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Belgien verlängert Laufzeiten von zwei Atomreaktoren

Die föderale Regierung hat beschlossen, zwei Nuklearmeiler bis 2035 und nicht wie zunächst geplant nur bis 2025 am Netz zu lassen. Dies hatte die Atombehörde Anfang 2022 empfohlen.

Von Torsten Pauly | Berlin

Bei den Atommeilern handelt es sich um den Reaktor 4 im flämischen Doel und den Block 3 im wallonischen Tihange. Die Regierung hat die Entscheidung mit steigenden Energiepreisen und der Versorgungsunsicherheit infolge der Ukrainekrise begründet. Tatsächlich hatte sich die Entscheidung schon seit Monaten abgezeichnet. Die belgische Föderalagentur für Atomkontrolle hatte sich bereits Mitte Januar 2022 für eine Verlängerung beider Meiler um mindestens zehn Jahre ausgesprochen. Die notwendigen, umfangreichen Modernisierungen der Meiler würden sich ansonsten nicht lohnen. In den beiden Atomkraftwerken (AKW) Doel und Tihange war es in den vergangenen Jahren wiederholt zu Sicherheitsabschaltungen gekommen.

Umbau des Energiemix kommt nicht schnell genug voran

Eigentlich hatte Belgien 2003 einen Atomausstieg im Jahr 2025 gesetzlich beschlossen. Doch der dafür nötige Ausbau erneuerbarer Energiequellen ist nicht in einem Maße vorangeschritten, dass die Kernenergienutzung ersetzt werden könnte. So hat Atomstrom 2020 noch 63 Prozent zur belgischen Primärenergieproduktion beigesteuert. Der Anteil regenerativer Quellen lag bei 30 Prozent.

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Belgien ist auch stark von Energieeinfuhren abhängig. Im Jahr 2020 war das entsprechende Importdefizit 3,4-mal so hoch wie die gesamte Primärenergieproduktion. Dabei bezieht Belgien bisher etwa 30 Prozent seines Erdöls, 5 Prozent seines Erdgases und 20 Prozent seines Urans aus Russland.

Energiepolitik ist auch Sache der Regionen

Der langsame Umbau des Energiemix liegt auch an unterschiedlichen Zuständigkeiten. Belgien gliedert sich in das niederländischsprachige Flandern, das frankophone Wallonien und die zweisprachige Hauptstadtregion Brüssel. Diese Regionen haben einen Autonomiegrad, der denjenigen deutscher Bundesländer weit übertrifft. Unter anderem sind sie auch für weite Teile der Energieversorgung zuständig.

So entscheidet Belgiens föderale Regierung nur in Fragen der Atomenergie und bei Windparks in der Nordsee. Bei allen anderen Energieträgern obliegen die Genehmigungen den Regionen in ihrem jeweiligen Gebiet. Diese unterschiedlichen Kompetenzen haben die Implementierung einer umfassenden Energiewende in den vergangenen Jahren behindert. Auch Belgiens 2019 verabschiedeter Nationaler Energie- und Klimaplan bis 2030 ist das Ergebnis langwieriger Verhandlungen zwischen den Regionen und der Föderalregierung. Flandern, Wallonien und Brüssel haben auch jeweils eigene Energie- und Klimapläne.

Mehr Geld für erneuerbare Quellen

Mitte März 2022 hat das föderale Kabinett mit der Verlängerung der beiden Atomreaktoren auch beschlossen, 1,2 Milliarden Euro zusätzlich für regenerative Energieträger bereitzustellen. Bereits die Energie- und Klimapläne bis 2030 skizzieren einen umfangreichen Ausbau.

Photovoltaikanlagen haben 2021 Strom im Umfang von 4,7 Terawattstunden erzeugt. Das waren 9,7 Prozent mehr als 2020. Bis 2030 soll die jährliche Solarstromgewinnung auf 9,7 Terawattstunden steigen.

Darüber hinaus haben Windparks in der Nordsee 2021 etwa 6,8 Terawattstunden Strom produziert. Das war in etwa so viel wie im Vorjahr, da deren Kapazität mit 2,3 Gigawatt gleich blieb. Bis 2030 soll die installierte Leistung in der Nordsee jedoch 4 Gigawatt erreichen. Windkraftanlagen zu Lande haben 2021 weitere 4 Terawattstunden an Strom bereitgestellt. Auch hier soll es bis 2030 zu einem starken Wachstum auf 9,6 Terawattstunden kommen. Davon sollen 5 Terawattstunden auf Flandern und 4,6 Terawattstunden auf Wallonien entfallen. Die Hauptstadtregion Brüssel setzt nicht auf Windparks.

Demgegenüber summierte sich die Stromerzeugung der beiden AKWs in Doel und Tihange im Jahr 2021 auf 48,1 Terawattstunden.

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