Schub. Das zwischen Aserbaidschan, Georgien, Rumänien und Ungarn unterzeichnete Dokument sieht mittelfristig den Bau eines 1.195 Kilometer langen Stromkabels vor. Dieses soll grünen Strom aus dem Südkaukasus, einschließlich Offshore-Windenergie aus Aserbaidschan, in die Europäische Union (EU) transportieren.

Kernstück der Stromtrasse ist ein rund 1.000 Kilometer langes 500-Kilovolt-Unterseekabel zwischen dem georgischen Schwarzmeerort Anaklia und der rumänischen Küstenstadt Constanta. Die Kosten für das Projekt betragen inklusive sonstiger Investitionen in die lokale Energieinfrastruktur voraussichtlich etwa 2,3 Milliarden US-Dollar (US$).

Auftraggeber der Machbarkeitsstudie ist die georgische Stromübertragungsgesellschaft GSE. Der Baustart ist für den Spätherbst 2023 avisiert. Die EU will das Vorhaben über den Wirtschafts- und Investitionsplan für die Östliche Partnerschaft finanziell begleiten. Es soll als Musterbeispiel für die Konnektivitätspartnerschaft mit dem Südkaukasus dienen.

Entwicklung der Stromerzeugung nach Energieträgern (in Milliarden Kilowattstunden)

2018

2019

2020

2021

Bruttostromerzeugung, insgesamt

25,2

26,1

25,8

27,9

  Fossile Energieträger

23,1

24,2

24,4

26,3

  Eneuerbare Energien 

2,1

1,9

1,4

1,6

    Wasserkraft (inklusive 12 Kleinwasserkaftwerke)

1,8

1,6

1,1

1,3

    Windenergie (Festland)

0,1

0,1

0,1

0,1

    Biomasse *)

0,2

0,2

0,2

0,2

    Sonnenergie

< 0,1

< 0,1

< 0,1

< 0,1

Anteil erneuerbarer Energien an der Bruttostromerzeugung (in %)

8,3

7,3

5,4

5,7

* hauptsächlich Verbrennung von Haushaltsabfällen im städtischen Unternehmen Tamiz Shahar (Saubere Stadt), Baku  Quelle: Energieministerium Aserbaidschans

Entwicklung der installierten Leistung zur Stromerzeugung nach Energieträgern (in Megawatt)

2018

2019

2020

2021

Installierte Leistung, insgesamt

7.829

7.639

7.622

7.965

  Fossile Energieträger

6.552

6.350

6.326

6.649

  Eneuerbare Energien 

1.277

1.289

1.296

1.316

    Wasserkraft (inklusive 12 Kleinwasserkraftwerke)

1.131

1.145

1.150

1.157

    Windenergie (Festland)

66

66

66

66

    Biomasse *)

44

44

44

44

    Sonnenergie

35

33

35

48

    Biogas

1

1

1

1

Anteil erneuerbarer Energien an der installierten Leistung (in %)

16,3

16,9

17,0

16,5

* hauptsächlich Verbrennung von Haushaltsabfällen im städtischen Unternehmen Tamiz Shahar (Saubere Stadt), BakuQuelle: Energieministerium Aserbaidschans

Neue Gesetze und Aktionspläne kurbeln Ökostromprojekte an    

Aserbaidschan verabschiedete in der Vergangenheit verschiedene Programme für den EE-Ausbau. Abgesehen von kleinen Pilotprojekten blieben sie infolge ungünstiger Rahmenbedingungen, fehlender Finanzen und Fachkompetenz meist Makulatur.

Die Chancen für erfolgreiche neue EE-Initiativen stehen heute aber besser denn je, auch wenn die geringe Liberalisierung des aserbaidschanischen Strommarkt immer noch ein Hindernis ist.

