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Special | Chile | Seidenstraße

China ist in Chile spürbar präsent

China avanciert in Chile systematisch zu einem allgegenwärtigen Investor. Bereits seit 2007 ist die Volksrepublik Chiles wichtigster Ex- und seit 2015 größter Importpartner. (Stand: 27.12.2022)

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

China interessiert sich in Südamerika speziell auch für Chile. Abgesehen vom Handel sichern gezielte Investitionen die Rohstoff- und Energiezufuhr ab. Weniger sichtbar, aber genauso strategisch engagiert sich China im chilenischen Wasser- und Stromsektor, in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Weinbau.

Offenkundig unterschätzen die offiziellen Daten den Investitionsbestand. Vielfach fließen die Gelder nicht direkt, sondern schwer nachvollziehbar via andere Länder. Nach den Zahlen der chilenischen Zentralbank hatte sich der Bestand von 2020 auf 2021 sogar verringert, von 772 Millionen auf 420 Millionen US-Dollar (US$). Ihr Anteil am Gesamtbestand läge damit lediglich bei 0,5 Prozent. Folgende Karte mit großen Investitionsprojekten zeichnet aber ein anderes Bild:

Volksrepublik sichert sich Lithiumzugang

Strategisch am bedeutsamsten ist Chinas Engagement im Lithiumabbau: Seit 2018 ist Tianqi Lithium mit 24 Prozent an der chilenischen Sociedad Química y Minera (SQM) und damit an der Lithiumgewinnung im Salar de Atacama beteiligt. Zwar stoppte die seit März 2022 amtierende neue Regierung das Vergabeverfahren einer Ausschreibung zum Lithiumabbau, aus der BYD (Build Your Dreams) siegreich hervorgegangen war. Grund hierfür war jedoch nicht, dass es sich um einen chinesischen Gewinner handelte. Vielmehr richtet die Politik den Rahmen für die Lithiumgewinnung neu aus.

BYD hat deshalb nicht aufgegeben. Im Dezember 2022 kündigte der Elektroautobauer den Aufbau der "größten Wertschöpfungskette Lateinamerikas" an - sofern ihm eine Lithiumlizenz erteilt werde. Geld spiele keine Rolle, lockt die stellvertretende Vorstandspräsidentin Stella Li. Die Deutsche Rohstoffagentur DERA dagegen warnt, China erlange über Investitionen in Lithiumabbaustätten in Drittländern die Kontrolle über den für die Energiewende unentbehrlichen Rohstoff.

China wird dominierender Netzbetreiber

"China kauft alles", beschreibt ein Windkraft-Vertreter die Situation im Energiebereich - angefangen bei Erzeugerkapazitäten bis hin zum Netz. Schlagzeilen machten der Einstieg von China State Grid beim Netzbetreiber Chilquinta in Valparaíso für 2,2 Milliarden US$ im März 2020 und ein Jahr später der Kauf des Netzbetreibers CGE aus Santiago für rund 3 Milliarden US$. CGE versorgt rund 57 Prozent der chilenischen Endverbraucher mit Strom.

Kritisch sehen Juristen deshalb den Zuschlag für den Bau der auf 1,5 Milliarden US$ projektierten, 1.500 Kilometer langen Hochspannungs-Gleichstromleitung Kimal-Lo Aguirre an das Yallique-Konsortium im Jahr 2021. Denn an Yallique ist auch China Southern Power Grid International beteiligt. Nach chilenischem Recht sind Stromerzeugung, -übertragung und -versorgung strikt zu trennen. Sowohl China State Grid als auch China Southern Power Grid gehören aber dem chinesischen Staat.

Digitale Seidenstraße reicht bis Chile

Im Zuge der Digitalisierung und dem Aufbau der digitalen Seidenstraße gewinnen Chinas IT-Konzerne weltweit an Bedeutung. In diese Richtung weist etwa die Kooperation zwischen dem Telefonanbieter Movistar Chile, der Universidad de Chile und Huawei für ein 5G-Forschungs- und Entwicklungszentrum. Der chinesische Telekommunikationskonzern ist ferner im Begriff, für 100 Millionen US$ das dritte Rechenzentrum im Land zu bauen.

Gesundheitssektor rückt in den Fokus

Auch nach dem zukunftsträchtigen Gesundheitsmarkt strecken Chinas Firmen ihre Fühler aus. In Quilicura errichtet der Impfstoffhersteller Sinovac derzeit für 100 Millionen US$ eine Fabrik, um von Chile aus den lateinamerikanischen Markt zu beliefern. Jedoch soll dort kein Impfstoff hergestellt werden. Es geht nur darum, Dosen aus China umzupacken. Ferner gewann China Railway Construction im Februar 2022 die Ausschreibung für den Bau und Betrieb des neuen Krankenhauses in Coquimbo (rund 270 Millionen US$).

Gewichtiger Außenhandel mit China - Trendwechsel bei den Importen

Darüber hinaus spielt der Außenhandel mit China für Chile eine markante Rolle. Von 2002 bis 2021 wuchs der Anteil der Volksrepublik an den chilenischen Importen von 7 auf 29 Prozent, der Exportanteil nach China stieg von 7 auf 38 Prozent. An den Produkten aus dem Reich der Mitte schätzen die Menschen in Chile die wettbewerbsfähigen Preise. Hohe Importzuwächse verzeichnete zuletzt die gesamte Produktpalette.

"Es sind eben nicht mehr nur billige Textilien und andere Konsumgüter, die aus China bezogen werden, sondern inzwischen auch Autos, Lastwagen bis hin zu Maschinen und Anlagen. Das ist ein Trendwechsel", betont Cornelia Sonnenberg, Geschäftsführerin der AHK Chile. Mittel- bis langfristig wird deshalb der Druck auch in den wenigen Segmenten zunehmen, in denen Deutschland in Chile stark ist - speziell im Automobilbau oder bei Bergbaumaschinen. Zum Beispiel rückte der chinesische Autobauer Chery 2021 mit 25.000 verkauften Fahrzeugen auf Platz 5 der meistverkauften Marken Chiles vor. Bei E-Bussen, die forciert im öffentlichen Verkehr fahren, drängt Yutong-Busse in den Markt.

Kupfer und Wein sind Chiles Exportschlager nach China

Mit ebenfalls wachsendem Abstand ist China weltweit der größte Abnehmer chilenischer Waren. Auch langfristig bleiben die Exportchancen gut. China benötigt zum Beispiel weiterhin Kupfer, den größten Einzelposten der chilenischen Handelsbilanz. Ferner gefragt sind Wein und Kirschen.

Unterstützt werden Chinas Firmen durch die Präsenz von Staatsbanken wie China Construction Bank oder Bank of China. Umgekehrt ist Chile Mitglied in der von China initiierten Asiatischen Infrastrukturinvestmentbank (AIIB).

Generell stehen die Politik und viele Menschen in Chile dem chinesischen Engagement positiv gegenüber. Hinzu kommt das unzureichende konkrete Interesse zum Beispiel aus Europa. Während Chinas im Westen umstrittene Politik etwa in Bezug auf Menschenrechte kaum thematisiert wird, sehen die meisten Chilenen die Volksrepublik als pragmatischen Partner, der "auch Geld in die Hand nimmt".

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