Rückenwind für EE-Projekte geben:

  • neue Gesetze "Über die Nutzung erneuerbarer Energiequellen für die Stromerzeugung" (31. Mai 2021) und "Über die effektive Nutzung von Energieressourcen und die Energieeffizienz" (3. Mai 2021), 
  • ein Aktionsplan für eine grüne und emissionsfreie Zone in den befreiten Gebieten Karabachs,
  • die Wiederbelebung der Agentur für Erneuerbare Energien (AREA; Oktober 2020) im Kompetenzbereich des Energieministeriums als Kontaktpartner für öffentliche und private Branchenakteure,
  • die forcierte Einbeziehung ausländischer Partner in perspektivreiche Fotovoltaik- und Windkraftprojekte, 
  • die geplante Privatisierung kleiner Wasserkraftwerke und 
  • angekündigte Pilotprojekte im Sektor Bioenergie unter Beteiligung von Ministerien und der zentralen Gesellschaften für Wasserversorgung (Azersu AG) und Stromverteilung (Azerishiq AG). 
Grüne Zone Karabach

Die Ende 2020 von Armenien zurückeroberten Gebiete in der Region Karabach sollen perspektivisch vor allem mit Ökostrom versorgt werden. EE-Projekte sind hier integraler Bestandteil einer geplanten Null-Emissionszone. Die japanische Gesellschaft Tokyo Electric Power Services Co., Ltd. (TEPSCO) hat der aserbaidschanischen Regierung einen Masterplan vorgelegt. Er umfasst die EE-Implementierung in allen Wirtschaftssektoren.  


Das regionale Potenzial regenerativer Energien beträgt laut Energieministerium mehr als 10.000 Megawatt. Davon entfallen auf Sonnenenergie mindestens 7.000 Megawatt und auf Windkraft 2.000 Megawatt. Gegenwärtig werden mehrere Wasserkraftprojekte umgesetzt.  

Geberbanken unterstützen saubere Stromerzeugung

Internationale Geber und Förderer unterstützen EE-Projekte in Aserbaidschan. Ende 2022 vereinbarten die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und das aserbaidschanische Energieministerium die Kooperation in den Feldern EE, Stromnetze, Energieeffizienz, reduzierte Methanemissionen und Technologien für grünen Wasserstoff. Aktuell fördert die Bank privat finanzierte Wind- und Fotovoltaikparks mittels Auktionen (Projektportfolio: etwa 700 Megawatt).

Die Internationale Finanz-Corporation (IFC) engagiert sich in der Sparte Offshore-Windenergie, so bei der Identifizierung von Marktchancen, Erarbeitung eines Aktionsplans, Schaffung eines Rechtsrahmens und der Vorbereitung möglicher Projekte. Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) unterstützt ein Pilotprojekt für den Bau einer schwimmenden 100-Kilowatt-Fotovoltaikanlage auf dem Binnensee Boyukshor. Die Inbetriebnahme ist im Frühjahr 2023 vorgesehen.

Arabisches Unternehmen Masdar hegt große Ausbaupläne

Das Unternehmen Masdar, einer der globalen Marktführer für saubere Energie, hegt in Aserbaidschan große Ambitionen. Die Tochtergesellschaft der Mubadala Investment Company, eines Staatsfonds der VAE, und das aserbaidschanische Energieministerium unterzeichneten Mitte 2022 eine Vereinbarung über exportorientierte Energieprojekte mit einer installierten Leistung von 10 Gigawatt.

Das Paket umfasst in einer ersten Phase neue Onshore-Fotovoltaik- und Windkraftparks (Leistung: jeweils 1 Gigawatt) und in einer zweiten Phase integrierte Offshore-Windenergie- und Grüner-Wasserstoff-Projekte (2 Gigawatt). Später sind weitere Anlagen (bis zu 6 Gigawatt) vorgesehen. Darüber hinaus fixierten Masdar und die Ölgesellschaft SOCAR ihre Absicht, bei der Entwicklung von EE-Projekten zu kooperieren.

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